Zurueck zur Homepage
Wohl mehr Erbschaftsteuer auf Immobilien
Bundesverfassungsgericht kündigt Urteil zu Nachlässen an
/ Erwartet wird Korrektur der Rechtslage
Kinder von Hausbesitzern müssen sich darauf einstellen, mehr
Erbschaftsteuer zu zahlen. Am kommenden Mittwoch wird das
Bundesverfassungsgericht sein Urteil in einem jahrealten Verfahren
verkünden. Dabei geht es um die Frage, wie hoch Immobilien zu
bewerten sind.
Berlin - Wer eine Immobilie oder Betriebsvermögen erbt, kommt beim
Finanzamt bislang besser davon als Erben von Geld oder Wertpapieren.
Das monierte der Bundesfinanzhof schon 2002 und verwies die
Angelegenheit an das Bundesverfassungsgericht, das am 31. Januar sein
Urteil verkünden wird. Erwartet wird, dass die Karlsruher Richter
den heutigen Nachlass für Immobilien als verfassungswidriges
Privileg ablehnen und eine Gleichbehandlung aller Vermögensarten
einfordern werden.
Erben von Immobilien droht also eine höhere Steuerlast. Auf
Abhilfe durch die Politik etwa durch höhere Freibeträge
können sie kaum hoffen, stellt der finanzpolitische Sprecher der
Union, Otto Bernhard, klar. "Für uns wird das Urteil kein Anlass
sein, die geplante Erbschaftsteuerreform zu überarbeiten", sagte
Bernhard der FR. Das aktuelle Koalitionsvorhaben zielt lediglich auf
Betriebserben, die Arbeitsplätze sichern. Ihnen soll die Steuer
erlassen werden, wenn sie das Familienunternehmen weiterführen.
Allerdings könnte das Karlsruher Verfahren auch eine
Bestätigung der heutigen Regelung bringen. "Es gibt gute sachliche
Gründe, Immobilien und Betriebsvermögen anders zu bewerten
als beispielsweise Geldvermögen", erklärte Matthias Lefarth
vom Handwerksverband ZDH. So können Grundstücke und
Häuser nicht so leicht wie Aktien verkauft werden. Zudem
können Vorteile etwa für Wohnimmobilien aus politischen
Gründen gerechtfertigt sein. Auch eine andere Behandlung von
Betriebsvermögen ist juristisch einwandfrei, wenn die Inhaber
damit Arbeitsplätze schaffen oder sichern.
Abschlag von bis zu 50 Prozent
Dies wird auch das Verfassungsgericht anerkennen. Die entscheidende
Frage wird sein: Ist die Höhe der Abschläge für
Immobilienin Ordnung? Häuser und Grundstücke werden bei
Erbschaften oder Schenkungen mit einem Abschlag von teilweise 40 bis 50
Prozent besteuert. Erhält beispielsweise ein Kind das elterliche
Haus im Wert von 300 000 Euro übertragen, veranschlagt der Fiskus
150 000 bis 180 000 Euro. Das Finanzamt geht leer aus, da bis zu 205
000 Euro steuerfrei bleiben. Für die Länder, denen die
Erbschaftsteuer zusteht, führt dies zu großen
Einnahmeausfällen.
Selbst wenn das Bundesverfassungsgericht wider Erwarten die Rechtslage
bestätigen sollte, würde dies nicht automatisch eine
Entwarnung für Immobilienerben bedeuten. In diesem Fall drohe eine
"Debatte über eine Verschärfung der Bemessungsgrundlage"
für die Erbschaftsteuer, meint Lefarth. Die Länder
könnten also versucht sein, durch eine Gesetzeskorrektur mehr Geld
hereinzubekommen. Der verabredete Nachlass für Betriebserben wird
sie rund 450 Millionen Euro im Jahr kosten - etwa so viel könnte
ein stärkerer Zugriff auf Immobilienvermögen wieder
hereinbringen.
Gefordert hat ein solches Kompensationsgeschäft noch kein
Länderfinanzminister. Niemand - erst recht nicht in der Union -
will als derjenige dastehen, der den Fiskus an Omas Häuschen
heranlässt. Eleganter für die Politik wäre es deshalb,
das Verfassungsgericht übernähme diese unpopuläre
Aufgabe. Markus Sievers
[ document info ]
Copyright © FR online 2007
Dokument erstellt am 25.01.2007 um 17:20:01 Uhr
Erscheinungsdatum 26.01.2007