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Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises war auch ein "Steuerentziehungsmodell"

Stellungnahme des SPD- Kreistagsabgeordneten Wilhelm R ü h l zum TOP " Wirtschaftsföderungsgesellschaft des Kreises Höxter " im Wirtschaftsförderungsausschuß ( Sitzung am 10. 12. 1987 im Kreishaus )

Herr Vorsitzender, meine Herren l

Obwohl ich 1974 noch nicht im Kreistag und auch nicht Mitglied des Wirtschaftsförderungsausschusses war, ist mir bekannt, daß die Gründung der Wirtschafts- und Strukturförderungsgesellschaft für den Kreis Höxter mbH ( WiFG ) im Wirtschaftsföderungsausschuß des damaligen Altkreises Höxter ausgiebig beraten wurde. Deshalb halte ich es für richtig, daß sie auch noch einmal vor ihrer endgültigen Auflösung hier an diesem Ort behandelt wird. Deshalb hat die SPD- Kreistagsfraktion sie als TOP auf diese Sitzung setzen lassen.

Viele von Ihnen werden sich erinnern, daß ich oft vergeblich versucht habe, hier in diesem Ausschuß von dem Wirken der WiFG zu erfahren, z. T. auch im Interesse der Mitglieder, die nicht die Möglichkeit haben, aus anderen vertraulichen Informationskanälen etwas zu hören.

Ich war jahrelang bzw. bin jetzt noch stellvertretendes Mitglied der Gesellschafterversammlung und stellvertretendes Mitglied des Aufsichtsrates dieser GmbH. Meine politische Gegnerschaft gegen diese GmbH und gegen jegliche privatrechtliche Form sur Erfüllung von öffentlichen Aufgaben ist u. a. auch darauf zurückzuführen, daß man mir in dieser für die GmbH verantwortlichen Funktion keine ausreichenden Informationen gegeben hat.

Grundlage unserer heutigen Beratung sollte das Schreiben des OKD vom 19.11. 1987 an die Bürgermeister und Stadtdirektoren des Kreises ( Betreff :  Auflösung der WiFG ) sein, welches auch alle Kreistagsabgeordneten nachrichtlich erhalten haben. Dies müßten auch alle sachkundigen Bürger dieses Ausschusses erhalten.

Erlauben Sie mir hierzu die folgenden Bemerkungen , die den Werdegang der WiFG aus meiner Sicht darstellen sollen :
Im Rat der Stadt Höxter wurde in einer öffentlichen Sitzung , an der ich 1974 als Zuhörer teilnahm, die Gründung dieser Gesellschaft u. a. damit begründet, daß man die Dividenden aus den Stromaktien des Altkreises Höxter ( PREAG und PESAG) für die 7 Städte des Altkreises nach der Kreisneugliederung ( sie wurde 1975 abgeschlossen ) erhalten wolle. Als dann 1977 die 3 Städte des Südkreises der WiFG beitraten, war natürlich davon nicht mehr die Rede, obwohl die Dividenden der Elektrizitäts- AG- Mitteldeutschland ( EAM ) nicht in den Gesellschaftstopf flossen.

Der Aufsichtsrat der EAM genehmigte nämlich die Abtretung des Nießbrauchsrecht seiner Aktien auf die WiFG nicht. Übrigens hat er auch den Verkauf der Aktien an die Vermögensbeteiligungsgesellschaft des Kreises , die ja vor kurzem aufgelöst wurde, nicht genehmigt. Übrigens sehe ich in der Ablehnung der EAM meine Bedenken gegen solche GmbH's z. T. bestätigt.

Jetzt bin ich bei dem wesentlichen Punkt dieser WiFG und auch der Vermögensbeteiligungsgesellschaft des Kreises Höxter mbH ( VMBG ). Sie waren bzw. sind vorrangig sog, " Steuersparmodelle " oder besser :"8teuerentziehungsmodelle " , was wieder etwas anders ist als " Steuerhinterziehung ". Beim " Steuerentziehungsmcdell " entzieht eine öffentliche Hand (hier : Kreis) der anderen ( dort: Land bzw. Bund ) Geldmittel. Diese werden nicht " eingespart ", sondern nur anders verteilt, wobei noch zusätzliche Reibungsverluste ( z. B. zusätzliche Kosten für Geschäftsführung, Eintragung , Prüfung der Gesellschaft usw. ) entstehen. Diese Art Gesellschaften haben keine eigentliche Aufgabe. Bei den beiden o. a. Gesellschaften möchte ich dies noch etwas modifizieren :

Die Hauptaufgabe der Wifg und die alleinige Aufgabe der VMBG war es, dem Staat Steuermittel zu entziehen» Das konnte auf die Dauer nicht gutgehen. Denn Geld läßt sich jemand so ohne weiteres nicht wegnehmen, zumal dieser noch verpflichtet ist, die betreffenden Kreise notfalls zu unterstützen. So soll nunmehr die WiFG nach 13 Jahren, die VMBG bereits nach einigen Monaten aufgelöst werden.

Lassen Sie mich noch etwas näher auf das Modell der WiFG eingehen. Hier blieb der Kreis Eigentümer der Stromaktien. An die WiFG wurde nur das sog. "Nießbrauchrecht" abgetreten , d. h. das Recht auf Auszahlung und Verfügung der Dividenden. Da gab es aber bald nach der Gründung eine höchstrichterliche Finanzhofentscheidung, wonach ein Vater ( hier: Kreis ) , der das Nießbrauchrecht an seinen Sohn ( hier: WiFG ) abgetreten hat, als Eigentümer der Aktien für seine an den Sohn abgetreten Dividenden steuerpflichtig ist.

Wohl aus Kulanzgründen liefen die nur widerruflich gewährten Steuervergünstigungen bei den bestehenden Modellen noch eine beschränkte Zeit weiter, während neue "Steuerentziehungsmodelle " dieser Art zukünftig nicht mehr steuerlich anerkannt wurden.

Wer den Haushaltsplan des Kreises unter diesem Gesichtspunkt genau studierte, konnte feststellen , daß Dividenden der Westfälischen Ferngas AG ( WPG ) insgesamt ( vergl. auch unten ) und die auf späteren Kapitalerhöhungen der PREAG und der PESAG beruhenden Dividenden im Haushaltsplan für den Kreis und nicht bei der WiFG eingingen. Durch den Tausch der PREAG- in VEBA- Aktien ( 1985 ) bedingt, gingen 1986 nur noch die Dividenden der PESAG bei der WiFG ein.

Wegen der geänderten Rechtslage wurden seitdem keine Abtretungen des Nießbrauchrechts für die WiFG mehr vorgenommen, weil sie nicht mehr steuerwirksam anerkannt wurden.

Ich gehe deshalb so genau auf diesen Sachverhalt ein, um auf meine im Finanzausschuß und Kreistag bereits geäußerte Vermutung nochmals hinzuweisen, was die VMBG betrifft:

Die alten , vom OKD so in der Öffentlichkeit hervorgehobenen " Steuerentlastungsmodelle " aus anderen Bereichen werden wohl ähnlich wie unsere WiFG noch eine bestimmte Karenzzeit erhalten, um dann auch ihre steuerliche Anerkennung zu verlieren, zumal sie wahrscheinlich nur eine widerrufliche Genehmigung erhalten haben.

Neue Formen der Vermögensverwaltungsgesellschaften wurden bereits 1986 nicht mehr zugelassen».Die Unterlagen voni Erftkreis liegen mir und dem OKD vor.

Nun aber noch etwas über die Tätigkeit unserer WiFG :

Innerhalb der 13 Jahre wurden rund 6 Mio DM ausgegeben. Die Entscheidungen fielen in den Organen der Gesellschaft und nicht im Kreistag . 3 Mio DM erhielten die Städte : ok . Weitere 3 Mio DM flossen ( zusammen mit noch höheren Landeszuschüssen ) für die Rohre der Westfälischen Ferngas AG . Die Kreisbeteiligung ( jetzt 307 000, -- DM Nennwert ) mußte aber aus kreiseigenen Mitteln und laufenden Dividenden aufgebracht werden, übrigens konnten deshalb u. a. diese Gewinne nicht in die WiFG fließen.

Ich habe wiederholt an diesem Finanzierungsverfahren, nicht an der Gasleitung selbst, Kritik geübt; allerdings nur hinterher, da ich ja selbst als Kreistagsabgeordneter nicht bei der Entscheidung mitwirken konnte. Auch hätte ich mir vor der Planung dieser millionenschweren Gasleitungsplanung: eine Kosten- Nutzen-Analyse gewünscht.

Aber man muß in die Zukunft schauen; Mit Hilfe dieser Gasleitungen könnten eventuell in Höxter und anderswo Kraft- Wärme-Koppelungen im Zusammenwirken mit gasbetriebenen Energieboxen bzw. entsprechenden Kleinkraftwerken betrieben werden. Dies könnte in die Tat umgesetzt werden, wenn im Zusammenhang mit den noch bestehenden Konzessionsverträgen z. B. bei der PESAG , die ja mit dem Kreis und den Stäctben bestehen, eine Stromeinspeisung zu angemessenen Preisen durchgesetzt würde.

Dies könnte z. B. hier im Kreishaus zusammen mit anderen in der Nähe liegenden Verwaltungsgebäuden und Industrieunternehmen erfolgen. Diese Maßnahmen würden außerdem noch beschäftigungswirksam für die örtliche Bauwirtschaft sein.

Nach der Auflösung der Wirtschaftsförderungsgesellschaft muß eine ortsnahe Wirtschaftsförderung erfolgen. Die Förderungsgelder müssen im Kreis bleiben. Nicht große Konzerne, sondern das örtliche Handwerk und Gewerbe sowie die örtliche Landwirtschaft muß sinnvoll gefördert werden.

Aber die Konzeption dieser neuen Wirtschaftsförderung muß hier im zuständigen Fachausschuß zusammen mit anderen zuständigen Institutionen und den Bürgern in aller Öffentlichkeit diskutiert und beschlossen werden. Sie darf nicht hinter verschlossenen Türen, zu denen noch nicht einmal Kreistagsabgeordnete Zutritt haben ( wie bei der bisherigen Wifg ) , vollzogen werden.