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Für die WestLB wird es ernst im Verfahren um illegale Staatshilfen -

Tag der Millionen-Rückzahlung an das Land Nordrhein-Westfalen rückt näher / Finanzministerium will das Geld aber wieder zur Landesbank bringen

Bis zu einer knappen Milliarde Euro muss die WestLB voraussichtlich an das Land Nordrhein-Westfalen zurückzahlen. Laut Medienberichten strebt die EU-Kommission an, das seit zehn Jahren laufende Verfahren um illegale Staatsbeihilfen bis Ende Oktober abzuschließen.

VON RAINER JUNG

Düsseldorf · 5. Oktober · "Es sieht so aus, als stehe die Entscheidung nahe vor der Tür", sagt ein Sprecher der Düsseldorfer Bank, der Mutmaßungen über Summen und Termine aber nicht kommentieren will. Ein Bescheid aus Brüssel noch in diesem Jahr komme grundsätzlich den Interessen der WestLB entgegen, "damit wir unbelastet ins Jahr 2005 gehen".

Zuvor steht beim achtgrößten deutschen Kreditinstitut aber womöglich noch einmal eine Art Kehraus zum Jahresende an. Falls er kommt, dürfte er allerdings weit weniger dramatisch ausfallen als im Vorjahr. Die Altlast hat auch nichts mit den riskanten Auslandsgeschäften zu tun, mit denen sich das Geldhaus im Bestreben, zum Global Player zu mutieren, unter seinem glücklosen Chef Jürgen Sengera tief in die roten Zahlen ritt.

Stattdessen geht es nun um eine vermeintlich gute Idee aus dem Jahr 1992. Damals übertrug die nordrhein-westfälische Landesregierung die gemeinnützige Wohnungsbauförderungsanstalt (WfA) an die WestLB. Für die Bank ein glänzendes Geschäft, das ihre Kapitalausstattung erheblich stärkte und einen Expansionskurs ermöglichte. Die WfA verfügte über ein Vermögen von mehr als drei Milliarden Euro. Zum Ausgleich erhielt das Land nur geringe Zinsen.

Mehrere andere Bundesländer zogen mit ähnlichen Deals nach. Sich auf dem privaten Kapitalmarkt zu versorgen, wäre für die Staatsbanker teurer geworden. Grund genug für den Bundesverband deutscher Banken (BdB) als Vertretung der privaten Konkurrenz, sich bei der EU-Kommission zu beschweren. Die Brüsseler Wettbewerbshüter erkannten auch 1999 in den günstigen Konditionen der Übertragungen eine illegale Staatsbeihilfe, vor kurzem einigten sich BdB und mehrere betroffene Länder-Finanzministerien auf Nachzahlungen. So müssen beispielsweise auch die BayernLB und die Nord/LB dem Fiskus rückwirkend eine "angemessene Vergütung" zukommen lassen. Freilich wird die weit geringer ausfallen als bei den Düsseldorfern.

Eleganter Rückfluss gesucht

Gerät die WestLB damit mitten in der Sanierungsphase erneut unter Druck? Nach zwei Jahren mit insgesamt 3,5 Milliarden Euro Verlust schreibt die Bank unter ihrem seit neun Monaten amtierenden Vorstandschef Thomas Fischer gerade wieder schwarze Zahlen. Für 2004 peilt Fischer 350 Millionen Euro Gewinn vor Steuern an. "Wir haben immer gesagt, dass wir unsere Zahlen vorbehaltlich des WfA-Komplexes vorlegen", heißt es bei der WestLB.

Allerdings hat das Land Nordrhein-Westfalen zwar gähnend leere Kassen, aber keinerlei Interesse, wirklich Millionen aus dem öffentlichen Kreditinstitut abzuziehen. Schließlich soll die Bank künftig wieder Überschüsse abliefern. So laufen derzeit intensive Gespräche darüber, wie die Nachzahlung möglichst elegant zurück zur Bank gelangt. "Das Geld wird wieder eingelegt", bestätigt Hartmut Müller-Gerbes vom Finanzministerium. Aber auf welchem Wege, und wie sich das in den Bilanzen der WestLB und im Haushalt niederschlägt, das werde in den kommenden ein bis zwei Monaten geklärt: "Da sind viele Varianten denkbar, die geprüft werden", sagt der Ministeriumssprecher.

Keine ganz einfache Sache, muss eine Lösung doch zwei weitere Anforderungen erfüllen: Erstens soll der Transfer so ablaufen, dass die privaten Banken damit leben können und nicht gleich die nächste Beihilfe-Beschwerde stellen. Zweitens darf das Millionen-Agreement die neue Eigentümerstruktur der WestLB nicht durcheinander bringen. Gerade erst haben die Sparkassenverbände des Rheinlands und von Westfalen der Bank mit einer Kapitalerhöhung von 1,5 Milliarden Euro unter die Arme gegriffen und so das Land als größten Anteilseigner abgelöst. Daran soll sich nichts mehr ändern.

Schließlich ist der "enge Verbund" mit den Sparkassen ein Kernpunkt bei der Neuausrichtung der lange Zeit aus Sicht der lokalen Institute ziemlich abgehobenen WestLB. Nicht nur die NRW-Politik, auch Bankchef Fischer weiß, dass demonstrative Bescheidenheit da zu den vertrauensbildenden Maßnahmen gehört. Aus modischen halb öffentlichen Strategiediskussionen wie der über Fusionen unter den Landebanken hält sich der Düsseldorfer Vormann derzeit heraus, obwohl er kurz nach seinem Amtsantritt deutlich gemacht hatte, dass er langfristig mit einer Konzentration rechne und sich die WestLB dabei tendenziell Richtung Norden orientieren werde.

Fischer beschwört Ruhe

Fischer nahm den Ball auch nicht auf, als Rolf Gerlach, Vorsitzender des westfälischen Sparkassenverbands und des WestLB-Aufsichtsrats, kürzlich in einem Vortrag Gedankenspiele anstellte, denenzufolge 2009 sämtliche deutschen Landesbanken in einer "Nordwest AG" und einer "Südost AG" aufgegangen sein könnten.

Dahinter verberge sich jedoch kein Dissens bei der Einschätzung langfristiger Entwicklungen, schätzt Bernd Rolfes, Professor am European Center for Financial Services an der Universität Duisburg-Essen. Fischer wolle wohl vor allem deutlich machen, "dass es ihm zunächst einmal vorrangig darum geht, das Haus WestLB gut zu bestellen".

Dazu passt die Botschaft, die Fischer in den vergangenen Monaten selbst mit schöner Regelmäßigkeit ausgesendet hat: "Wir sind profitabel und wir wollen Ruhe einkehren lassen." Mal sehen, wie gut das gelingt, wenn demnächst Post aus Brüssel kommt.

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Copyright © Frankfurter Rundschau online 2004
Dokument erstellt am 05.10.2004 um 17:37:00 Uhr
Erscheinungsdatum 06.10.2004