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Wenig global

Geheimniskrämerei bringt Betriebsräte auf die Palme

Europäische Arbeitnehmervertreter fordern mehr Mitsprache / Reform von EU-Richtlinie seit 1999 überfällig

VON CHRISTINE SKOWRONOWSKI

Große Unternehmen denken und handeln längst global, Arbeitnehmervertreter und Gewerkschaften noch viel zu wenig. Diese Bilanz müssen Betriebsräte und Gewerkschafter selbstkritisch auf einer Tagung des Europäischen Arbeitnehmerforums (EEF) des US-Autobauers General Motors und der IG Metall ziehen.

"Die Zeit läuft uns davon", mahnt Rudi Kennes, EEF-Vize aus dem belgischen Opel-Werk in Antwerpen. 2200 Firmen in der EU könnten einen Europäischen Betriebsrat (EBR) einrichten, aber nur 900 haben dies getan, sagt Anne van Lancker, Vertreterin der sozialistischen Fraktion im Europaparlament.

Allerdings nützen EBR wenig, wenn das Management unter dem Vorwand der Vertraulichkeit Geheimniskrämerei betreibt. "Europäische Betriebsräte dürfen nicht nur Briefkästen sein, in die der Vorstand Informationen hineinwirft, wenn alles schon längst gelaufen ist", mahnt Luc Triangle vom Europäischen Metallgewerkschaftsbund (EMB).

Daher müssten sie auf regelmäßige Konsultation und Information verpflichtet werden, damit Arbeitnehmervertreter von Anfang an in Entscheidungen einbezogen werden. So könnte mancher Flop des Vorstands verhindert werden, sagt der britische Gewerkschafter Tony Murphy. Die dafür nötige Reform einer Europäischen Richtlinie bleibt die EU-Kommission aber seit 1999 schuldig.

Sozialisten drohen

Notfalls "werden wir vor den Gerichtshof in Luxemburg ziehen, um die Novelle einzuklagen", droht van Lancker aus Belgien. Wenn es sich um die Spielräume und Vorteile von Unternehmen drehe, gehe alles immer recht fix, meint Klaus Franz, Chef des EEF. Bei Arbeitnehmerrechten lasse der Elan schlagartig nach. Wie jüngst auch beim EU-Gipfel, der sich als "große Niederlage für das soziale Europa" erwiesen habe. Von Franz bekommen aber auch die Gewerkschaften ihr Fett weg. Sie gäben sich am 1. Mai kämpferisch international. Am 2. Mai knauserten sie dann mit finanzieller Unterstützung für globale Projekte von Betriebsräten.

Hier bricht Franz eine Lanze für Brüssel. Denn ohne EU-Mittel - 280 000 Euro - für Reisen, Dolmetscher und ähnliches hätte das EEF das Projekt Delta nie realisieren können. Es wurde für Produktionsentscheidungen für die Opel-Modelle Astra und Zafira eingerichtet, damit die Arbeitnehmer in den über Europa verstreuten GM-Werken sich vom Vorstand nicht gegeneinander ausspielen lassen.

Im EU-Topf sei für solche Vorhaben noch Geld, sagt Evelyn Pichot von der Kommission. Gut zu wissen, meinen die Betriebsräte. Aber rasch die rechtliche Rückendeckung zu erhalten, um sich gegenüber dem Management stärker durchsetzen zu können, wäre ihnen noch lieber. Mit einem konkreten Zeitpunkt dafür kann Pichot aber nicht dienen.

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Dokument erstellt am 06.07.2007 um 17:08:01 Uhr
Letzte Änderung am 06.07.2007 um 18:27:40 Uhr
Erscheinungsdatum 07.07.2007