Zurueck zur Vorseite
Bundesbank verdient kräftig an Dollarverkäufen

Zweithöchster Gewinn der Geschichte geht an den Finanzminister / Zentralbankrat tagt zum letzen Mal

msv FRANKFURT A.M. Trotz des gesunkenen Zinsniveaus hat die Bundesbank im vergangenen Jahr den zweithöchsten Gewinn seit ihrer Gründung erwirtschaftet. Den vollen Betrag in Höhe von rund 11,2 Milliarden Euro überwies die Frankfurter Währungsbehörde gestern morgen an den Bundesfinanzminister, gut ein Drittel mehr als zwölf Monate zuvor. Dreieinhalb Milliarden Euro davon kann die Bundesregierung für den allgemeinen Haushalt nutzen; der überwiegende Teil fließt in den Erblastentilgungsfonds.

Das meiste Geld spülten die Zinsüberschüsse in die Kasse, die allerdings um acht Prozent auf 6,6 Milliarden Euro zurückgingen. Die ungewöhnliche Höhe des Gewinns - nur 1997 war ein größerer Betrag angefallen - hat die Bundesbank ihren Geschäften am Devisenmarkt zu verdanken. Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit habe sie, wie ihr Vizepräsident Jürgen Stark berichtete, bereits im Jahr 2000 mit dem "kontinuierlichen Verkauf" von Dollar-Reserven begonnen. Insgesamt reduzierte sie dabei laut Stark 2001 ihre Bestände an der US-Währung um 7,4 Milliarden Dollar.

Der Vermutung, die Verkäufe seien zur Stützung des schwachen Euro-Kurses eingesetzt worden, trat Stark entgegen. Das Wort "Intervention" wolle er nicht einmal in den Mund nehmen. Vielmehr habe man die Wechselkursentwicklung - sprich den hohen Dollarkurs - gewinnbringend genutzt. Nach Darstellung von Bundesbank-Präsident Ernst Welteke hat sein Haus damit bewiesen, dass es sein Vermögen "professionell und mit guten Ertrag" managen könne.

Welteke wandte sich gegen den Vorschlag von Politikern, die Währungs-, Wertpapier- und Goldreserven der Bundesbank deutlich zu reduzieren, um die öffentlichen Haushalte zu entlasten. Man sollte "gut überlegen, ob man die Gans schlachten will, die goldene Eier legt". Die Devisen lägen nicht nutzlos herum, wie die hohen Überschusse zeigten. Zudem benötigten die Notenbanken auch im Euro-Zeitalter gewaltige Beträge, um am Devisenmarkt eingreifen zu können, falls dies einmal nötig werden sollte.

Welteke erinnerte daran, dass der Zentralbankrat (ZBR) als oberstes Leitungsgremium der Bundesbank gestern zum letzten Mal tagte. Mit der von Bundestag und Bundesrat beschlossenen Reform bekommt die Währungsbehörde vom 30. April an eine straffere Führungsstruktur. Die Entscheidungsgewalt liegt künftig bei einem Vorstand.

Laut Welteke hat der ZBR - der sich aus dem sechsköpfigen Direktorium und den Landeszentralbankpräsidenten zusammensetzte - 54 Jahre lang national und international "Währungs- und Wirtschaftsgeschichte geschrieben". In seinen 1325 Sitzungen seit dem 8. März 1948 (damals nahm die Bank deutscher Länder als Vorgängerinstitution der Bundesbank ihre Arbeit auf) habe er 109-mal die Zinsen geändert. Durch die Übergabe der Zinshoheit an die Europäische Zentralbank sei allerdings eine Reform zwingend notwendig geworden, sagte Welteke.

Zur Sache: Der Vorstand steht

Am Mittag hatte Bundesbank-Vizepräsident Jürgen Stark noch gestänkert, es werde Zeit für die personelle Neuordnung der Führungsspitze. Das Ansehen der Institution dürfe "nicht weiter beschädigt werden", erklärte Stark.

Diese Ermahnung hätte er sich sparen können. Denn die acht Männer, die dem künftigen Bundesbank-Vorstand angehören, sind seit gestern bekannt. Die Länder werden nach Informationen der FR drei Präsidenten von Landeszentralbanken (LZB) in das Gremium entsenden. Auf dem Unionsticket sind dies Franz-Christoph Zeitler aus Bayern und der Hesse Hans Reckers. Die SPD-geführten Länder einigten sich auf Hans-Helmut Kotz (LZB Bremen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt) sowie - als Ausnahme von der Regel und eigentliche Überraschung - das Mitglied des Bundesbank-Direktoriums Edgar Meister. Mit Hilfe des Bundes werden neben Ernst Welteke als Vorstandschef und seinen Stellvertreter Stark die Direktoriumsmitglieder Hans Georg Fabritius und Hermann Remsperger einziehen. hih/msv

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Dokument erstellt am 11.04.2002 um 21:52:10 Uhr
Erscheinungsdatum 12.04.2002