FR vom 27.02.2004, Rhein-Main & Hessen, Seite 34 (Gescannter Text)
Wasserunion nicht in trockenen Tüchern
Bürger gehen gegen Zusammenschluss der Kasseler Stadtwerke mit EAM vor/ Kommunale Kooperation bevorzugt
VON RALF PASCH
Der Protest gegen die in Nordhessen geplante Wasserunion, in der die Kasseler Städtischen Werke mit dem privaten Energiever-sorger EAM zusammen gehen wollen, wird massiver: Eine Bürgerinitiative strebt ein Bürgerbegehren an. Ihre Befürchtung: Wasserwerde dem öffentlich Einfluss entzogen. Unterdessen ist ein Kompromiss in Sicht.
KASSEL - 26. FEBRUAR - Statt der Wasserunion soll es jetzt eine Kooperation der Städtischen Werke mit dem Umland auf rein kommunaler Ebene geben, das wollen CDU und Grüne heute vorschlagen. Seit dem vergangenen Jahr wird in Kassel über die "Wasserunion" gestritten. Die Ausschüsse der Stadtverordnetenversammlung verschieben das Thema von Sitzung zu Sitzung. In der geplanten GmbH wollen die Kasseler Städtischen Werke das Wassergeschäft nicht mehr nur in Kassel, sondern auch in der Region managen. Und zwar gemeinsam mit der Energie Aktiengesellschaft Mitteldeutschland (EAM). Die Städtischen Werke sind im Zuge der schleichenden Privatisierung des Wassergeschäfts auf ein Stück vom großen Kuchen aus. Gemeinsam wollen sie mit der EAM, die das Umlandgemeinden mit Strom versorgt, die Betriebsführung für bestehende Anlagen übernehmen und Dienstleistungen erbringen, weitere Ziele sind „Erwerb, Pacht und Leasing von Anlagen", heißt es in einer Beschlussvorlage, die der Kasseler Magistrat absegnete. Auch das Kasseler Regierungspräsidium hat für das Vorhaben formal grünes Licht gegeben. Es gebe „keine Probleme", so ein Sprecher, da die Kommunen im Besitz der Trink- und Abwassernetze blieben.
Erhebliche Probleme sieht eine Kasseler Bürgerinitiative aus Mitgliedern
von attac,
dem BUND, der Arbeitsgemeinschaft Wasser/Lokale Agenda 21 und der Sozialistischen
Alternative. Sie spricht von der Privatisierung der Trinkwasserversorgung
und peilt deshalb ein Bürgerbegehren gegen die Pläne an, die
Unterschriftensammlung läuft gerade an.
Genährt werden die Befürchtungen durch die Tatsache, dass die EAM zu 73 Prozent dem Energieriesen Eon gehört. Die EAM hat bereits mit dem privaten Trinkwasserunternehmen Gelsenwasser im nordhessischen Bad Karlshafen einen Vertrag über die Betriebsführung abgeschlossen. Auch die städtischen Werke selbst sind nicht mehr komplett kommunal: 25 Prozent sind im Besitz der Hamburger Elektrizitätswerke, die zur schwedischen Vattenfall-Gruppe gehören.
Neben der Bürgerinitiative warnen Politiker vor der Wasserunion. Der umweltpolitische Sprecher der Kasseler SPD, Harry Voller, befürchtet, "dass das Ganze eine Dynamik bekommt, in der am Ende die städtischen Werke ganz verkauft werden". Der Chef der Werke, Andreas Heibig, bestreitet das: Das Wasser bleibe bei den jeweiligen Gemeinden, es gehe lediglich um die Betriebsführung. Die SPD ist gegen die Wasserunion. Auch die Grünen, die mit der CDU im Kasseler Rathaus in einer Kooperation zusammen arbeiten, lehnen das Kon-strukt ab. Der umweltpolitische Sprecher der CDU, Stefan Kortmann, sagte, dass sich die Christdemokraten, die bisher für die neue GmbH waren, mit den Grünen auf eine Lösung geeinigt hätten, die heute verkündet werden soll. Dem Vernehmen nach soll eine rein kommunale Lösung vorgeschlagen werden, in der die städtischen Werke mit den Umlandkommunen - ohne die EAM - kooperieren, ein Modell, das die Grünen favorisiert hatten.
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WASSERGESCHÄFTE
Die Wasserversorgung Nordhessen ist, wie in anderen Regionen bundesweit, dezentral strukturiert, viele Gemeinden und Städte organisieren das Geschäft in eigener Regie, teilweise gibt es kleine Kooperationen. Die Kasseler Städtischen Werke sind eine Aktiengesellschaft und Teil der Kasseler Verkehrs- und Versorgung GmbH (KW), sie liefern Strom, Gas, Wasser und Fernwärme für Kassel, daneben organisieren sie die Wasserversorgung in der Gemeinde Vellmar. Das Kasseler Abwasser wird in der Regie des Kasseler Entwässerungsbetriebes (KEB), einem "Eigenbetrieb" der Stadt, entsorgt. Ein von der Stadt in Auftrag gegebenes Gutachten besagt allerdings, dass eine Integration des bisher eigenständigen KEB in die KW sinnvoll sei, somit hätten die städtischen Werke auch das Abwasser in ihrer Regie. Die Energie Aktiengesellschaft (EAM), mit der die Stadtwerke anbandelten, versogt derzeit Südniedersachsen und die Stadt Göttingen, daneben Nordhessen und Teile von Mittelhessen und Gebiete in Ostwestfalen außer mit Strom auch mit Gas und Fernwärme, daneben ist die EAM bereits im Trink-und Abwassergeschäft, seit 1993 auch in Nordhessen, so in sechs Kommunen der Kreise Werra-Meißner und Hers-feld-Rotenburg. Der Energiekonzern Eon ist in Südhessen bereits an kommunalen Versorgern beteiligt - etwa bei "Hessenwasser" im Rhein-Main-Gebiet, rap
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