Zurueck zur Hompage

"Wasser wird knapp - noch vor Öl und Gas"

Interview mit Wolfram Mauser über Wege aus der Qualitäts- und Versorgungskrise

Wolfram Mauser (Bild fr)

Forscher warnen: Ab 2025 wird ein Drittel der Weltbevölkerung unter "Wasserstress" leben. Was heißt das konkret?

Die Gefahr ist sehr konkret. Der Grund ist der steigende Nahrungsmittelbedarf der Bevölkerung vor allem in den Trockengebieten der Erde. Hinzu kommt die Erwartung, dass sich genau in diesen Regionen der Erde die Niederschläge reduzieren werden.

Aber nicht nur die ohnehin schon trockenen Zonen der Erde sind betroffen, was sind andernorts die Probleme?


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ZUR PERSON

Wolfram Mauser ist Geographie- professor an der Universtät München und Autor des Bandes "Wie lange reicht die Ressource Wasser?" aus der Umwelt-Buchreihe des Fischer-Verlags. Laut dem neuen UN-Bericht zur globalen Umwelt sterben bereits heute drei Millionen Menschen jährlich an verseuchtem Wasser.

Die FR begleitet die Buchreihe mit einer Serie. Kontakt zur Projekt- Initiatorin, der Asko-Europa-Stiftung: h.petrischak@asko-europa-stiftung.
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In den ärmsten Regionen der Erde und in den Wachstumszentren Chinas und Indiens ist die Qualität des Wassers zum beherrschenden Problem geworden. Abfälle von Industrie und Landwirtschaft machen dort die Menschen krank. Das Wasser ist oft unbrauchbar, auch wo genügend vorhanden ist.

Ist die Welternährung bei den erwartet über neun Milliarden Menschen trotzdem zu sichern?

Nur dann, wenn wir das verfügbare Wasser viel besser nutzen. Es geht dabei nicht vor allem um das sogenannte blaue Wasser in unseren Flüssen und Seen. Davon benötigt jeder Mensch rund 160 Liter pro Tag für Trinken, Waschen und für die Industrie. Diese Menge kann die Erde im Prinzip bequem zur Verfügung stellen. Der überwiegende Teil des Süßwassers wird als "grünes Wasser" zur Produktion von Nahrungsmitteln verwendet. Es fließt durch die Pflanzen und wird von ihnen verdunstet. Davon braucht jeder Mensch pro Tag im Schnitt 3500 Liter. Diese Menge ist schon heute kaum aufzubringen. An dieser Stelle sind also neue Konzepte gefragt.

Gibt es Lösungen?

Ex-UN-Generalsekretär Kofi Annan hat mit dem Slogan "more crop per drop" eine Richtung vorgegeben: Wir müssen lernen, die grünen Wasserströme vor allem bei der Nahrungsmittelproduktion global besser zu managen. Dichte, gut gepflegte Pflanzenbestände verringern die Verluste durch Verdunstung drastisch und erhöhen den Ertrag. Heute muss zum Beispiel ein Kleinbauer im südlichen Afrika fünfmal so viel Verdunstungswasser aufwenden, um ein Kilo Getreide zu erzeugen, wie im Schnitt ein Landwirt in der EU.

Der Klimawandel verändert den Wasserzyklus auf der Erde. Wo wird das am deutlichsten zu spüren sein?

Es gibt zwei Effekte: Die Klimagürtel der Erde werden sich in Richtung der Pole verschieben, damit dehnen sich die Wüsten aus. Zum anderen werden extreme Niederschläge häufiger.

Mitteleuropa kommt auch in Zukunft vergleichsweise gut weg.

Bei uns werden "nur" die Gletscher verschwinden, die Flüsse im Sommer weniger Wasser führen, die Landwirtschaft allmählich die Folgen von Dürren kennenlernen und die Flussanrainer womöglich mehr Hochwasser erfahren. Dies können wir mit neuen Talsperren, Deichen und Bewässerungsanlagen technisch in den Griff bekommen, wenn wir wollen.

Wie können wir uns anpassen?

Da gibt es noch keine fertigen Antworten. Wie wir uns am besten anpassen können und was das kosten wird, ist Teil der aktuellen Forschung. Viel wichtiger: Wir in Europa werden auch in Zukunft über geeignete Böden und genügend Niederschlag verfügen, um effizient, also mit minimalem Einsatz grüner Wasserressourcen, Nahrungsmittel zu produzieren. Es bietet sich daher ein Tauschgeschäft mit dem Süden an: Warum sollten wir Lebensmittel nicht im Gegenzug für Solarenergie an die wasserarmen, aber dafür sonnenreichen Länder liefern? Fernnnetze für die Stromübertragung sind machbar.

Was könnte man vom guten Wasser-Management lernen?

Auch wenn die aktuelle öffentliche Diskussion dies nicht vermuten lässt: Wasser wird vor Öl und Gas knapp werden. Da Wasser einem Kreislauf unterliegt, können wir am Wasser lernen, wie eine Schlüsselressource im globalen Maßstab nachhaltig zu managen ist. Das wird uns helfen, die globale Energieversorgung nachhaltig zu machen und vor allem die genetische Vielfalt der Biosphäre für die Nachwelt zu erhalten.

Interview: Joachim Wille

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Dokument erstellt am 26.10.2007 um 17:36:01 Uhr
Letzte Änderung am 26.10.2007 um 20:45:51 Uhr
Erscheinungsdatum 27.10.2007