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Oberhessische Zeitung vom 26.02.2008 (gescannt)

Warnung vor „diesem Monopol-Giganten"

Der Kreistagsabgeordnete Michael Riese ist skeptisch zur Übernahme von Schad durch das französische Unternehmen

VOGELSBERGKREIS (oz). Mit Warnungen reagiert Michael Riese von der Fraktion Die Linke im Kreistag auf die Meldung von der Übernahme der Müllentsorgung durch den französischen Konzern Veolia. Viele bisherigen Erfahrungen mit „diesem Monopol-Giganten" ließen an den beruhigenden Begleitworten aus der Sulo-Gruppe zweifeln.

Veolia sei in Deutschland 2001 und 2002 mit negativen Schlagzeilen aufgefallen und zwar mit der Verkehrstochter Connex. Erst nach einem mehrwöchigen Streik und einer Kundgebung vor der Connex-Hauptverwaltung in Frankfurt sei es den betroffenen 220 Busfahrern in Nordrhein-Westfalen gelungen, Dumping-Tarife zu verhindern.

Zum Veolia Environnement Imperium gehörten zahlreiche Firmen, die sich mit Energie, Wasser, Müll und Verkehr befassen, zum Beispiel auch das Verkehrsunternehmen Connex, das unter anderem in Deutschland private Bahnverbindungen anbietet.

Angesichts der Pro-Privatisierungs-Po-litik des Bundeswirtschaftsministeriums und der Finanznöte vieler Kommunen hätten internationale Wasserkonzerne wie Vivendi/Veolia in den letzten Jahren den deutschen Markt entdeckt. So hätten zum Beispiel Veolia und RWE den Zuschlag bei der Privatisierung der Berliner Wasserbetriebe. Die Berliner müssten seit Anfang 2004, als die vertraglich garantierte Preisstabilität auslief, eine 15-prozentige Preiserhöhung hinnehmen.

Ahnlich entwickele sich die Situation im Müllsektor: „Finanzinvestoren und internationale Großkonzerne haben die deutsche Abfallwirtschaft entdeckt". Die FAZ habe über „Goldgräberstimmung" und „Milliardengeschäfte" berichtet. So werde jetzt vermutet, dass Veolia in Deutschland Teile des Dualen Systems (DSD) übernehmen werde.

Mit dem Müllsektor handelt es sich nicht um das erste Engagement der Veolia im Vogelsberg. Im April 2007 teilte Cecile Hahn, 1. Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Vogelsberg, mit, dass in Mittelhessen gegenwärtig etliche Kommunen von internationalen Investmentgesellschaften, die mit der Infrastruktur von Städten und Gemeinden viel Geld verdienten, goldene Berge versprochen würden, wenn sie diesen Anbietern ihre Anlagen zwecks Betriebsführung oder Kauf überlassen würden.

Besonders aktuell seien die Angebote des weltweit agierenden französischen Veolia-Konzerns, der unter der „Tarnkappe , Mittelhessische Wasser und Abwasser GmbH' (MHWA) im nördlichen Vogelsberg auch Mitglieder der Schutzgemeinschaft Vogelsberg (SGV) zu einer .Abwasser-Partnerschaft' zu überreden versucht habe".

Im Juni 2007 äußerten sich die Bürgermeister Künz, Averdung und Richtberg so voll des Lobes über das Wirken der MHWA beim Zweckverband Antrifttal, dass der Eindruck entstehe, da engagiere sich ein Multikonzern völlig selbstlos, um den „bemitleidenswerten Kommunen" fachmännisch unter die Arme zu greifen. Riese: Beruhigender wäre es allerdings, wenn die drei Bürgermeister die Verträge mit der MHWA veröffentlichen würden, damit sich die Bevölkerung selbst ein Urteil über die Geschäftsbeziehung bilden kann. Völlig zu Recht warne die Schutzgemeinschaft Vogelsberg die Kommunen der Region davor, ihre Eigenständigkeit und die langfristige, kommunale Daseinsvorsorge ohne Not durch eine vertragliche Bindung an private Investmentgesellschaften wie Veolia vermeintlichen finanziellen Vorteilen zu opfern. Im Vo-gelsberger Abfallzweckverband stünden mit dem Ablauf der Verträge mit der Firma Schad grundsätzliche Entscheidungen zur Neuausrichtung an.

Wenn sich mit der Übernahme von Schad durch Veolia nun die Geschäftsgrundlage neu darstellt, sollte der ZAV-Vorstand dringend eine außerordentliche Kündigung prüfen.