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Union gegen Tiefensee-Modell

Politiker gegen Bahn-Börsengang "mit der Brechstange"


Vor dem heutigen Regierungstreffen gilt es als fraglich, dass der angekündigte Beschluss über die Privatisierung der Deutschen Bahn (DB) fällt.

Berlin - Bisher ist es Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) nicht gelungen, einen konsensfähigen Vorschlag vorzulegen. Denn besonders in der CDU stößt auch seine neue Kompromiss-Variante beim strittigen Thema Infrastruktur auf wenig Begeisterung. Der zufolge bliebe der Staat nur formal zivilrechtlicher Eigentümer der Infrastruktur - die DB könnte sämtliche Anlagen aber weiterhin bilanzieren und wäre dadurch für Investoren attraktiver. Der Bund hätte ein Rückholrecht, wenn die Bahn das Netz vernachlässigen oder die rund 300 Wettbewerber benachteiligen würde.

Die Union werde sich nicht "im Eilverfahren und ungeprüft auf so etwas in kürzester Zeit festlegen", sagte Fraktionsvize Hans-Peter Friedrich (CSU) der Agentur /dpa/. Es werde keinen "Börsengang mit der Brechstange geben". Man werde sich auch nicht durch drohende Warnstreiks unter Druck setzen lassen und sich wenn nötig bis Ende Oktober Zeit für eine Entscheidung nehmen.

Zuvor hatte bereits der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag, Dirk Fischer (CDU), vor einer dramatischen Verschleuderung von Volksvermögen gewarnt, sofern das Schienennetz zu einem Bruchteil des wahren Wertes verkauft würde. Auch Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) signalisierte, dass man eine unsaubere Lösung nicht akzeptiere und dann besser alles lassen wolle, wie es ist.

Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) kritisiert ebenfalls den neuen Vorschlag Tiefensees: "Offenbar geht es nur noch darum, den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden", sagt Vizechefin Heidi Tischmann. Die Interessen der Bahnkunden und Steuerzahler würden vernachlässigt, die  immer neuen Privatisierungsvorschläge seien nicht mehr nachvollziehbar. Die Regierung biete ein erschreckendes Bild.

Mehrere SPD-Abgeordnete, darunter mit Kurt Bodewig auch einer von Tiefensees Vorgängern, fordern eine Grundsatzdiskussion über den Sinn eines DB-Börsengangs. Ob der Konzern überhaupt privatisiert werden soll, sei bisher nicht hinterfragt worden.

Die DB hat eine kostenlose Hotline wegen der angedrohten Warnstreiks der Gewerkschaften Transnet und GDBA eingerichtet. Reisende können sich
unter der Nummer 0800-996633 informieren./ Thomas Wüpper/

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Dokument erstellt am 27.09.2006 um 17:32:20 Uhr
Erscheinungsdatum 28.09.2006