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Transparency

Plädoyer für harte Strafen


Im Kampf gegen Korruption sieht Transparency International (TI) in Deutschland noch großen Nachholbedarf. In der aktuellen Korruptionsliste der Organisation rangiert die Bundesrepublik unter 163 Staaten wie im vorigen Jahr auf Platz 16.

Korruption (FR-Infografik)

Berlin - Die Korruptionsbekämpfer von Transparency International (TI) werfen der Bundesregierung eklatante Versäumnisse vor. Bis heute habe Deutschland die neue UN-Konvention gegen Korruption nicht umgesetzt. Es fehlten vor allem härtere Strafen bei Abgeordnetenbestechung.

Die Bundesrepublik habe bei der Bekämpfung von Korruption zwar viele Hausaufgaben gemacht, sagte der deutsche TI-Vorsitzende, Hansjörg Elshorst, in Berlin. Handlungsbedarf aber gebe es bei der zu laxen Strafvorschrift bei Abgeordnetenbestechung (§ 108e Strafgesetzbuch). Bei der ersten Verhandlungsrunde der Vereinten Nationen (UN) im Dezember zur Kontrolle und Überwachung der neuen UN-Konvention werde Deutschland daher "nur am Katzentisch sitzen".

Die UN-Konvention gegen Korruption ist vor knapp einem Jahr in Kraft getreten und gilt als gewaltiger Fortschritt in der weltweiten Bekämpfung von Bestechung und dem Missbrauch öffentlicher Macht zum persönlichen Nutzen. 168 Staaten haben die Vereinbarung unterzeichnet, vor drei Jahren auch Deutschland. Anders als 68 Länder, darunter Frankreich und Großbritannien, hat die Bundesrepublik das Abkommen aber noch nicht ratifiziert.

"Das ist inakzeptabel", kritisiert Elshorst. Die Bundesrepublik müsse durch die Ratifizierung ihrem Kampf gegen Korruption mehr Glaubwürdigkeit verleihen, mahnt TI. Andernfalls würden auch die Anstrengungen jener Firmen konterkariert, die sich engagieren.

"Bis heute kann ein Unternehmer in Deutschland straflos Abgeordneten Vorteile gewähren, für die er nach dem Internationalen Bestechungsgesetz zum Beispiel in Polen bestraft würde", beschreibt Elshorst den hiesigen Missstand. Auch der Bundesgerichtshof (BGH) habe hier Handlungsbedarf angemahnt.

TI verweist auf die Wuppertaler Bestechungsaffäre, bei der im Mai ein Stadtrat freigesprochen wurde, weil er nicht als Amtsträger, sondern Abgeordneter eingestuft wurde. Die UN-Konvention verlangt, dass Abgeordnete wie Angehörige des öffentlichen Dienstes behandelt werden, denen bei Korruption harte Strafen drohen.

Zu den Versäumnissen ist auch das bundesweite Korruptionskataster zu zählen, das noch unter der rot-grünen Vorgängerregierung angedacht war, aber seitdem in den Ämterschubladen verschwunden ist. Diese von einigen Bundesländern geführte Kartei soll mit illegalen Praktiken auffällig gewordene Firmen solange von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausschließen, bis sie wieder eine weiße Weste nachweisen können.

In dem "Korruptionswahrnehmungsindex" (CPI) von TI liegt Deutschland mit acht von zehn Punkten unverändert auf Platz 16. Im vorigen Jahr hatte die Bundesrepublik allerdings noch die Note 8,2 erhalten. Deutlich verschlechtert haben sich unter den Industriestaaten die USA - sie rutschten von Platz 17 auf nunmehr Rang 20 ab und liegen damit gleichauf mit Chile. Fast drei Viertel der Länder erreichten weniger als fünf Punkte.

Der Index basiert auf zahlreichen Umfragen bei Experten. Dabei wird die Wahrnehmung von Korruption im öffentlichen Sektor von null (sehr hoch) bis zehn (kaum) wiedergegeben. Die Liste belege den starken Zusammenhang zwischen Armut und Korruption, sagte die oberste Chefin von TI, Huguette Labelle. Die Skandale um die kenianische Anglo-Leasing hätten gezeigt, wie über ausgeklügelte Netzwerke internationaler Tarnfirmen öffentliche Gelder verschoben werden. Korrupte könnten sich offenbar darauf verlassen, dass es Banken, Wirtschaftsprüfer und Anwälte gebe, die helfen, Vermögen auf die Seite zu schaffen. wüp/cri

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Copyright © FR online 2006
Dokument erstellt am 06.11.2006 um 17:36:11 Uhr
Letzte Änderung am 06.11.2006 um 18:19:55 Uhr
Erscheinungsdatum 07.11.2006