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Privatisierung

Bahn im Börsen-Rückwärtsgang

VON PITT VON BEBENBURG UND STEFFEN HEBESTREIT

Länder treten auf die Bremse (ap)

Die Bundesregierung wird die Deutsche Bahn voraussichtlich nicht so privatisieren können, wie von Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) geplant. Die Bundesländer verweigern die Zustimmung zu Tiefensees Konzept, das am heutigen Dienstag von der Bundesregierung gebilligt werden soll. Auch in Tiefensees SPD gibt es starke Widerstände.

Die Länderfürsten wollen auch künftig genügend Geld für Investitionen ins regionale Schienennetz zur Verfügung haben. Es bestehe bei den Ländern "ein tiefes Unbehagen aus der Erkenntnis heraus, dass viele Dinge noch nicht zufriedenstellend gelöst sind", sagte der Verkehrsminister von Sachsen-Anhalt, Wolfgang Daehre (CDU), am Montag der Frankfurter Rundschau. Er ist Vorsitzender der Verkehrsminister-Konferenz der Länder. Die wird bei einer Sondertagung am 2. August in Berlin über die Bahn-Privatisierung beraten. Tiefensee wurde dazu nicht eingeladen. Daehre erwartet einhellige Kritik an dem Plan des Ministers. Er rechne mit einer "einheitlichen Position der Bundesländer", betonte er.

Der hessische Verkehrsminister Alois Rhiel (CDU) verschärfte seine Kritik an Tiefensees Plan. "Der Entwurf ist untauglich", sagte Rhiel der FR. "Die Richtung ist falsch und er ist auch wenig verbraucherfreundlich."

Er sehe "keine Mehrheit der Länder für den Gesetzentwurf", meinte der hessische Minister und drohte mit einer "Verschiebung der Bahn-Privatisierung in die nächste Legislaturperiode". Das sei immer noch besser "als eine schlechte Reform, die nicht mehr zu korrigieren ist".

Die größten Sorgen machen sich die Länder wegen der geplanten Privatisierung des Schienennetzes. Wenn ein Monopolist die 34 000 Kilometer Gleise besitze, sei es "logisch", dass er das Entgelt für deren Nutzung erhöhe, sagte Rhiel. Das könne zur Stilllegung von Strecken führen.

Brandenburgs Ressortchef Reinhold Dellmann (SPD) teilte Tiefensee seine "erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken" mit, wenn der Bund nicht mehr über das Netz verfügen könnte.

SPD-Linke protestieren

Grundsätzliche Kritik hört Tiefensee von Linken in seiner SPD. "Ich habe noch kein überzeugendes Argument für den Verkauf der Bahn gehört - nicht vom Verkehrsminister und auch nicht von Bahnchef Hartmut Mehdorn", sagte der Vorsitzende der Jungsozialisten (Jusos), Björn Böhning, im FR-Interview. Andere SPD-Linke machen sich dafür stark, die Bahn als "Bürgerbahn" zu erhalten. Statt "anonymer Fonds oder Großaktionäre" sollten Bürger über ein "Volksaktien-Modell" beteiligt werden, forderten Hessens SPD-Chefin Andrea Ypsilanti und der Bundestagsabgeordnete Hermann Scheer.

Bundesminister Tiefensee gab sich gelassen. Er sehe derzeit keinen Anlass für Änderungen. Der Beschluss der Bundesregierung werde "eine solide Grundlage für das weitere parlamentarische Verfahren" liefern, hieß es aus seinem Ministerium.

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Dokument erstellt am 23.07.2007 um 18:04:03 Uhr
Letzte Änderung am 24.07.2007 um 07:21:04 Uhr
Erscheinungsdatum 24.07.2007