Bund der Energieverbraucher rät, die Energiepreiserhöhung nur mit "billigem Ermessen" zu akzeptieren und Mehrbetrag zu verweigern (07.09.2004)
TIPP :
Recht & billig
Strom-, Gas- und Ölkunden haben ein Problem. Selbst wer sparsam mit der Energie umgeht, muss dennoch immer mehr dafür bezahlen. Die Preise steigen schneller, so scheint es, als man den Verbrauch zügeln kann.
Damit soll jetzt Schluss sein, sagt der Bund der Energieverbraucher. Wem der Gasversorger demnächst eine Preiserhöhung ins Haus schickt, der soll sie nicht akzeptieren, rät er. Denn ein Aufschlag von mehr als zwei Prozent sei nicht rechtmäßig. Zwar habe der Versorger das Recht, die Preise einseitig festzusetzen. Das bürgerliche Gesetzbuch (BGB) fordert aber, dass in diesen Fällen die Preise dem "billigen Ermessen" folgen, also nachvollziehbar sind. Da es aber keine anderen Gründe für die Verteuerung gibt als die imaginäre Bindung des Gaspreises an den des Rohöls, soll der Verbraucher sie ablehnen. Dazu ruft jedenfalls der Verband auf.
Aber so einfach ist die Sache nicht: Wenn der Verbraucher die Zahlung verweigert, muss er den juristisch korrekten Weg gehen, damit ihm nicht einfach der Saft abgedreht wird. Er muss auf das Ansinnen der Preiserhöhung schriftlich reagieren, sollte die Offenlegung der Preise fordern und sich auf Paragraph 315 des BGB berufen. Der regelt, wie weit eine Erhöhung gehen darf, wenn einem Vertragspartner wie dem Gasversorger das Recht eingeräumt wird, einseitig die Preise festzusetzen. Folgen diese nicht dem Prinzip der Billigkeit - das heißt, liegen keine nachvollziehbaren Gründe für die Erhöhung vor - muss der Verbraucher sie nicht akzeptieren, und das Gericht hat im Zweifel zu entscheiden. Der Energielieferant darf bis zum Urteil auf keinen Fall die Versorgung einstellen.
Wer sich auf dieses Verfahren einlassen möchte, kann etwas zur Stärkung der Verbrauchermacht in Deutschland gegen die zum Teil willkürlich anmutenden Preisrunden der Energieversorger tun. Es kann durchaus sein, dass allein die Ankündigung, die Preise per Gericht überprüfen zu lassen, den Versorger dazu veranlasst, ein neues Angebot zu offerieren.
Denn die Gas- und Stromlieferanten wollen sich nur ungern in die Karten schauen lassen. Andererseits ist aus Streitfällen mit unbequemen Kunden bekannt, dass mancher Energieriese nicht zimperlich auftritt: Die Androhung, die Versorgung einzustellen und Gerichtsverfahren anzustrengen, bei denen es um hohe Summen geht, ist keine Seltenheit.
Auch wenn auf den Verbraucher im Streit über die Billigkeit der Tarife kaum höhere Kosten zukommen können als die volle Preiserhöhung akzeptieren zu müssen, wie der Bund der Energieverbraucher versichert - er sollte sich bewusst sein, auf Rechtsabteilungen der Versorger zu treffen, die alle juristischen Register ziehen, um den Kunden zu verunsichern. ori
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Dokument erstellt am 06.09.2004 um 18:05:47 Uhr
Erscheinungsdatum 07.09.2004