Beigeschmack
VON MICHAEL BERGIUS
In Berlin konnte man mitverfolgen, wie binnen 48 Stunden aus einer vermeintlichen Staatsaffäre ein Rohrkrepierer wurde. Heftig empörten sich Unionsabgeordnete und Liberale über das "unerträgliche", respektive "unverschämte" Ansinnen des Wirtschafts-staatssekretärs Alfred Tacke, die Seiten zu wechseln und ausgerechnet bei dem Konzern anzuheuern, mit dessen Belangen er von Amts wegen lange reichlich zu tun hatte. Der Absprung müsse untersagt und eine Wiederholung vergleichbarer Vorgänge am besten gleich per Gesetz für alle Zukunft verhindert werden, tönten Oppositionspolitiker.
Außer Krawall nichts gewesen, lautet nun die Bilanz einer undramatischen Ausschusssitzung. Befangenheit des amtsmüden Staatsdieners? Fehlanzeige. Öffentliche Versorgungsansprüche? Fallen nicht an. Und sogar der CDU-Wirtschaftsmann Friedrich Merz attestiert dem Vorgang, er sei "in Ordnung". Dennoch hinterlässt die Sache einen faden Beigeschmack. Natürlich muss es kompetenten Spitzenbeamten möglich sein, die Fronten zu wechseln. Aber müssen diese Tranfers - Stichwort Tacke - gerade in eine Branche gehen, wo Interessen-Kollisionen drohen? Der Gesetze bedürfte es nicht, um derlei Problemen beizukommen; ein Ehrenkodex würde ausreichen oder - altmodisch gesagt - ein wenig Fingerspitzengefühl.
[ document info ]
Copyright © Frankfurter Rundschau online 2004
Dokument erstellt am 09.09.2004 um 17:44:14 Uhr
Erscheinungsdatum 10.09.2004