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Strommarkt

Stadtwerke unter Druck

von Oliver Ristau  

Deutschlands rund 700 Stadtwerken weht ein zunehmend rauer Wind ins Gesicht. Angesichts steigenden Wettbewerbs im heimischen Strommarkt müssen sich viele kommunale Versorger auf Veränderungen einstellen. "Der Druck auf die Stadtwerke nimmt zu", sagt Energieanalyst Peter Wirtz von der  Düsseldorfer WestLB. "Die Konsolidierung der Branche hat begonnen." Notwendige Marketinganstrengungen um Kunden zu halten und die neue ab 2009 geltende staatliche Regulierung der
Stromnetze würden die Erlöse der Zukunft drücken. "Es wird vermehrt zu Fusionen kommen."

Jüngstes Beispiel ist der angekündigte Zusammenschluss mehrerer Stadtwerke in Nordrhein-Westfalen. Die Städte Dortmund und Bochum prüfen derzeit, den Energiehandel und die Strom- und Gasnetze mit denen des kommunalen Gas- und Wasserkonzerns Gelsenwasser zusammenzulegen. Ziel sei, die "Wettbewerbfähigkeit zu erhöhen, um dauerhaft als unabhängiger Marktteilnehmer im nationalen Wettbewerb zu bestehen".

Damit entstünde einer der größten Regionalversorger in Deutschland, der aufgrund eigener Kraftwerke auch den Stromriesen wie RWE und Eon regional Paroli bieten könnte. Allerdings soll RWE - derzeit mit 47 Prozent am Dortmunder Kommunalbetrieb beteiligt - auch Einfluss im neuen Unternehmen haben.

"Das werden wir uns genau ansehen", sagte dazu eine Sprecherin des Bundeskartellamtes der FR. "Die Unabhängigkeit der Stadtwerke ist von großer Bedeutung für den Wettbewerb." Kartellamts-Präsident Bernhard Heitzer hatte kürzlich eine Trennung von kommunalen Stadtwerken und privaten Großstromerzeugern gefordert. RWE könnte versuchen, über den Umweg des neuen Unternehmens seine Stadtwerke-Beteiligungen zu sichern.

"Wir können gut mit weniger Stadtwerken in Deutschland leben. Sie müssen aber unabhängig sein", fordert auch Holger Krawinkel vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv). Er empfiehlt den kommunalen Versorgern, eigene Produkte und Marken zu kreieren und verweist auf das Beispiel der Sparkassen in Deutschland, die sich gegen die Dominanz privater Bankhäuser mit ihrem regionalen Auftritt behaupten könnten.

Dazu zähle im Falle der Stromerzeuger etwa der Aufbau eigener Kraftwerke, um sich unabhängig von den vorgegebenen Strompreisen der Konzerne RWE, Eon, Vattenfall und EnBW zu machen, die im Besitz von 85 Prozent der heimischen Kraftwerkskapazitäten sind. Ansonsten drohten die Stadtwerke zu den "Opfern des Unmuts der Verbraucher" gegen die hohen Strompreise zu werden.

Derzeit planen kleinere Versorger in Deutschland nach Auskunft des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) den Bau von neuen Stromerzeugungskapazitäten mit rund 6000 Megawatt Leistung bis 2012. Die großen Vier wollen im gleichen Zeitraum mehr als das Dreifache realisieren. "Wer sich bisher nicht bewegt hat, muss es jetzt tun", räumt auch eine Sprecherin des VKU ein, in dem mehr als 900 Unternehmen vertreten sind. Die Stadtwerke müssten ihre gegenseitigen Kooperationen ausweiten, um im Vertrieb, beim Netzmanagement und in der Erzeugung effizienter zu werden.

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Dokument erstellt am 01.01.2008 um 17:20:03 Uhr
Letzte Änderung am 01.01.2008 um 19:44:40 Uhr
Erscheinungsdatum 02.01.2008