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Sparkassen wehren sich gegen Rhiels Pläne

Verband fürchtet um das Verbundkonzept der Finanzgruppe / Hoffen auf Beistand aus Thüringen und Rheinland-Pfalz

Der Sparkassenverband lehnt die Pläne der hessischen Landesregierung für ein neues Sparkassen-Gesetz strikt ab. Den öffentlich-rechtlichen Geldinstituten würde ihr besonderer Status genommen, sie würden "reinen Finanzinvestments stark angenähert".

Frankfurt a.M. · Gregor Böhmer geizt nicht mit deutlichen Worten. Der Geschäftsführende Präsident des Sparkassen- und Giroverbands Hessen-Thüringen (SGVHT) beschwört "erhebliche Gefahren" für die Sparkassen der beiden Bundesländer und die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) herauf - und ist sich bewusst, dass er Wirtschaftsminister Alois Rhiel (CDU) nicht aufhalten kann. Die schwarze Landesregierung verfügt über die nötigen Mehrheiten, um sich über die Bedenken der Sparkassen-Lobby hinwegzusetzen, wenn sie den gesetzlichen Rahmen für die Institute ändern will.

Heikler Fall Naspa

Böhmer aber hofft auf die Schlagkraft seiner Argumente - und auf zwei benachbarte Bundesländer, die von der Änderung betroffen wären. Zum einen Thüringen, das mittels Staatsvertrag eine Sparkassen-Gruppe mit Hessen bildet, und dessen Landesregierung zu erkennen gegeben hat, dass in Erfurt die Wiesbadener Pläne skeptisch beäugt werden. Zum anderen Rheinland-Pfalz: Der dortige Sparkassen-Verband habe ihm "klar zu verstehen" gegeben, dass er seine "Interessen berührt sieht", sagt Böhmer.

Hintergrund ist die besondere Situation der Nassauischen Sparkasse (Naspa). Diese hat zwar den Sitz in Wiesbaden und ist die größte Sparkasse Hessens - im Zweckverband, der sie trägt, sind aber zwei Kreise aus Rheinland-Pfalz. Der Verbandspräsident erkennt hinter der angestrebten Änderung den "politischen Willen", nach der Frankfurter Sparkasse weitere Institute unter das Dach der Helaba zu bringen und so eine Ballungsraum-Sparkasse durchzusetzen. Die Naspa spiele dabei eine zentrale Rolle. "Direkt ausgesprochen" werde das nicht - aber es liege "auf der Hand". Damit würde eine Tochter der hessischen Landesbank im Nachbarbundesland tätig. Das würde Rheinland-Pfalz nicht zulassen, ist Böhmer überzeugt. Ein Verlust des rheinland-pfälzischen Teils des Naspa-Geschäftsgebiets könnte die Folge sein. Denn: Aus einem Zweckverband könne man auch ausscheiden.

Gesetzes-Novelle

Stammkapital sollen die hessischen Sparkassen nach den Plänen von Wirtschaftsminister Alois Rhiel (CDU) künftig bilden können. Handelbar soll es aber nur sein zwischen den Sparkassen des Bundeslandes, den öffentlichen Trägern sowie - ausdrücklich - auch der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba). Veräußerbare Anteile an Sparkassen gibt es bisher nicht. Der Erwerb der Frankfurter Sparkasse durch die Helaba war ein Sonderfall, weil diese historisch bedingt privatrechtlich, nicht öffentlich-rechtlich aufgestellt war. ohm

Entstünde eine Ballungsraum-Sparkasse könnten zudem Gegenreaktionen anderer Sparkassen folgen: Zusammenschlüsse zu weniger stark regional verwurzelten Großsparkassen, die dann auch die Helaba nicht mehr als Partner im wirtschaftlichen Verbund sähen, sondern als Konkurrent. Das Konzept der Familie käme ins Wanken.

Ausgerechnet Rheinland-Pfalz ist Vorbild für Rhiels Pläne: Dort ist seit einigen Jahren die Bildung von Stammkapital möglich, gehandelt werden darf aber nur von den Trägern, nicht von der Landesbank. Im "Koalitionspoker" habe die FDP dies durchgesetzt. Das Gesetz habe indes "kaum" Auswirkungen. In "winzig kleinen Fällen" sei Geld aus der Gruppe abgeflossen, weil Institute veräußert wurden. Dem "Bereich der Gemeinnützigkeit", zu dem Böhmer die Sparkassen zählt, aber sei das Geld nicht verloren gegangen, da es nicht in kommunalen Haushalten versickerte, sondern in Stiftungen floss.

Bei den klammen Kämmerern sieht Böhmer die größte Gefahr durch das neue Gesetz. Die Sparkassen müssten in "kommunale Haushaltsüberlegungen" einbezogen werden. Daraus ergäbe sich ein "erheblicher Veräußerungsdruck". Und der könnte durchaus von außen kommen, argwöhnt Böhmer: von der Kommunalaufsicht, also Regierungspräsidien - und Landesregierung. Den leeren Stadtsäckeln aber könnte auch mit großzügigeren Regeln für Ausschüttungen geholfen werden, meint Böhmer.

Selbst wenn das Gesetz niemand in Anspruch nehmen wolle, berge es deshalb Gefahren. Eine weitere droht aus Brüssel: Bei der "Beschränkung des Erwerberkreises" sei "Rechtssicherheit auf EU-Ebene nicht erreichbar". Im Klartext: Den privaten Banken könnte ein Einfallstor geöffnet werden, weil sie bei einem Sparkassen-Verkauf nicht ausgegrenzt werden dürften.

Rating könnte sinken

Für Unmut könnte das Gesetz auch bei den Rating-Agenturen sorgen, fürchtet Böhmer. Diese bestimmen mit ihren Noten über die Kosten, wenn sich Firmen auf dem Kapitalmarkt mit Geld versorgen. Einerseits beurteilen sie positiv, wenn eine Landesbank Zugang zum krisensicheren Massenkundengeschäft hat, andererseits könnten sie die Möglichkeit, dass Geld aus der Gruppe abflösse, negativ bewerten. Und benotet wird immer der gesamte wirtschaftliche Verbund der Sparkassen. Das macht deutlich, was den Plan aus Gruppen-Sicht besonders widersinnig macht: Jeder Verkauf schwächt die Gruppe - sie kauft aber obendrein etwas, was sie ja sowieso schon hat. Thomas Strohm

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Copyright © Frankfurter Rundschau online 2005
Dokument erstellt am 29.11.2005 um 17:20:12 Uhr
Erscheinungsdatum 30.11.2005