Stralsunder Bürgerschaft für Sparkassen- Privatisierung
Bürgermeister will leere Stadtkassen füllen - Landesregierung: Rechtsverstoß - Proteste
STRALSUND (AP). Die Stralsunder Bürgerschaft treibt gegen massiven Widerstand der rot-roten Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern die Privatisierung der Sparkasse der Hansestadt voran.
Das Stadtparlament stimmte mit 27 gegen zehn Stimmen einem Antrag der Fraktionen von CDU und SPD zu, wonach Varianten einer Veräußerung des öffentlich-rechtlichen Kreditinstituts geprüft werden sollen. Stralsund wäre bundesweit erster Fall eines Sparkassenverkaufs.
Zuvor war das Schweriner Innenministerium mit der Bemühung gescheitert, den Antrag von der Tagesordnung streichen zu lassen. Eine Gruppe zumeist älterer Sparkassenkunden protestierte vor dem Rathaus gegen eine Privatisierung.
In- und ausländische Privatbanken, darunter die Commerzbank und die schwedische SEB, signalisierten Interesse an einer Übernahme des Stralsunder Kreditinstituts mit seinen fast 40 000 Privat- und Geschäftskunden.
"Wir sehen das gelassen und werden vom Innenministerium als Aufsichtsbehörde die Rechtmäßigkeit des Bürgerschaftsbeschlusses prüfen lassen", erklärte Referatsleiter Peter Bäumer vom Schweriner Finanzministerium. Bereits zuvor hatte Finanzministerin Sigrid Keler ankündigt, das beabsichtigte Privatisierungsvorhaben mittels Fusion der Sparkassen in Stralsund und im Landkreis Nordvorpommern verhindern zu wollen.
Nach Kelers Ansieht verstößt der Verkauf einer Sparkasse an private Konkurrenz gegen geltendes Landesrecht und beschwört erhebliche Risiken für die bisherigen Sparkassenkunden, speziell für mittelständische Unternehmen, herauf. Den Beschluss des Stralsunder Sparkassenverwaltungsrates, der analog zur Bürgerschaft die Privatisierungsmöglichkeiten prüfen lassen wollte, hat die Ministerin deshalb schon zu Wochenbeginn aufgehoben. Der Verwaltungsrat droht wegen dieses Eingriffs in die kommunale Selbstbestimmung dem Land mit juristischen Schritten.
Stralsunds Oberbürgermeister Harald Lastovska (CDU), der das Privatisierungsvorhaben
angesichts leerer Stadtkassen initiierte, beruft sich auf das Wohl seiner
Kommune und fühlt sich durch den Bürgerschaftsbeschluss bestätigt.
Der Beschluss sieht unter anderem vor, die Veräußerung der Sparkasse
in einem für derartige Transaktionen üblichen Bieter-verfahren
an einen Investor zu prüfen. Dabei sollen die Möglichkeiten einer
Fusion gegen Wertausgleich mit einem anderen öffentlich-rechtlichen
Kreditinstitut oder der Verkauf aller beziehungsweise wesentlicher Vermögenswerte-der
Sparkasse an einen sonstigen Erwerber in Betracht gezogen werden. Die Erlöse
sollen für gemeinnützige Zwecke verwendet werden. Zudem sieht
der Antrag Auflagen zur Übernahme der Kunden und Beschäftigten
der Sparkasse vor.