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FR vom 28.06.2006
Aktuell
Erster Schritt zur
Sparkassenreform
Hessen legt Gesetzentwurf vor / Institute sollen sich gegenseitig
kaufen können / Kritiker befürchten Privatisierung
Das Land Hessen hat einen ersten Entwurf für die umstrittene
Änderung des Sparkassengesetzes vorgelegt. Die CDU-Landesregierung
will damit den Verkauf von Instituten innerhalb des Sparkassenverbunds
erlauben. Kritiker fürchten, dies könnte der erste Schritt
zur Privatisierung sein.
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Ländersache
Die Sparkassengesetze regeln den Rahmen für die
Geschäftstätigkeit der einzelnen Institute. Die Gesetze sind
Ländersache.
In Hessen will die
Landesregierung gegen den Willen des Sparkassenverbands das Gesetz
reformieren. Die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute sollen
Stammkapital bilden können, dadurch werden Anteile handelbar.
In Rheinland-Pfalz ist dies
bereits seit 1998 erlaubt. Sieben von 26 Instituten haben laut Verband
von dieser Option bis heute Gebrauch gemacht; zwei Sparkassen haben
tatsächlich Anteile verkauft.
Im Saarland wurde das
Sparkassengesetz dahingehend geändert, dass Träger der
Institute nun auch Stiftungen des öffentlichen Rechts sein
dürfen. Außerdem können - wie in Hessen -
Unternehmenskunden oder Beschäftigte stille Beteiligungen
erwerben. dpa
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Frankfurt a.M. - Am Montagabend
habe das Landeskabinett den Gesetzentwurf beschlossen, sagte
Wirtschaftsminister Alois Rhiel (CDU) gestern. In den kommenden Monaten
folge die Beratung und Verabschiedung des Papiers. Die Verbände
der Institute und Kommunen sollen gehört werden. Das Gesetz
könne im Frühjahr 2007 in Kraft treten. Der Sparkassen- und
Giroverband Hessen-Thüringen hat gestern seine ablehnende Position
bekräftigt.
Angst vor Privatisierung
Nach der Novelle sollen die 34 Sparkassen in Hessen künftig
Stammkapital bilden können, dadurch würden Anteile handelbar.
Als Käufer kommen laut Gesetz aber nur andere öffentliche
Träger in Frage. Anteile kaufen dürften also nur Städte,
Gemeinden und Landkreise sowie andere Sparkassen und die Landesbank
Hessen-Thüringen (Helaba). Ausschließen will das Land, dass
private Banken ein öffentlich-rechtliches Institut
übernehmen. Auch am Dienstag betonte Rhiel: "Eine Privatisierung
der Sparkassen wird wie bisher ausgeschlossen sein".
Genau das aber zweifeln die Kritiker an. Die geplante Reform
könnte - gewollt oder ungewollt - die Tür für
kaufwillige Privatbanken öffnen. Die versprochene
Beschränkung auf die öffentlich-rechtliche Gruppe werde von
den Privatbanken nicht hingenommen, fürchten die im
Privatkundengeschäft starken Sparkassen.
Eine entsprechende Wettbewerbsklage vor dem Europäischen
Gerichtshof könnte Erfolg haben. Und dies könnte das
besondere Drei-Säulen-Modell aus öffentlichen,
genossenschaftlichen und privaten Geldhäusern in Deutschland
insgesamt ins Wanken bringen, meinen Experten. Kämen die privaten
Banken mit einer Klage in Brüssel durch, würden Sparkassen
"zum reinen Redite-Investment", sagte Lissy Schuchmann,
Verdi-Vorsitzende der Landesfachgruppe Sparkassen Hessen, gestern.
Kredite würden dann ausschließlich nach
Ertragsgesichtspunkten vergeben; das träfe auch den Mittelstand.
"Einsparungen beim Zweigstellennetz sind vorprogrammiert",
fürchtet Schuchmann. In der Folge werde es zum Verlust von
Arbeitsplätzen kommen. In Hessen gibt es 34 eigenständige
Sparkassen mit 1300 Filialen. Fast alle sind in kommunaler
Trägerschaft; nur die Frankfurter Sparkasse (Fraspa) gehört
zur Helaba. Zusammen haben die Institute 20000 Beschäftigte.
Das Gesetz werde in Einklang mit europäischem Recht stehen, sagte
Rhiel. Eine Klage von den Privatbanken sei nicht auszuschließen,
die juristische "Brandwand" sei aber "nicht zu durchbrechen". Die
Novelle sei ein Bekenntnis zum dreigliedrigen Bankensystem, da es die
Sparkassen stärke. Bisher konnten ertragsschwache Institute mit
anderen Sparkassen nur fusionieren. Damit hätte ein Partner immer
seine Identität und damit die Kundenbindung aufgeben müssen.
Das neue Gesetz öffne Optionen - nämlich Beteiligungen
zwischen einem und 99 Prozent. Ein Verkauf von Anteilen sei nicht
zwingend. Das Gesetz regle ausdrücklich, dass Aktien nicht zur
Sanierung defizitärer Kommunalhaushalte übertragen werden
sollen, sagte Rhiel. Peter Dietz