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FR vom 23.03.2006

Sparkassen zeigen sich kampfstark

Präsident pocht auf Namensschutz und will Privatisierung abwehren / Gewinn steigt / Plädoyer für Börsenfusion

Die deutschen Sparkassen verteidigen ihre Finanzgruppe gegen Angriffe von Politikern und Wettbewerbern. Wirtschaftlich gehen sie gestärkt in die Auseinandersetzungen. Ihr Gewinn stieg 2005 dank geringerer Kreditrisiken zum dritten Mal in Folge.

Frankfurt a.M. · Die Lobby der öffentlichen Institute warnt die Politik vor einer Schwächung der Sparkassen. In seiner letzten Bilanzpressekonferenz sprach sich der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), Dietrich Hoppenstedt, gegen die Pläne von Landespolitikern aus, den Verkauf von Sparkassen innerhalb der S-Finanzgruppe zu ermöglichen. "Jedem muss klar sein, dass eine beschränkte Handelbarkeit von Sparkassenanteilen natürlich wieder Wettbewerber mit Beschwerden auf den Plan rufen wird, die uns vornehmlich in Brüssel bekämpfen", sagte er unter anderem an die Adresse der hessischen Landesregierung. Im vorigen Jahr waren auf Druck der Privatbanken in Brüssel bereits die Staatsgarantien für die öffentlichen Institute gefallen.

Staatsgarantie-Verlust verschmerzt

Weiteres Ungemach droht den Sparkassen, sollte die EU ein seit 2003 ruhendes Vertragsverletzungsverfahren wieder aufrollen. Es dreht sich im Kern um die Frage, ob Sparkassen infolge des Namensschutzes nicht einen unerlaubten Wettbewerbsvorteil genießen. Nach dem Kreditwesengesetz dürfen sich in Deutschland nur öffentlich-rechtliche Institute Sparkassen nennen, was Übernahmen für private Banken unattraktiver macht. Die Debatte ist im Zuge des Bieterverfahrens für die Berliner Sparkasse wieder aktuell geworden. Zu den Interessenten zählt unter anderem die Commerzbank, die vom Präsidenten des Bundesverbandes deutscher Banken, Klaus-Peter-Müller, geführt wird. Er hatte in der vergangenen Woche den Wegfall des Namensschutzes gefordert. Hoppenstedt konterte mit dem Hinweis: "Nur wo Sparkasse drin ist, darf auch Sparkasse drauf stehen."

Den Wegfall der Staatsgarantien für Not leidende Institute und damit den Verlust von Wettbewerbsvorteilen bei der Refinanzierung am Kapitalmarkt hätten die Sparkassen und Landesbanken allen Unkenrufen zum Trotz problemlos bewältigt, sagte Hoppenstedt, der seit 1998 an der Spitze des Verbands steht und das Amt zum 1. Mai an den ersten DSGV-Vizepräsidenten Heinrich Haasis abgibt.

Während seiner Amtszeit hätten sich die Sparkassen stärker gewandelt als in den 200 Jahren zuvor. Die Finanzgruppe aus Sparkassen, Landesbanken, Landesbausparkassen und Sparkassen-Versicherungen sei enger zusammengerückt und werde inzwischen als größter Bankkonzern der Welt wahrgenommen, zog er Bilanz.

Dank einer gesunkenen Risikovorsorge konnten die Sparkassen ihren Jahresüberschuss um fast 24 Prozent auf 2,3 Milliarden Euro steigern. Es sei das höchste Ergebnis seit dem Jahr 2000 gewesen. Die Institute müssten als Marktführer den Wettbewerb mit privaten Banken nicht scheuen, hätten aber zum Beispiel im Geschäft mit Konsumentenkrediten Nachholbedarf. Dieses Manko soll in diesem Jahr mit dem neuen Sparkassen-Privatkredit beseitigt werden.

Eine Fusion von Deutscher Börse und Euronext hält Hoppenstedt für eine "sinnvolle Lösung". Allerdings müsse der Hauptsitz in Frankfurt angesiedelt sein und das Geschäftsmodell erhalten bleiben. Auch dürfe ein möglicher Zusammenschluss nicht zu Lasten der inländischen Marktakteure gehen. Hoppenstedt bedauerte, dass die hiesigen Banken und Sparkassen ihre Anteile an der Börse verkauft und damit ihren Einfluss verloren haben. "Der Rückzug war nicht gut", sagte er. Bernd Salzmann

UND

FR vom 23.03.2006

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VON BERND SALZMANN

Sparkassen-Präsident Dietrich Hoppenstedt hat auf seiner achten und letzten Bilanzpressekonferenz ein solides Zahlenwerk vorgelegt. Der Gewinn der größten Finanzgruppe der Welt zeigt im dritten Jahr in Folge nach oben. Mit 2,3 Milliarden Euro ist er so hoch wie seit fünf Jahren nicht mehr.

Hoppenstedt hat allerdings gute Gründe, zufrieden, aber nicht euphorisch aufzutreten. Das Plus verdankt die Gruppe in erster Linie geringeren Kreditausfällen. Das hat mit einem geschickteren Risikomanagement zu tun, auf dessen Entwicklung er großen Wert legte, aber auch mit einer günstigeren Wirtschaftslage, von der die Kreditwirtschaft insgesamt profitierte. Die Erträge der Sparkassen und Landesbanken erfüllen die selbst gesteckten Erwartungen unterm Strich jedoch bei weitem noch nicht.

Das hat sich die S-Finanzgruppe zu einem großen Teil selbst zuzuschreiben. Viel zu spät kommt sie beispielsweise mit ihren "Leuchtturmprojekten" auf den Markt, um Auto- und Ratenkreditbanken Paroli zu bieten.

Womöglich hat Druck von außen Hoppenstedt davon abgehalten, sich zeitig um diese Baustellen zu kümmern. Die privaten Konkurrenten setzten ihm heftig zu. Der Streit über die Staatsgarantien für die öffentlichen Institute ist nur ein Beispiel. Die Privatisierungsdebatte, die aktuell in Berlin geführt wird, ein weiteres.

Der Finanzverbund demonstriert im Streit mit den Privaten zwar Familiensinn, doch im Alltagsgeschäft machen sich viele Mitgliedsinstitute längst Konkurrenz um Kunden. Der Überlebenskampf verdrängt das Regionalprinzip. Die Lage der für den Wettbewerb in Deutschland und eine flächendeckende Versorgung mit Finanzdienstleistungen so wichtigen S-Finanzgruppe ist schwieriger als es auf den ersten Blick scheint. Für Hoppenstedts Nachfolger bleibt viel zu tun.