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Spätes Ende des Beamten-Parlaments
In Stuttgart dürfen aktive Lehrer, Polizisten und
Bürgermeister künftig nicht mehr im Landtag sitzen / Lobby
erkämpft lange Frist
In Baden-Württemberg zeichnet
sich das Ende eines parlamentarischen Sonderwegs ab: Aktive Beamte
sollen künftig nicht mehr im Landtag sitzen. Weil so viele
Betroffene mitstimmten, gilt dies erst von 2016 an.
Stuttgart - Nach einem internen Streit hat sich jetzt die
CDU-Fraktion im Stuttgarter Landtag auf einen Kompromiss bei der
Trennung von Amt und Mandat geeinigt. Nach einer längeren
Übergangsfrist sollen öffentliche Bedienstete nicht mehr
länger Abgeordnete sein. CDU-Fraktionschef Stefan Mappus verfehlte
sein Ziel, die Trennung von Amt und Mandat schneller im Zuge einer
groß angelegten Parlamentsreform durchzusetzen. Das liegt wohl
auch daran, dass der baden-württembergische Landtag voll mit
Mandatsträgern ist, die in irgendeiner Form vom Staat
abhängen - sei es als Beamte oder Angestellte im öffentlichen
Dienst. 61 von 139 Parlamentariern sind es insgesamt. Allein in der
69-köpfigen CDU-Fraktion sitzen 35 (Wahl-)Beamte, darunter neun
Bürgermeister und Oberbürgermeister.
Im Koalitionsvertrag vom März 2006 hatten sich CDU und FDP
darauf verständigt, Landräten und Beigeordneten von
Stadtkreisen wie Stuttgarts Finanzbürgermeister Michael
Föll aus Gründen der Interessenkollision den Zugang zum
Mandat zu verwehren.
Nach dem Willen von CDU-Fraktionschef Mappus wird das Parlament jedoch
künftig - wie in allen anderen Bundesländern - auch von
anderen aktiven Beamten wie Polizisten oder Lehrern frei sein, die
derzeit gern noch Viertel- oder Achteldeputate ausüben. Wer sich
als Beamter in den Landtag wählen lasse, müsse sein Amt ruhen
lassen, gab Mappus aus. Die Betroffenen und deren Lobbyverbände
hatten sich zunächst heftig gewehrt. Der Landtag könne auf
den Sachverstand der "Praktiker in den Rathäusern" nicht
verzichten, wurde argumentiert. Hier werde einem ganzen Berufsstand der
Weg zum Landtagsmandat abgeschnitten.
In der CDU-Fraktion gehörten die Oberbürgermeister und
Bürgermeister selbstredend zu den schärfsten Kritikern.
Mussten sie doch ihren eigenen Ausschluss beschließen. Mappus
geriet in Bedrängnis. Seinen Plan, die Änderung schon zur
kommenden Legislaturperiode durchzusetzen, musste er schnell abhaken.
Am Ende votierten 42 zu 27 Abgeordnete in geheimer Abstimmung für
eine strikte Unvereinbarkeit - ab 2016.
Der "wachsweiche Kompromiss", kommentierte SPD-Fraktionschefin Ute
Vogt, "belaste" die Verhandlungen. Will heißen: Weil Mappus mit
Unterstützung mindestens einer Oppositionsfraktion die Reform
beschließen will, wird die SPD ihm manches Zugeständnis
abringen.
Grünen-Fraktionschef Winfried Kretschmann freute sich zwar, dass
die Uralt-Forderung seiner Partei Wirklichkeit in
Baden-Württemberg wird, empörte sich jedoch über die
Schonfrist für die Akteure. "Was 2016 richtig ist, kann 2011 nicht
falsch sein", mahnte er. Und machte seine Zustimmung ebenfalls vom
Gesamtpaket der Parlamentsreform abhängig.
Gabriele Renz
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Copyright © FR online 2007
Dokument erstellt am 07.02.2007 um 17:24:01 Uhr
Letzte Änderung am 07.02.2007 um 19:30:40 Uhr
Erscheinungsdatum 08.02.2007