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DEMO Die Monatszeitschrift für Kommunalpolitik 4/2003 mit dem Titel US-Cross-Border Leasing , Seite 10

CBL-kein Allheilmittel für Kommunalhaushalte

Von Klaus Jungfer, Stadtkämmerer der Landeshauptstadt München

Über 150 deutsche Städte tun es bereits, auch der Staat ist dabei. Und bei den großen Unternehmen in der Wirtschaft ist es längst gang und gäbe. Das Motiv ist stets dasselbe: Barwertvorteile durch Steuerersparnis.

Das soll jetzt anders werden. Die bayerische Staatsregierung will die Gemeindeordnung ändern und den Städten und Gemeinden in Bayern durch Gesetz verbieten, Cross-Border-Leasing (CBL) und Sale-and-Lease-back-Verträge abzuschließen, weil - so heißt es - damit „besondere Risiken" verbunden und überhaupt „solche Modelle... mit der Stellung der Kommunen im Verband des Gesamtstaates nicht vereinbar" seien. Und damit auch ja niemand an der Ernsthaftigkeit des Vorhabens zweifelt, wurden die bayerischen Kommunalaufsichts- und Finanzbehörden gleich angewiesen, zweifelhafte Geschäfte von Kommunen schon jetzt zu unterbinden.

Für die bayerischen Großstädte, die teilweise seit Jahrzehnten Kommunal-Leasing nutzen und damit beträchtliche Vorteile für ihre notleidenden Investitionshaushalte erzielt haben, ist das ein harter Schlag. Sie brauchen das Geld dringend, um den Verfall ihrer Infrastruktur zu bekämpfen.

Kommunalleasing-Projekte nutzen Gestaltungen, die das Steuerrecht möglich macht und ohne die sie sich oft nicht rechnen. So beruhte die Konstruktion, die München bereits vor 20 Jahren für die Finanzierung des Kulturzentrums am Gasteig wählte (Investition 172 Millionen Eu-ro, Barwertvorteil 8,7 Prozent), auf Steuerersparnissen, die durch steuerliche Zwischenvermietung und den hierdurch möglichen Abzug von Vorsteuern erzielt wurden. Beim Heizkraftwerk Nord (1991/92, Investition 610 Millionen Büro, Barwertvorteil 8,5 Prozent) waren es Vorteile bei der Körperschaftsteuer, beim Neuen Technischen Rathaus (1999/2000, Investition 136 Millionen Büro, Barwertvorteil 5,2 Prozent) solche bei der Erbersatzsteuer. Letztere werden auch von städtischen Wohnungsgesellschaften genutzt. Und die Münchner Stadtwerke setzen CBL für U- und Straßenbahnen ein.

CBL funktioniert mit Steuererleichterungen, die die Gesetzgebung der USA Investoren gewährt, die in Deutschland Anlagen (z.B. Kläranlagen, Kanalnetze oder Stadthallen) langfristig mieten und anschließend wieder zurückvermieten. Die Vorteile der Investoren kommen über die niedrigere Leasingrate den Kommunen teilweise zugute.

Die vom deutschen Recht möglich gemachten Erbersatzsteuer-Modelle gewinnen ihre Vorteilhaftigkeit aus der Differenz zwischen Bedarfswert und Verkehrswert bei Immobilien. Daran sind u.a. private Vermögensstiftungen interessiert, die durch die Beteiligung an einer solchen Konstruktion ihr Kapitalvermögen, das zum Stichtag der Erbersatzsteuer zum Verkehrswert besteuert würde, in Immobilienvermögen umtauschen, wodurch sich die Bemessungsgrundlage stark verringert. Eine Kommune, die ihre Gebäude in eine eigene Objektgesellschaft einbringt und von dieser zurückleast, kann daran partizipieren, wenn sich solche Stiftungen als atypische stille Gesellschafter beteiligen.

Ursache all dessen sind Gesetze, die das möglich machen. Die Existenz von Erbersatzsteuer-Modellen ist das Ergebnis einer Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, der Immobilienbesitz ausdrücklich gegenüber dem Kapitalvermögen bevorteilen wollte. Die Privatwirtschaft in ganz Deutschland nutzt es, wo sie nur kann, zu ihrem Vorteil (z.B. Hypo-Hochhaus in München). Nicht anders ist es mit CBL. Der US-Kongress, der es Investoren erlaubt, durch den Erwerb von „assets" im Ausland Steuern zu sparen, hatte im Sinn, seine Großunternehmen, die das machen können, diskret zu begünstigen.

Man muss mit Entscheidungen eines Gesetzgebers, die solche Steuerschlupflöcher zulassen, ja zielbewusst herbeiführen, nicht einverstanden sein. Empörend dabei sind aber eher die Motive der G«setzesma-cher, weniger diejenigen der Steuerschuldner, die sie legal nutzen.

Tatsächlich hat man noch nichts davon gehört, dass der Freistaat Bayern eine Gesetzesinitiative unternommen hätte, das Bewertungsgesetz zu ändern, urn die wahrscheinlich verfassungswidrige Begünstigung des Immobilien- gegenüber dem
Kapitalvermögen zu beseitigen. Auch ist nichts von Gesetzesvorschlägen zu hören, die den Erwerb von langlebigen Anlagen durch ausländische Investoren verbieten sollen. All dies lässt mutmaßen, dass das Land Bayern einverstanden ist, dass die Gesetze bleiben, wie sie sind.

Dafür spricht auch die Beratungsaktivität der Bayerischen Landesbank, «in Beteiligungsunternehmen des Freistaats, bei den Kommunen im Lande zu Fragen der Optimierung ihrer Finanzierungen und „Public Private Partnership". Was man verstehen kann, da doch die Bayerische Landesbank Anteile an einem bedeutenden Leasing-Unternehmen hält, das bundesweit eben jene „anrüchigen" Modelle vertreibt, die die Bayerische Staatsregierung zu nutzen verbieten möchte.

Alle Geschäfte, die auf Einschätzungen der Zukunftsentwicklung beruhen, enthalten Risiken. Die meisten da von (Steuerrechts -änderungsrisiken, Konkursrisiken, Haf-tungs- und Bonitätsrisiken, Währungsrisiken u.a.) können vertraglich begrenzt oder ausgeschlossen werden. Es ist wichtig, dass Kommunen sich Zeit nehmen, diese Risiken seriös zu bewerten und sich erstklassig beraten zu lassen. Ein Risiko kann niemals ausgeschlossen werden, nämlich die Einschränkung der Nutzung für eine Kommune über die lange Vertragslaufzeit. Wer seine Kläranlage für Jahrzehnte in einem CBL-Vertrag hat, sollte sicher sein, dass er sie über die ganze Laufzeit benötigen wird. Wenn sich die Technologie irgendwann ändern sollte, könnte die lange Vertrags-bindung nachteilig sein. Dieses Risiko tritt aber auch ohne CBL auf, wenn die Kommune ihr Klärwerk selbst finanziert hat.

Für die bayerischen Städte bedeuten die Pläne der Staatsregierung weitere Nachteile für ihre Investitionsfinanzierung und einen deutlichfin StandortnachteU gegenüber anderen deutschen Städten. Einiges spricht dafür, dass das Gesetzesvorhaben rechtswidrig ist. Deshalb hat der Bayerische Städtetag bereits entschiedenen Widerstand angekündigt.

Klaus Jungfer, Kämmerd der Landeshauptstadt München, Tel. (089) 233-92 102, Fax: (089) 28 998