Herrn
Volker Bouffier
Hessischer Innenminister
Sehr geehrter Herr Minister Bouffier,
wir wenden uns heute an Sie als oberste Aufsichtsbehörde der Kommunen mit der Bitte um Interpretation verschiedener Paragraphen der Hessischen Gemeindeordnung. Hintergrund dafür sind die Verkaufsvorhaben wasserwirtschaftlicher Anlagen und der damit verbundenen Aufgabe öffentlicher Daseinsvorsorge von Wetterauer und Vogelsberger Kommunen wie Hirzenhain, Ortenberg, Freiensteinau, Schotten, Feldatal u.a. an die profit-orientiert kalkulierende OVAG (ASO). So möchten wir von Ihnen wisssen, ob wasserwirtschaftliche Anlagen zu den Vermögensgegenständen einer Kommune gehören, die veräußert werden dürfen (§ 109 HGO). Weiter möchten wir eine verbindliche Auskunft darüber, ob Kommunalparlamente überhaupt das Eigentum der Bürger-innen und Bürger verkaufen dürfen oder ob hier nicht parlamentarischer Machtmissbrauch vorliegt, sollten doch die Parlamentarier (und Bürgermeister/Innen) nach § 10 HGO als Verwalter und nicht als Verkäufer öffentlichen Eigentums agieren. Besonders wichtig für uns ist eine bindende Interpretation des § 1 der HGO. Hier heisst es, die Gemeinde sei die Grundlage des demokratischen Staates. Sie fördere das Wohl ihrer Einwohner in freier Selbstverwaltung durch ihre von der Bürgerschaft gewählten Organe. Die Dienstleistung Wasser ist nach unserer Auffassung die wichtigste Säule des verfassungsrechtlich verbrieften Rechts auf kommunale Selbstverwaltung (Art. 28 GG) und so die originärste Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge. Die Weggabe der Verantwortung für die Wasserwirtschaft der Einzelkommune ist so eine massive Aushöhlung der kommunalen Selbstverwaltung und damit ein nicht zu verantwortender Angriff auf die Grundlage des demokratischen Staates. Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung müssen daher unter der demokratischen Kontrolle der Einzelkommune bleiben.
Für eine baldige Antwort wären wir dankbar.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Georg Bodien
für ATTAC Alsfeld/Vogelsberg