Sachsen lehnen Finanzverband ab
Streit über Sparkassenorganisation geht in die nächste Runde
DRESDEN (bho/rtr/dpa). Beim ersten Volksentscheid in Sachsen hat sich im Streit über die künftige Organisation der Sparkassen eine Bürgerinitiative gegen Pläne des Dresdner Finanzministeriums durchgesetzt. Bei einer Beteiligung von gut einem Viertel der Abstimmungsberechtigten votierten gut 85 Prozent für einen Gesetzentwurf der Bürgerinitiative "Pro kommunale Sparkasse". Nur knapp 15 Prozent stimmten dagegen und folgten somit der Empfehlung der Landesregierung.
Der Vorschlag der Bürgerinitiative richtet sich gegen den vor einem Jahr gegründeten Sachsen-Finanzverband. Darin sind die sächsische Landesbank und sieben der 22 Sparkassen des Bundeslandes zusammengeschlossen. Ziel des Finanzministeriums war es, die Sparkassen durch den Schulterschluss im europaweiten Bankenwettbewerb konkurrenzfähiger zu machen. Die Kritiker fürchten hingegen den Verlust von Arbeitsplätzen und Filialschließungen sowie Nachteile für die mittelständische Wirtschaft bei der Kreditversorgung. Die Bürgerinitiative hatte deshalb mit der Unterstützung von PDS und SPD rund 450 000 Unterschriften gesammelt und damit den Volksentscheid in Gang gebracht.
Trotz des eindeutigen Ergebnisses der Abstimmung, für deren Gültigkeit im Übrigen keine Mindestbeteiligung erforderlich war, sind die Folgen noch unklar. Der Vorsitzende der Bürgerinitiative, Paul Bischof, und die SPD fordern die sofortige Auflösung des schon bestehenden Finanzverbands. Ansonsten droht Bischof mit der Anrufung des Landesverfassungsgerichts.
Nach Einschätzung des Sparkassenverbands bedeute der Volksentscheid, dass ihm zunächst keine weiteren Institute beitreten dürfen. Finanzminister Thomas de Maizière kündigt an, trotz der Niederlage an dem Modell festhalten zu wollen. Es gelte nun, den Landtag zu überzeugen und eine Regelung zu finden, die auch den Bedenken der Kritiker Rechnung trage. De Mazière will zu diesem Zweck einen neuen Vorschlag für eine gemeinsame Sparkassenorganisation präsentieren.
Der PDS-Fraktionsvorsitzende im Dresdner Landtag, Peter Porsch, möchte
im Verfassungsausschuss darüber beraten lassen, in welcher Form die
Entscheidung der Bürger umgesetzt werden kann. Er schlägt einen
gemeinsamen Gesetzentwurf der im Landtag vertretenen Parteien CDU, PDS
und SPD vor.
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Dokument erstellt am 22.10.2001 um 22:05:59 Uhr
Erscheinungsdatum 23.10.2001