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Vogelsbergkreis   Oberhessische Zeitung vom Samstag, 18. Juni 2005 • Seite 17

Kaufbar: Amtsgerichte und Finanzämter

Land will Behördenhäuser im Kreis verkaufen und zurückmieten - Finanzämter, Amtsgerichte und Polizeistationen

Von Volker Nies

ALSFELD. Das Land Hessen will sich von seinen Immobilien trennen. Auch die Finanzämter, die Amtsgerichte und die Polizeistationen in Alsfeld und Lauterbach stehen auf der Verkaufsliste des Landes. Das Land will die Gebäude nach dem Verkauf zurückmieten.

„Die Trennung von den landeseigenen Gebäuden ist ein strategisches Ziel. Privatfirmen können Gebäude einfach besser und billiger bewirtschaften als der Staat", erklärt Jürgen Harrer, Pressesprecher des hessischen Finanzministeriums unserer Zeitung. Dies mache das Land auch flexibler und verlagere die Risiken der Gebäudeunterhaltung auf Privatleute.

Die Gebäude werden nicht einzeln verkauft, sondern in Paketen. Ein Investor würde dann also beispielsweise drei Finanzämter, vier Polizeistationen und zwei Amtsgerichte kaufen. Wie die einzelnen Pakete aussehen, werde in den nächsten Wochen entschieden, sagte Harrer. Noch in diesem Jahr wolle das Land 800 Millionen Euro durch den Verkauf erzielen. Begleitet wird die Veräußerung durch Experten der Wirtschaftsprüfungsbüro Price Waterhouse Coopers und CB Richard Allis. Wann genau die Vogelsberger Objekte verkauft werden, könne man noch nicht sagen.

Einschränkungen für die Art der Objekte gebe es nicht. „Wir wollen nach Möglichkeit alle Immobilien veräußern. Einzige Ausnahme sind besondere, historische Gebäude, wie etwa die "Hessische Staatskanzlei", so Harrer.

Bei den betroffenen Bürgermeistern Rainer-Hans Vollmöllcr (CDU) in Lauterbach und Herbert Diestelmann (SPD) in Alsfeld sorgen die Pläne des Landes für keine Beunruhigung. „Das Verkaufen und Zurückmieten, auf Neudeutsch Sale-and-Lease-Back, ist ja keine neue Methode. Darüber nachzudenken, ist nicht verboten", sagt Vollmöller. Die Frage sei, ob es sich für den Staat wirtschaftlich rechne. „Das ist das Entscheidende. Für die Stadt ist es nicht wichtig, ob die Gebäude mit den Landesbehörden dem Land oder einem Unternehmen gehören", so der Lauterbacher Bürgermeister.

Ähnliche Töne kommen von seinem Alsfelder Kollegen. „Der Verkauf ist ein Finanzierungsinstrument, das Liquidität in die Kassen spült. Es kann eine Notwendigkeit sein, um den Haushalt in Ordnung zu bringen. Der Verkauf ist nicht von vornherein negativ zu sehen, aber es zeigt die gravierende Krise der öffentlichen Finanzen", sagt Diestelmann. Die Leasing-Modelle, bei denen der Staat Behördenhäuser gegen das Versprechen langfristiger Mietverträge errichten lasse, seien im Ergebnis nichts Anderes als der jetzige Verkauf.

Als „Ausverkauf des Landesvermögens" kritisiert hingegen die SPD-Landtagsfraktion die Verkaufspläne der Landesregierung. „Wenn ein Privatmann sein Haus verkauft und es zurückmietet, spricht man von einem bevorstehenden Bankrott. Offenbar will auch die Landesregierung kaschieren, dass sie pleite ist. Als das Hotel Rose jetzt für die Staatskanzlei in Wiesbaden gekauft wurde, hieß es, kaufen sei wirtschaftlicher als mieten. Jetzt gilt angeblich das Gegenteil", schüttelt Gert-Uwe Mende, Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion den Kopf.

Das Land habe offenbar auch nicht berücksichtigt, dass die Investoren mit dem Kauf Steuern sparen könnten. „Was das Land hier macht, ist das Verfrühstücken von Vermögen für Zwecke des Konsums. Oft sind die Gebäude, die jetzt verkauft werden sollen, noch nicht einmal ganz bezahlt. Hier werden ungedeckte Schecks in die Zukunft ausgestellt", kritisiert Mende. Hier werde das von Generationen angesammelte Immobilienvermögen verkauft, um aktuelle Haushaltslöcher zu schließen. Und wenn die Gebäudeunterhaltung durch Private tatsächlich billiger sei als durch Beamte, spottet der SPD-Sprecher, dann solle Finanzminister Karlheinz Weimar (CDU) seine Beamten ein wenig flott machen.