Bericht von der RWE-Hauptversammlung in Essen letzte Woche Donnerstag, den 17.04.2008: |
L.
Reinhard aus Mülheim/Ruhr
Neue
Besen kehren auf alt?
"Keine
Profite auf Kosten der Zukunft - RWE den Stecker ziehen" forderte dazu attac (Presseerklärung weiter unten)
Neuer
Rekordgewinn, neuer Vorstandschef (der gebürtige Mülheimer
Grossmann) und ein neues Logo.
Mit
dem Verkauf des internationalen Wassergeschäfts zieht sich RWE von
einen weiteren Geschäftsbereich
zurück, der im Firmenlogo einen Finger an der RWE-Hand
symbolisierte. Ein Aktionär sagte, es sähe albern aus, nur
noch 3 Finger zu zeigen und begrüßte, dass
Großmann die Hand abschaffte. Vor der Halle
demonstrierende Umweltschützer (mehr s.u.) griffen
das neue Motto schon vor Beginn der Hauptversammlung auf. "VoRWEg gehen - Abzocken, Klima killen,
belügen", stand auf einem Transparent zu lesen.
Am
Freitag begann der Essener Energieriese den "Roll-out"
seines Auftritts mit einer Printkampagne unter anderem in der
Süddeutschen Zeitung und der WAZ. RWE präsentiert
sich als Klimaschützer: "Energie muss schnellstmöglich
sauberer und sicherer werden", fordert der Konzern in den ganzseitigen
Anzeigen in blau. Um diese Ziele zu erreichen, verspricht das
Unternehmen ein Investitionsprogramm von 30 Milliarden Euro.
Unabhängig
von dem gewöhnungsbedürftigen neuen Logo, das irgendwie an
Staubsaugervertreter mit Sprachschwierigkeiten erinnert,
präsentierte Grossmann aber eine gänzlich andere
Realität, als damit vorgegaukelt werden soll. Die 30 Mrd. sollen
nämlich insgesamt bis 2012 investiert werden und vornehmlich
im Großkraftwerksbau. Für den gesamten Bereich erneuerbare
Energie soll das Ziel sein, jährlich 1 Mio. zu investieren, also
wenn alles gut liefe 4 oder 5 Mio bis
2012. Dagegen sollen aber bereits dieses Jahr alleine mind. 2
Mrd. für Anteile an dem Bau des bulgarischen AKW im erdbebengefärdeten Naturschutzgebiet bei Beline investiert werden, bestimmt nochmal so viel bei einem ähnlichen
Skandalprojekt in Rumänien und auf die mehrfach gestellte Frage, wieviel das RWE für seine heiß
begehrte Beteiligung am britischen AKW-Betreiber "British Energy" auf den Tisch legen will, kam nur die
stereotype Antwort "Generell kein Kommentar."
Doch
dürfte es bei weitem viel mehr sein als in 1 Jahrzehnt in den
gesamten Bereich regenerative Energien fließen soll. Mit anderen Worten: Der Energieriese RWE
mit dem angeschlagenen Image u.a. wegen
seiner Braunkohle-CO2-Klimakiller und seiner Atompolitik will 1.) den
Bereich Kohlestrom nicht verringern und 2.) CO2-Reduktion
hauptsächlich durch Atomstrom bewerkstelligen. Für das
ramponierte Image dann noch ein wenig Wind- und Bioenergie als
Alibi. Also von wegen "sauberer " und schon überhaupt
nicht "sicherer". Davon kündeten erschütternde Berichte von
Gästen aus Russland und Bulgarien. Die RWE-Tochter URENCO bringt
nämlich ihren Atommüll aus Gronau
nach Russland, wo er in abgesperrten (quasi-"verbotenen")
Städten bearbeitet und gelagert wird unter haarsträubenden
Bedingungen. Der zukünftige Atommüll aus Bulgarien und
Rumänien wird dann entweder direkt vor Ort gelagert oder geht
ebenfalls nach Russland. Für Deutschland hofft das RWE auf
längere AKW-Laufzeiten, selbst für das
störanfällige Biblis. Grossmann sieht sich nach
Gesprächen mit der Bundesregierung dabei auf gutem Wege und er
lobte Gabriel, dass der nun auch nicht mehr strikt gegen weitere
Braunkohlekraftwerke sei. Auch über die Trennung vom Stromnetz,
wie die EU es will, dem Eon wohl auch
nachkommen will, gibt es bei RWE keine Anzeichen bzw. lapidar : "Was Konkurrenten machen, kommentieren
wir nicht" Na denn ...
Fazit der
RWE-Hauptversammlung 2008 mit dem Motto: "Wer,
wenn nicht wir.":
Mit neuem Chef und neuem Logo voll zurück in die 70iger Jahre
mit Braunkohle und Atom zur Verstromung und dem Gasgeschäft als
Goldesel! Nur mit dem "smart meter" - dem
sog. intelligenten Zähler und dessen Modellstadt Mülheim -
wird aber das RWE sein Image nicht aufbessern können und weitere
hunderttausende Kunden werden dem Saldoverlust von bereits 300.000
alleine in 2007 folgen. Wenn sich das RWE dann weiter am
stärksten bei den Nachstromkunden bereichert, bekommen sie
demnächst in Ballungsgebieten wie dem Ruhrgebiet ein dickes
soziales Problem. Weil auch die Atomkraft u.a.
in Südosteuropa ein vielfach sehr riskantes Abenteuer werden
wird, kann sich das propagierte "voRWEg
gehen" schnell als "rückwärts stolpern" erweisen.
Zukunftsgerichtet,
wie es Energiefirmen in Kalifornien vorexerzieren, wirkt das RWE
jedenfalls kaum!
Pressemitteilung
Attac Deutschland
Essen, 17. April 2008
* Attac-Protest bei RWE-Hauptversammlung
in Essen
* Für eine soziale, demokratische, ökologische und
konzernfreie Stromwirtschaft
"Keine Profite auf Kosten der Zukunft - RWE den Stecker ziehen" - unter
diesem Motto haben am Donnerstag Aktivistinnen und Aktivisten des
globalisierungskritischen Netzwerkes Attac
vor der Essener Gruga-Halle gegen RWE
protestiert und die Überführung des Stromriesen in
öffentliche Hände gefordert. Anlass der Aktion war die
Hauptversammlung der RWE-Aktionäre in der Gruga-Halle.
Auf überdimensionalen Medaillen wiesen die Globalisierungskritiker
auf die Kehrseiten der von RWE erzielten Spitzenrenditen hin: unsoziale
Tarife, umwelt- und klimaschädigende
Technologien und die fehlende demokratische Kontrolle der
Stromwirtschaft.
"Eine
klimafreundliche und soziale Stromversorgung ist mit RWE nicht zu
machen", stellte Jutta Sundermann von der
bundesweiten Attac-Stromkonzernkampagne
"Power to the People" fest. Noch
am Montag hatte RWE-Chef Jürgen Großmann erneut
verkündet, RWE werde auch künftig auf Kohle setzen. "RWE
und die anderen Stromriesen orientieren sich ausschließlich an
den kurzfristigen Profitinteressen der Aktionäre, der so genannten
Shareholder. Den Preis zahlen die Mehrheit der Menschen und die
Umwelt", kritisierte Jutta Sundermann. Attac setzt sich ein für eine dezentrale,
demokratisch kontrollierbare Stromwirtschaft - basierend auf
erneuerbaren Energien. Attac tritt zudem
für eine soziale Grundversorgung mit Strom ein.
Während
RWE nach Rekordgewinnen in 2006 sein Konzernergebnis in 2007 erneut um
15 Prozent steigerte, müssen die Kunden immer tiefer in die Tasche
greifen. Um
etwa 50 Prozent haben die vier Energiekonzerne RWE, Eon, Vattenfall und
EnBW ihre Strompreise seit dem Jahr 2000
erhöht. Etwa 840.000 Haushalten in Deutschland wird jährlich
der Strom abgeklemmt, weil sie die Rechnung nicht mehr bezahlen
können. Während das ärmste Zehntel der Bevölkerung
durchschnittlich 8,4 Prozent seines verfügbaren Nettoeinkommens
für Haushaltsenergie (Wärme und Strom) ausgeben muss, sind es
für das reichste Zehntel nur 2,8 Prozent. "Die derzeitige
Stromwirtschaft ist eine Umverteilungsmaschine von Arm zu Reich. Einer
ihrer Motoren ist RWE", stellte Sabine Zimpel
vom bundesweiten Attac-Koordinierungskreis
fest.
Attac hat Anfang des Jahres eine
bundesweite Kampagne gegen die vier Stromriesen gestartet. Die
Globalisierungskritiker fordern ihre Enteignung und Zerlegung sowie
Überführung in kleinere, direkt-demokratisch kontrollierbare
Einheiten.
Mit seinem Protest stand Attac am
Donnerstag nicht allein da: Der Dachverband der Kritischen
Aktionäre und Urgewald sorgten bei
der Hauptversammlung für Aufsehen mit seinem Antrag, den
RWE-Vorstand wegen der klimafeindlichen Unternehmenspolitik nicht zu
entlasten.
Fotos der Aktion zum kostenlosen Download ab ca. 11 Uhr:
www.attac.de/energiekonzerne/cms/pages/fotos-amp-aktionsberichte.php
Weitere
Informationen im Internet:
www.attac.de/energiekonzerne
www.kritischeaktionaere.de
www.urgewald.de