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Frankfurt

Roth schlägt blanke Wut entgegen

"Petra, halte Wort!" Der wütende Protest von 1000 Mitarbeitern der Verkehrsgesellschaft Frankfurt (VGF) schlug OB Petra Roth (CDU) bei einer Betriebsversammlung entgegen. Die Beschäftigten wandten sich gegen die Privatisierung von Bussen und Bahnen.

Streikstimmung (Foto FR)

Frankfurt. Am Ende der zweieinhalb stündigen Versammlung bleiben die Standpunkte unversöhnbar, eine Einigung ist nicht in Sicht. 13.02 Uhr: Ein gellendes Pfeifkonzert und Buhrufe empfangen die Oberbürgermeisterin und Verkehrsdezernent Lutz Sikorski (Grüne), als beide mit ernsten Gesichtern die Werkstatthalle der VGF an der Heerstraße betreten. Sikorski sagt: "Ich will mir die Bedenken aus erster Hand anhören, mit vielen Leuten reden."

Dann wird die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Betriebsratschef Wolfgang Müller erinnert, wie Teilnehmer berichten, unter tosendem Beifall daran, dass die Belegschaft schon viele Opfer gebracht habe, dass 30 Millionen Euro bereits eingespart und Arbeitsplätze abgebaut worden seien. Mit dem geplanten Wegfall der Pauschalzahlung für den Weg zum Arbeitsplatz drohten den Beschäftigten bis zu 200 Euro weitere Einkommenseinbuße im Monat. Die Belegschaft sei bereit, bis 2010 schrittweise auf 157 Euro im Monat zu verzichten und die Krankenquote auf unter sieben Prozent zu senken.

Müller fordert die Stadt auf, die Zahlen des Betriebsrates, die Dezernent Sikorski anzweifelt, "durch einen unabhängigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer" kontrollieren zu lassen. Die jetzt von der schwarz-grünen Römer-Koalition angekündigte Ausschreibung 16 weiterer Buslinien sei nicht hinnehmbar. Müller verweist darauf, dass am 31. Januar 2011 die VGF-Konzession für den Schienenverkehr auslaufe und auch bei Straßen- und U-Bahn die Privatisierung drohe. Die Beschäftigten applaudieren.

Roth bleibt in ihrer Rede bei ihrer Linie: Sie lobt zwar die VGF für die bisher erbrachte Sanierungsleistung. Die VGF und ihre Bus-Tochter ICB seien aber "nicht wettbewerbsfähig" – es brauche bis 2009 weitere Einsparungen. Die OB will Kürzungen bei den Betriebs-und den Fahrzeugkosten. In der Werkstatt sollen weniger Fahrzeuge in Bereitschaft gehalten werden. Die Kosten jedes "Nutzkilometers" von Bussen und Bahnen der VGF, die heute zwischen 2,19 Euro und 2,62 Euro liegen, sollen um 30 Cent gesenkt werden.

Fahrkartenkontrolleure, Bus- U-Bahn-und Straßenbahnfahrer, Schalterpersonal: Von 10 Uhr an machten sich viele VGF-Mitarbeiter auf den Weg zur Betriebsversammlung. Busse brachten die Hälfte der Belegschaft dorthin, während der öffentliche Nahverkehr in Frankfurt langsam ausgedünnt wurde.

"Erst der Bus, dann die U-Bahn – die Stadt Frankfurt verkauft ihr Tafelsilber", steht auf Plakaten in der Halle. Oder auch schlicht: "Petra, halte Wort!" Das bezieht sich auf die Aussage der OB bei der Zehn-Jahres-Feier der VGF 2006, auch künftig werde die Gesellschaft den Busverkehr übernehmen. "Wir sind geschlossen gegen die Privatisierung – dadurch wird sich nichts verbessern, im Gegenteil: Der Service für die Bürger wird sich verschlechtern." Fahrkartenkontrolleur Helmut Ax spricht aus, was seine Kollegen denken.

Straßenbahnfahrer Frank Matthias sagt: "Wir bei der Straßenbahn sind solidarisch mit den Busfahrern – uns kann es in ein paar Jahren auch treffen." Unterstützung kommt vom Frankfurter DGB-Chef Harald Fiedler: Schwarz-Grün trage mit der Vergabe von Buslinien dazu bei, "dass die Bezieher von Arbeitslosengeld II in Frankfurt mehr werden". Der SPD-Europaabgeordnete Udo Bullmann wirft Roth und Sikorski vor, sie wollten "Lohndumping beim Busverkehr". Claus-Jürgen Göpfert

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Dokument erstellt am 24.04.2007 um 16:01:07 Uhr
Letzte Änderung am 25.04.2007 um 07:41:43 Uhr
Erscheinungsdatum 25.04.2007