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Die rot-rote Fortsetzung des Berliner Bankenskandals

von Benedict Ugarte Chacón

Der rot-rote Senat belastet den Landeshaushalt in unverantwortlicher Weise und privatisiert die Berliner Sparkasse. Eine Entgegnung auf Klaus Lederer.

[Der Text von Klaus Lederer ist zu finden unter: http://umzug.warenform.de/projekte/benjaminhoff/blobs/2690/Sparkasse-Lederer.pdf]

Mit seinem Text „Privatisierung der Berliner Sparkasse?“  versucht der nicht mehr ganz so neue Berliner Landesvorsitzende der Linkspartei.PDS, Klaus Lederer, in staatstragender Manier den Umgang des rot-roten Senates mit der krisengeschüttelten Bankgesellschaft Berlin AG zu rechtfertigen. Dabei greift er auf die gängigen Erklärungsmuster zurück, die wir auch schon von seinem Kollegen Sarrazin kennen. Bspw. behauptet er, die Bankgesellschaft befinde sich auf einem Sanierungskurs , es hätte, als die Krise der Bank im Jahre 2001 offenbar wurde, keine Alternative zur Rettung des Konzerns gegeben  und weiterhin sei die angestrebte Veräußerung der Bankgesellschaft mitsamt der Berliner Sparkasse nahezu unumgänglich und eine Konsequenz der Entscheidung der EU-Kommission über die Beihilfen des Landes Berlin zu Gunsten der Bankgesellschaft.  Gleichzeitig behauptet er: „Die Linkspartei.PDS setzt sich für die Erhaltung eines funktionsfähigen Sparkassensektors für die Sicherung der Grundbedürfnisse der Bevölkerung und der klein- und mittelständischen Unternehmen ein. (...) Es ist ein Gebot politischer Vernunft, an der politischen und rechtlichen Zulässigkeit der so genannten dritten Säule des Bankensektors nach allen Möglichkeiten festzuhalten.“

Die Bankgesellschaft hatte sich nach ihrem durch die Berliner Politik verhinderten Zusammenbruch im Jahre 2001 und dem Austausch ihrer Führungsetage zumindest in so weit fangen können, dass ihr jetziger Vorstandsvorsitzender Hans-Jörg Vetter keine Gelegenheit mehr auslässt, zu betonen, bei der Bankgesellschaft handele es sich nach entsprechenden Sanierungsbemühungen um eine „ganz normale Bank“.  Dieser neue Zustand der Bank geht angeblich u. a. auf die nach der Krise im Jahr 2001 vorgenommene konsequente Ausrichtung des Konzerns auf die Region Berlin-Brandenburg und eine Verbesserung des Risikomanagements und des Risikocontrollings zurück.  Zur neuen Normalität gehören weiterhin die seit 2002 alljährlich von Bankgesellschaft, Berliner Politik und Berliner Presse bejubelten „Gewinnsprünge“ des Konzerns.  So gab Vetter im Februar diesen Jahres bekannt, die Bankgesellschaft habe ihr Vorsteuerergebnis für das Geschäftsjahr 2005 mehr als verdoppelt und könne sich auf einen Gewinn von 250 Mio. Euro freuen, der nach „steuerlichen Sondereffekten“ gar zu einem Ertrag von 293 Mio. gewachsen sei.  Auch die diesjährige Freude über das Ergebnis lassen sich die Verantwortlichen nicht durch den Umstand trüben, dass dieses überwiegend auf Einmaleffekte wie den Teilverkauf der Weberbank zurückzuführen ist und – ähnlich wie in den letzten Jahren – auf ein Zurückfahren der Risikovorsorge, diesmal von ursprünglich 200 auf 147 Mio. Euro.  Im operativen Geschäft erzielte der Konzern ein negatives Ergebnis von 10 Mio. Euro, während es im Jahr zuvor 22 Mio. Euro waren.

Möglich wurde dieses zugegebenermaßen passable Geschäftsergebnis durch die Maßnahmen der Berliner Politik, die diese nach der Offenbarung der Bankenkrise ergriff.

Wir erinnern uns: Die Bankgesellschaft wies für das Geschäftsjahr 2000 einen Fehlbetrag von 1,6 Mrd. Euro aus.  Der Konzern hatte im Verbund mit Politikern von CDU und SPD begleitet vom Totalausfall jeglicher Kontrollen Risiken in Milliardenhöhe angehäuft, welche insbesondere auf sein Immobiliendienstleistungsgeschäft zurückzuführen waren. Nachdem die SPD den sog. Bankenskandal, der die permanente Krise des Konzerns seit seiner Gründung im Jahre 1994 offenbarte, für den Ausstieg aus der großen Koalition genutzt hatte, bildete sie zusammen mit den Grünen einen von der PDS tolerierten Übergangssenat und sorgte für eine Kapitalerhöhung von rund 1,8 Mrd. Euro. Nach dieser Kapitalerhöhung befand sich das Land Berlin im Besitz von 81 % der Anteile der Bankgesellschaft.  Unter dem seit Herbst 2001 regierenden rot-roten Senat beschloss das Abgeordnetenhaus von Berlin im April 2002 das „Gesetz zur Ermächtigung des Senats zur Übernahme einer Landesgarantie aus dem Immobiliendienstleistungsgeschäft der Bankgesellschaft Berlin AG und einiger ihrer Tochtergesellschaften“ (Risikoabschirmungsgesetz).  Die abzuschirmende Summe wurde auf 21,6 Mrd. Euro hochgerechnet.

Seit diesen Maßnahmen betont der rot-rote Senat gebetsmühlenartig, es habe außer der damit angestellten Rettung des maroden Konzerns keine kostengünstigere Alternative für das Land Berlin gegeben. Diese Überzeugung ist im Grunde auf ein „Insolvenzszenario“ zurückzuführen, welches im Auftrag des Finanzsenators erstellt wurde und welches die konkreten Auswirkungen einer Insolvenz der Bankgesellschaft auf den Haushalt des Landes Berlin aufzeigen sollte. Nach eingehender Beratung dieses „Insolvenzszenarios“ kam der Vermögensausschuss des Abgeordnetenhauses zu dem Schluss, dass eine Insolvenz der Bankgesellschaft den Landeshaushalt mit einem zweistelligen Milliardenbetrag belasten würde.  Die Risikoabschirmung stelle also die „billigere“ Lösung dar. Auch Lederer schlägt in diese Kerbe: „Angesichts dieser Situation während des ‚Bankenskandals’ war aus unserer Perspektive keine handgreifliche Alternative zur Garantieerklärung, der ‚Risikoabschirmung’, ersichtlich, die die ökonomische Krise mit all ihren Folgen für die Berlinerinnen und Berliner beherrschbarer hätte werden lassen.“  In dieser Auffassung spiegelt sich die altbekannte – als „Realpolitik“ getarnte – Phantasielosigkeit und Ängstlichkeit selbsternannt-linker Politiker wider. Der rot-rote Senat hat es unterlassen, die Bankgesellschaft und mit ihr alle ihrer Geschäftsfelder einer wirklich unabhängigen Revision durch wirklich unabhängige Sachverständige zu unterziehen. Nicht nur der Immobiliendienstleistungsbereich der Bankgesellschaft war bis zu seiner Übernahme durch das Land Berlin mit enormen Risiken belastet, auch in weiteren Geschäftsfeldern der Bank schlummerten hohe Risiken.  Anstatt den Konzern unter seine Kontrolle zu bringen, verließ sich der Senat blauäugig auf Verlautbarungen der Bankgesellschaft und ihrer Umgebung. Auch besagtes „Insolvenzszenario“ wurde von der Bankgesellschaft selbst erstellt.

Die von Lederer angeführte Alternativlosigkeit zu den bereitwillig abgegebenen Landesgarantien bestand nur vermeintlich. Lederer unterstellt – genau wie der rot-rote Senat – dass das Land Berlin in „Vollhaftung“  für alle Geschäfte der LBB, die wiederum zahlreiche Risiken der anderen Teilbanken der Bankgesellschaft übernahm, stand. Weder der rot-rote Senat noch der Jurist Lederer haben sich die Mühe gemacht, diese angebliche Vollhaftung des Landes juristisch zu überprüfen. Es bestehen nach wie vor erhebliche Zweifel, ob die mittlerweile abgeschaffte Gewährträgerhaftung des Landes unbegrenzt für alle Geschäfte der Bankgesellschaft tatsächlich bestand.  Mit seiner Behauptung, mit den abgegebenen Landesgarantien würde die Haftung des Landes „nicht erst begründet, sondern kreditwirtschaftlich und –rechtlich realisiert“  begibt sich Lederer – wahrscheinlich unfreiwillig – in Komplizenschaft zum alten schwarz-roten Filz, der mit der Konstruktion der Bankgesellschaft genau dieses Resultat herbeiführen wollte.

Die Alternative zur Rettung der Bankgesellschaft wäre ihre kontrollierte Entflechtung und Insolvenz gewesen: Die Unternehmensteile, welche am Markt hätten bestehen können, hätten erhalten werden können, diejenigen, die dazu nicht in der Lage gewesen wären, hätten liquidiert werden müssen. Die Rettung des einst maroden Konzerns gelang nur dadurch, dass der rot-rote Senat das Land Berlin für die Bank in die Bresche springen ließ. Die Berliner PDS verbiss sich zur Rechtfertigung dieser Politik in diverse Fehleinschätzungen, die sie teilweise bis heute aufrecht erhält. Bspw. verweist sie nicht nur auf besagtes „Insolvenzszenario“ der Bankgesellschaft, auch behauptete sie, 60 % der kleinen und mittelständischen Unternehmen in Berlin wären durch eine Insolvenz der Bankgesellschaft in ihrer Existenz bedroht gewesen.  Von den angeblichen Sorgen, die sich die PDS um „mehrere Tausend Arbeitsplätze“ , die bei einer Insolvenz der Bankgesellschaft verloren gegangen wären, machte, ist heute auch nicht mehr viel zu hören. Während der „Sanierung“ der Bankgesellschaft sank die Mitarbeiterzahl von 17 000 auf 8200.
Wir müssen leider festhalten, dass sich der rot-rote Senat zu keinem Zeitpunkt ernsthaft mit alternativen Vorschlägen zur Lösung der Bankenkrise befasst hat. Vielmehr zementierte er mit seiner Beihilfe- und Risikoübernahmepolitik den mit der Gründung der Bankgesellschaft im Jahre 1994 geschaffenen Zustand: Gewinne werden privatisiert – Verluste werden sozialisiert.

Ob die „Risikoabschirmung“ überhaupt mit geltendem Recht in Einklang zu bringen ist wurde vom Senat nicht überprüft. Die mit dem Risikoabschirmungsgesetz übernommene Garantie ist der Höhe nach nicht bestimmt – sie wurde willkürlich auf 21,6 Milliarden Euro festgelegt – und dies widerspricht u. a. Art. 115 des Grundgesetzes.

Der rot-rote Senat hat durch sein kurzsichtiges und ignorantes Vorgehen im Umgang mit der Bankgesellschaft also die Grundlage dafür geschaffen, dass der künstlich am Leben gehaltene Konzern das Land weiterhin gleich einem parasitären Gebilde belasten kann. Ob die Rettung der Bankgesellschaft das Land tatsächlich so „billig“ kommt, wie der Senat den Berlinern und Berlinerinnen weiszumachen versucht, ist fraglich. Bislang liegt die Summe für die Inanspruchnahme der Risikoabschirmung ohne die Abfindung an die Zeichner der berüchtigten Sorglos-Fonds bei einer Summe zwischen 4,7 und 7,2 Mrd. Euro, deren Zahlung in den nächsten 20 Jahren erfolgt. Hinzu zu addieren sind:

-    die Kapitalerhöhung aus dem Jahre 2001 mit 1,8 Mrd. Euro
-    die laut Finanzplanung des Senates jährliche Zinsbelastung durch die Krise der BGB ab 2002 in einer bisherigen Gesamthöhe von einer Milliarde Euro
-    1,1 Mrd. Euro, die die Rückführung von Eigenkapital nach der Ausgliederung der Investitionsbank Berlin (IBB) im Jahre 2004 kostete
-    1,1 Mrd. Euro, die nach Rückzahlungspflicht durch die EU einen Sanierungszuschuss darstellen, welcher dem bislang genutzten Kapital der ehemaligen Wohnungsbaukreditanstalt (jetzt IBB) verzinst entspricht
-    1,8 Mrd. Euro, die der Senat zur Abfindung der Zeichner der Sorglos-Fonds per Kreditaufnahme bereitstellen will
-    geschätzte 0,9 Mrd. Euro, die die Revitalisierung der Gewerbe-Immobilien nach dem Erwerb des Immobiliendienstleistungsgeschäftes für einen Euro kostet und
-    ein geschätzter bisheriger Aufwand für Controlling durch die Berliner Gesellschaft zum Controlling der Immobilien Altrisiken (BCIA), diverse Gutachten und Rechts- und Verwaltungsaufwendungen in Höhe von 0,5 Mrd. Euro.

Daraus ergibt sich schon jetzt eine Summe zwischen 12,9 und 15,4 Mrd. Euro, die nach Rettung und „Sanierung“ der Bankgesellschaft aus dem Berliner Landeshaushalt beglichen wurde bzw. beglichen werden muss.  Der befürchtete zweistellige Milliardenbetrag ist also schon heute erreicht. Würde man den Kursverfall der Bankgesellschafts-Aktie mit ca. 2 Mrd. Euro bis Mitte 2004 mit einbeziehen, dann sähe die Schadensbilanz noch ungünstiger aus.
 
Welche Kosten auf das Land durch die übernommenen Immobiliendienstleistungsgeschäfte zukommen, ist noch nicht absehbar. So kommt auf das Land Berlin z. B. die Aufgabe zu, weltweit 30 000 Mietverträge zu verwalten, eine hohe Anzahl der in den Fonds befindlichen Schrottimmobilien zu sanieren und zu hoffen, dass der hohe Leerstand in vielen Fondsobjekten nach und nach zurückgeht.

Lederer bezeichnet den Umgang des rot-roten Senates mit der Bankgesellschaft als „grundlegende Voraussetzung für einen Sanierungskurs“.  Richtig daran ist, dass ohne die öffentlichen Gelder, die die Bankgesellschaft bislang verschlungen hat, der Konzern nicht lebensfähig wäre. Ergänzt werden muss allerdings, dass diese „Sanierung“ – also die Abschiebung von verlustbringenden Geschäftsfeldern auf das Land Berlin verbunden mit dem Abbau von Arbeitsplätzen und dem Verkauf des Tafelsilbers zur Bilanzkosmetik – dem Land Berlin nur sehr begrenzt zu Gute kommt. Der Verkaufserlös der Bankgesellschaft mitsamt der Berliner Sparkasse wird von Sarrazin auf vergleichsweise magere drei Milliarden Euro geschätzt.  Vor dem Hintergrund der immensen finanziellen Unterstützung, die der Konzern vom Land Berlin erhalten hat, ist das aktuelle Gewinnsprünglein der Bank erstens keine große Kunst und zweitens sollten wir zukünftig nicht mehr irreführend von „Sanierung“ sprechen, sondern die Vorgänge als das bezeichnen, was sie sind: Die Vorbereitung der Privatisierung auf Kosten des Landes Berlin.

Die Voraussetzungen für eine Privatisierung hat der rot-rote Senat mit seiner Beihilfepolitik geschaffen. Die EU-Kommission sah in der Kapitalerhöhung von rund 1,8 Mrd. Euro und in der „Risikoabschirmung“ von bis zu 21,6 Mrd. Euro „staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag“.  Die angenommene Begünstigung der Bankgesellschaft droht laut dieser Auffassung also den Wettbewerb zu verfälschen. Dennoch genehmigte die Kommission diese Beihilfen im Nachhinein, wenn auch unter bestimmten Bedingungen, denen Deutschland, vertreten durch Finanzsenator Sarrazin, den Regierenden Bürgermeister von Berlin Klaus Wowereit und den damaligen Staatssekretär im Bundesfinanzministerium Caio Koch-Weser, im Dezember 2003 zustimmte.  Diese Bedingungen sehen u. a. vor, dass die Berliner Bank AG, mittlerweile eine Abteilung der LBB, bis Oktober 2006 aus dem Verbund der Bankgesellschaft herausgelöst und separat verkauft wird. Weiterhin hat sich das Land Berlin bis Ende 2007 von seinen Anteilen an der Bankgesellschaft zu trennen.  Eine Veräußerung der Berliner Sparkasse sieht diese Auflage jedoch nicht vor. Vielmehr betonte die EU-Kommission auf Anfrage der EU-Abgeordneten Sarah Wagenknecht: „Die Kommission weist darauf hin, dass das Land Berlin im Rahmen des Umstrukturierungsplans die Veräußerung der BGB einschließlich der Berliner Sparkasse vorgesehen hat.“  Dies bedeutet, der rot-rote Senat, der ja den Umstrukturierungsplan erarbeitet hat, hat es seit dem „Bankenskandal“ darauf angelegt, die Berliner Sparkasse zu verkaufen - denn ohne Berliner Sparkasse wäre der Rest-Konzern wohl auch nicht viel wert. Diesen Umstand gibt auch Lederer unumwunden zu.

Die Auffassung Lederers, die Berliner Sparkasse müsse, weil mit ihr „weitgehend stabile Erträge“  zu erwarten seien, im umstrukturierten Bankgesellschafts-Konzern verbleiben und mit diesem veräußert werden, ist erstaunlich. Lederer behauptet: „Das Unternehmen muss durch die Beihilfe in die Lage versetzt werden, fortan aus eigener Kraft im Wettbewerb ohne weitere staatliche Zuwendungen bestehen zu können. Daraus folgt auch, dass das Unternehmen nach der Privatisierung für sich und insgesamt ökonomisch lebensfähig sein muss. Dies wäre bei der Ausgründung einer öffentlich-rechtlichen Sparkasse aus der Konzernsubstanz allerdings nicht mehr gegeben...“

Erstaunlich ist diese Auffassung, weil sie offenbart, dass Lederer den Kapitalismus nicht verstanden hat. Denn ob das, was tatsächlich verkauft wird, im Wettbewerb bestehen kann, regelt der Markt – nach einer Privatisierung ist das nicht mehr Angelegenheit des Landes Berlin. Fragwürdig an dieser Auffassung ist, warum der einzige Teil des Konzerns, dem zugetraut wird, stabile Erträge abzuwerfen, aus der Hand gegeben werden soll. Nicht nur, dass der rot-rote Senat schon Milliarden in die Bankgesellschaft hineingepumpt hat – nun will er das Land auch noch um die zukünftigen Erträge bringen. Und dies für einen erhofften Verkaufserlös von 3 Milliarden Euro.

Aus der Linkspartei.PDS ist immer wieder zu hören, dass der Senat sich durchaus bemühe, die Berliner Sparkasse weiterhin als ein am Gemeinwohl orientiertes Institut zu erhalten.  Auch Lederer versucht, uns dergleichen weiszumachen: Die „Linke“ – damit meint er die Berliner Linkspartei.PDS – habe sich um die „Durchsetzung von praktischen Lösungen der Aufgabenerfüllung, die den Bedürfnissen der Bevölkerung, der demokratischen und transparenten öffentlichen Steuerung unter den konkreten Verhältnissen (...) gerecht werden“  zu bemühen.

Zu diesem Zweck beschloss das Abgeordnetenhaus mit der Stimmenmehrheit von SPD und PDS am 16. Juni 2005 das „Gesetz über die Berliner Sparkasse und die Umwandlung der Landesbank Berlin – Girozentrale – in eine Aktiengesellschaft“ (Berliner Sparkassengesetz – SpkG ).  Dieses Gesetz schafft die Voraussetzung dafür, dass die Berliner Sparkasse von einem privaten Investor übernommen werden kann – ein Novum in der bundesdeutschen Sparkassenlandschaft. Laut dem neuen Gesetz wurde die Landesbank Berlin (LBB), bislang eine Anstalt öffentlichen Rechts, zum 1. Januar 2006 in eine Aktiengesellschaft (LBB AG) umgewandelt, wobei die Bankgesellschaft das gesamte Grundkapital der LBB AG übernahm. Die zukünftigen Gewinne der LBB AG stehen also nach wie vor der Bankgesellschaft zu. Die Berliner Sparkasse, bisher eine Abteilung der LBB, wurde zu einer teilrechtsfähigen Anstalt öffentlichen Rechts. Mit der Trägerschaft der Berliner Sparkasse wurde die LBB AG beliehen. Diese Konstruktion ist gar nicht so neu. Dadurch, dass die Berliner Sparkasse nach dem neuen Gesetz kein eigenes Vermögen mehr hat – dieses ist vielmehr ihrem Träger, also der LBB AG, zugeordnet und wird eines Tages dem Käufer der Bankgesellschaft zugeordnet sein – unterscheidet sich dieses Modell nur scheinbar von den bereits bekannten Holdingmodellen der fast zusammengebrochenen Bankgesellschaft Berlin AG und der Berliner Wasserbetriebe.

Dies ist wiederum nicht allzu verwunderlich, denn entgegen der landläufigen Meinung machen in Berlin nicht die Politiker und Senatoren die Gesetze, sondern sowohl beim Sparkassengesetz als auch bei der Konstruktion der teilprivatisierten Berliner Wasserbetriebe waren hauptsächlich vom Senat beauftragte Kanzleien mit der Kreation von Gesetzes- und Vertragstexten betraut.

Die Macher des Sparkassengesetzes sind die Anwälte der internationalen Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer , diese hat den Senat auch im Verfahren vor der EU-Kommission beraten.  Nun liegt es in der Natur solcher Kanzleien – oder auch law firms – dass sie in erster Linie an sich selber denken bzw. ihren eigenen Profit im Auge haben. Sie versuchen durch ihre (juristische) Beratertätigkeit sich entsprechende Folgeaufträge zu sichern und schaffen es immer wieder, sich unentbehrlich zu machen. Das Wirken von Freshfields Bruckhaus Deringer kennen wir z. B. aus dem Desaster um die Einführung der LKW-Maut: Die Kanzlei erarbeitete den 18 000-Seiten-Vertrag zwischen dem Bund und dem Maut-Konsortium. Als es um Schadensersatzansprüche seitens des Bundes ging, konnte das Verkehrsministerium den Vertrag nicht interpretieren und es wurde ein weiterer Beratervertrag fällig.

Freshfields Bruckhaus Deringer kennt sich nicht nur mit der Maut aus, sondern auch in Bankenangelegenheiten. Nach Medienberichten ist die Kanzlei mit dem Bundesverband deutscher Banken  und diversen Großbanken  über Berateraufträge eng verbunden und diesen Auftraggebern sind die öffentlich-rechtlichen Sparkassen ohnehin ein Dorn im Auge.

Wir wollen dem rot-roten Senat keine böse Absicht unterstellen. Jedoch muss er sich fragen lassen, warum er sich ausgerechnet von Lobbyisten aus dem Bereich der privaten Banken beraten lässt und besagte Lobbyisten ungehindert auf den Entstehungsprozess des Berliner Sparkassengesetzes massiven Einfluss nehmen konnten.

Dem Sparkassengesetz begegnen erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken: Das für eine Beleihung erforderliche sogenannte demokratische Legitimationsniveau ist nicht erreicht. Lederer betont zwar, nach dem Sparkassengesetz könne das Land „als Aufsichtsführender über LBB AG (als Träger der Anstalt) und Sparkasse auf die Besetzung der Organe Einfluss nehmen.“  Auf den ersten Blick scheint dies tatsächlich gegeben. Laut Sparkassengesetz muss der Vorstand der Berliner Sparkasse aus sämtlichen Mitgliedern des Vorstandes der LBB bestehen. Der Vorstand des Trägers der Berliner Sparkasse – z. Zt. der Vorstand der LBB, später der Vorstand der verkauften LBB – bestimmt den Vorstand der Berliner Sparkasse und die zuständige Senatsverwaltung soll diesem Vorschlag zustimmen. Problematisch bei der praktischen Durchführung dieses Modells könnte der Fall sein, dass der Aufsichtsrat der verkauften LBB irgendwann einmal ein Vorstandsmitglied beruft, welches der zuständigen Senatsverwaltung nicht passt. Was passiert dann? Würde die zuständige Senatsverwaltung sich dem Willen der verkauften LBB beugen oder es auf einen Konflikt ankommen lassen? Die im Gesetz vorgesehene öffentliche Kontrolle der Berliner Sparkasse ist demnach Makulatur – damit jedoch sicherlich im Interesse eines privaten Investors.

Es gibt noch einen weiteren fragwürdigen Punkt am Berliner Sparkassengesetz. Das Gesetz ermöglicht, dass die Gewinne der Berliner Sparkasse an einen privaten Träger ausgeschüttet werden können. Dies allerdings ist laut Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nicht mit § 40 Kreditwesengesetz vereinbar, da die Gewinne entweder beim Institut zu verbleiben hätten oder gemeinnützig verwendet werden müssten. Wenn nun Lederer zu recht darauf verweist, dass die Gewinne der Berliner Sparkasse in der Vergangenheit auch nicht gemeinwohlbezogen eingesetzt wurden , rechtfertigt dies noch lange nicht die Fortsetzung dieses Zustandes. Vielmehr wäre es gerade an einem sozialdemokratisch-sozialistischen Senat gewesen, diesen Zustand im Sinne des Gemeinwohls zu beenden.

Das Hauptproblem bei der Privatisierung der Berliner Sparkasse bleibt allerdings, dass aufgrund der für den privaten Bankensektor garantierten Vertragsfreiheit nur öffentlich-rechtliche Institute einem Kontrahierungszwang gesetzlich unterworfen werden können. Kontrahierungszwang heißt, nur öffentlich-rechtliche Institute können derzeit gesetzlich dazu verpflichtet werden, ein „Konto für jedermann“ anzubieten – dies ist eine Problematik, die in Zeiten von Hartz IV besonders relevant ist.

Das Sparkassengesetz sieht einen solchen Kontrahierungszwang nicht vor, obwohl es möglich gewesen wäre, diesen festzuschreiben. Zwar hat sich die Berliner Sparkasse gegenüber der Senatsverwaltung selbst „verpflichtet“, was nach einem Urteil des Landgerichts Berlin vom 24.4.2003  einem Betroffenen einen einklagbaren Anspruch auf Eröffnung eines Girokontos gab. Angesichts eines Urteils des Oberlandesgerichts Bremen vom 22.12.2005  ist dieser Anspruch jedoch für die Zukunft nicht gesichert. Wer nicht gänzlich naiv ist, wird der Einschätzung zustimmen, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, wann diese Selbstverpflichtung zurückgenommen wird. Sie könnte sich nämlich auf den Verkaufserlös auswirken und der soll ja nach Wunsch von SPD und Linkspartei.PDS möglichst hoch ausfallen.

Halten wir also fest: Die Bankgesellschaft Berlin wird mit enormen Geldgeschenken des Landes Berlin für ihre Privatisierung herausgeputzt. Das Land übernimmt Verluste, Risiken und Schrottimmobilien, die den Landeshaushalt noch über Jahre belasten werden. Der einzig werthaltige Teil des herausgeputzten Konzerns – die Berliner Sparkasse – soll mit Hilfe des vom rot-roten Senats in Zusammenarbeit mit der Bankenlobby ersonnenen Berliner Sparkassengesetztes an einen privaten Investor veräußert werden. Ob die Berliner Sparkasse nach ihrer Privatisierung noch die Bedürfnisse der Bevölkerung erfüllt, ist mehr als fraglich.

Wenn Lederer sich auf „Altlasten“  herausredet ist dies irreführend. Der rot-rote Senat – und vor ihm der rot-grüne Übergangssenat – hat diese Zustände durch seine Beihilfepolitik erst herbeigeführt. Ebenso irreführend ist es, wenn sich Politiker der Linkspartei.PDS hinter den Auflagen der EU zu verstecken suchen. Die Auflagen der EU wurden als Reaktion auf die rot-rote Beihilfepolitik erteilt. Der Bankenskandal wird fortgesetzt – mit Hilfe der Linkspartei.PDS.