Zurueck zur Homepage
Mehrheit will niedrigere Gaspreise

Frankfurter Politiker fordern Mainova zur Tarifsenkung auf / Energieversorger denkt an erneute Erhöhung

Eine Mehrheit von SPD, Grünen und FDP in Frankfurt will die Senkung der Gaspreise. Der städtische Energieversorger Mainova lehnt dies aber ab - trotz Aufforderung des hessischen Wirtschaftsministers. Mainova denkt sogar an eine weitere Erhöhung.

VON PETER DIETZ UND CLAUS-JÜRGEN GÖPFERT

Frankfurt · 1. März · Die Aufforderung von Wirtschaftsminister Alois Rhiel (CDU) als Landeskartellamt an 19 Energieversorger im Land, bis 14. März ihre Gaspreise zu senken, sorgt für große Aufregung im Frankfurter Römer. Denn einer der 19 angemahnten Anbieter ist die Mainova, an der die Stadt über die Stadtwerke mehr als 75 Prozent der Anteile hält.

Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU) als Mainova-Aufsichtsratsvorsitzende nennt den Brief des Parteifreundes Rhiel "eine wichtige Information, die sorgfältig geprüft werden muss". Erwiesen sich die Gastarife tatsächlich als unbegründet hoch, so Roths Referent Felix Semmelroth, "wird die OB Konsequenzen ziehen". CDU-Fraktionschef Uwe Becker will erst einmal die Argumente von Mainova abwarten. Für die Fraktionen von Sozialdemokraten, Grüne und FDP im Römer ist dagegen klar: Mainova muss der Aufforderung des Wirtschaftsministeriums nachkommen und die Preise senken. "Der Weisung aus Wiesbaden sollte gefolgt werden", meint SPD-Fraktionschef Klaus Oesterling.

Schon im Dezember sei die von Mainova angestrebte Erhöhung des Gaspreises "nicht nachvollziehbar" gewesen, ergänzt Oesterlings Stellvertreter Peter Feldmann. Deshalb habe die SPD damals nicht zugestimmt. Das Land Hessen bestätige jetzt diese Entscheidung. Nur der SPD-Unterbezirksvorsitzende Franz Frey, der im Mainova-Aufsichtsrat sitzt, hält es für "problematisch, der Mainova eine genaue Vorgabe zu machen".

Grünen-Fraktionschef Lutz Sikorski erwartet dagegen, "dass Mainova die Preissenkung sofort vollzieht". Für einen entsprechenden Auftrag an das städtische Unternehmen gebe es im Magistrat eine breite politische Mehrheit. Bei den Gaspreisen im Lande existierten "nicht nachvollziehbare Unterschiede". Auch FDP-Fraktionschef Volker Stein fordert die Senkung der Gaspreise. Die Gebühren seien "nicht nachvollziehbar". Mainova habe allein 2003 einen Gewinn von gut 60 Millionen Euro erzielt.

Mainova: Preise sind gerecht

Mainova gibt sich unbeeindruckt. Eine weitere Erhöhung der Gaspreise sei "nicht auszuschließen", sagte ein Mainova-Sprecher gestern auf Anfrage. Dies könne "zeitnah" geschehen: "Wir sind am prüfen."

Eine Tarifsenkung lehnt das Unternehmen ab. "Unsere Preise sind gerecht", sagte der Sprecher. Mainova will davon auch das Wirtschaftsministerium überzeugen, bis 28. März hat der Energieversorger Zeit für eine Stellungnahme. Noch hofft Wirtschaftsminister Alois Rhiel (CDU) auf eine freiwillige Preissenkung, "um nach Möglichkeit kartellrechtliche Verfügungen zu vermeiden". Sollten aber Energieversorger eine Preissenkung verweigern und keine plausiblen Gründe für ihre hohen Tarife vorlegen, "wird es Preissenkungsverfügungen geben", droht Rhiel. Die aber könnten einen langwierigen Rechtsstreit nach sich ziehen.

Zum Jahreswechsel hatte Mainova die Preise zuletzt erhöht, für voll versorgte Heizgaskunden im Tarif "Komplett" stiegen die Arbeitspreise um 0,28 Cent pro Kilowattstunde. Den Aufschlag begründete Mainova mit steigenden Beschaffungskosten auf dem Weltmarkt. Mancher der rund 203 000 Mainova-Kunden wollte das nicht hinnehmen; rund 50 Verbraucher verweigern die volle Zahlung des Aufschlags. Der Energieversorger drohte diesen Abnehmern mit Kündigung der Sonderkonditionen und Umstufung in den teureren Allgemeinen Tarif. Noch aber sei kein Kunde im Tarif umgestellt worden, sagte der Mainova-Sprecher. Das Unternehmen will sich einer Musterklage des Bundesverbands der Gas- und Wasserwirtschaft anschließen.

---------------------------------------
DRUCK AUF GASPREISE

Das hessische Wirtschaftsministerium hat 19 Gasversorger aufgefordert, ihre Gaspreise bis 14. März zu senken.
Vorausgegangen war eine kartellrechtliche Überprüfung aller 46 Versorger in Hessen. Die 19 Unternehmen hätten Preise verlangt, die um zehn Prozent über den günstigsten Anbietern liegen. Dies begründe "den Verdacht des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung". Zur Rechtfertigung können die Versorger nur Einflüsse vortragen, "die durch objektiv vorhandene ungünstige Verhältnisse im Versorgungsgebiet verursacht sind". Das Ministerium will die 19 abgemahnten Unternehmen bisher nicht öffentlich benennen -auch "um die Gespräche über Preissenkungen nicht durch öffentlichen Druck zu belasten", pdi

[ document info ]
Copyright © Frankfurter Rundschau online 2005
Dokument erstellt am 01.03.2005 um 19:20:07 Uhr
Erscheinungsdatum 02.03.2005
 
 


 
 

KOMMENTAR

Machtkampf

VON CLAUS-JÜRGEN GÖPFERT

Im Frankfurter Rathaus steht eine ungewöhnliche Premiere an. Das mehrheitlich städtische Energieversorgungsunternehmen Mainova könnte erstmals durch Beschluss der Stadtregierung dazu gebracht werden, endlich die Gaspreise zu senken. Was sich aus Sicht des Bürgers als recht normal, ja selbstverständlich darstellt, bedeutet für einige Kommunalpolitiker geradezu einen Tabubruch: Die Politik griffe in die wirtschaftliche Tätigkeit eines kommunalen Unternehmens ein. Tatsächlich reicht die Bedeutung des aufflammenden Konflikts aber weit über Frankfurt hinaus. Zum ersten Mal hat ein hessischer Wirtschaftsminister 19 Energieversorgern des Landes eine Frist zur Senkung ihrer Gas-Tarife gesetzt. Ein grundsätzlicher Machtkampf erwächst: Sind Unternehmen, die oft in ihrer Region ein Energiemonopol besitzen, völlig frei in der Gestaltung ihrer Preise - oder kann die Politik im Interesse der Verbraucher noch eingreifen?

Tatsächlich ist die Gestaltung der Gas-Tarife für viele Bürger längst nicht mehr nachvollziehbar, besteht der Verdacht, dass Energieversorger ihre marktbeherrschende Stellung missbrauchen. Es liegt jetzt an den Politikern, nicht nur in Frankfurt, für Aufklärung zu sorgen. Können die Unternehmen den Verdacht des wirtschaftlichen Missbrauchs nicht entkräften, dann gibt es nur eines: Herunter mit den Preisen!

[ document info ]
Copyright © Frankfurter Rundschau online 2005
Dokument erstellt am 01.03.2005 um 19:20:09 Uhr
Erscheinungsdatum 02.03.2005