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HINTERGRUND

Milliardenschwere Geschäfte mit Immobilien

Die Finanzindustrie ist dafür, Unternehmen den Verkauf ihrer Immobilien zu erleichtern und Real Estate Investment Trusts zuzulassen. Kritiker warnen - nicht nur - vor den Folgen für die Staatskasse.

VON CORELL WEX

Das Kölner Bankhaus Sal. Oppenheim und die US-Investmentbank JP Morgan träumen vom großen Geld mit Immobilien im Kapitalmarktgeschäft. Eine strategische Partnerschaft wurde bereits geschlossen. Das Duo spekuliert darauf, dass bald auch in Deutschland Real Estate Investment Trusts, kurz Reits, zugelassen werden. Das würde die Geschäfte auf dem Kapitalmarkt stimulieren.

Banken warten auf Reits

Reits stehen daher nicht nur bei Sal. Oppenheim und JP Morgan hoch im Kurs. Wenn die Finanz-Gemeinde in Frankfurt eine Reform-Agenda vorlegt, sind auch die Reits auf der Tagesordnung zu finden. Hessens christdemokratische Landesregierung zieht ob der großen Bedeutung des Kapitalmarktgeschäfts für Frankfurt mit und findet unionsintern auch in Berlin Unterstützung.

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Die neue Klasse

Real Estate Investment Trusts (Reits) sind börsennotierte Firmen, die ausschließlich in Immobilien investieren und ihre Gewinne nahezu vollständig an die Anleger ausschütten. Mit ihnen soll hier zu Lande ein liquider Immobilienhandel über die Börse möglich und den Anlegern ein neues Produkt geboten werden. Bislang können diese nur direkt in einzelne Immobilien investieren oder ihr Geld in die im Vergleich zu Reits weniger transparenten geschlossenen oder offenen Immobilienfonds stecken. rtr
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Tatsächlich sind Reits der Rede wert. Ralf Dibbern vom Bankhaus M.M. Warburg sieht enorme Schätze in den Bilanzen hiesiger Unternehmen schlummern. Da die deutschen Unternehmen hauptsächlich (zu 70 Prozent) in ihren eigenen Gebäuden und Immobilien sitzen, während der Eigenbesitzanteil in den USA nur bei 25 Prozent liegt, wäre es betriebswirtschaftlich sinnvoll, diese Immobilien zu verkaufen, um sie danach zurückzumieten. Da die Bilanzwerte oftmals jedoch deutlich unter den Marktwerten liegen, müssten bei einem Verkauf die aufgedeckten stillen Reserven versteuert werden. Dies hält die Unternehmen derzeit von einem Verkauf ab. Werden diese aber via Reits steuerfrei gestellt, könnten laut Dibbern Immobilien der größten deutschen börsennotierten Unternehmen von mehr als 80 Milliarden Euro auf den Markt kommen. Denn das Finanzamt greift dann lediglich noch bei den Anlegern zu - nachdem die Rendite der Trust ausgeschüttet wurde.

Damit sind die Interessen der Dax-Konzerne und ihrer Banken klar. Doch dienen Reits auch dem Allgemeinwohl? "Werden Real Estate Investment Trusts eingeführt, wird das die Kultur unseres Landes verändern", warnt der SPD-Abgeordnete Lothar Binding, der dem Finanzausschuss des Bundestages angehört. "Durch diese Anlageform wird die Bindungslosigkeit der Unternehmen gefördert." Es komme zu einer immer stärkeren "Entkoppelung von Investitionen und Arbeitsplätzen" bei den Unternehmen, erläutert er. Obendrein fürchtet Binding sozialpolitische Verwerfungen, wenn kommunale Immobiliengesellschaften ihre Bestände verkaufen und damit jeglichen Einfluss verlieren.

Ob die Sozialdemokraten in ihrer Mehrheit Bindings Position teilen, ist nicht klar. Im SPD-geführten Finanzministerium finden Reits Fürsprecher. Geplant war die Zulassung nach Aussagen von Finanzminister Hans Eichel (SPD) für den 1. Januar 2006, durch die Bundestagswahl ist dieser Termin verschoben worden. Die Sprecherin des Bundesfinanzministerium, Nicole Rosin, betont, dass es noch keine politische Entscheidung gibt. Der Gesetzesentwurf befinde sich auf "Arbeitsebene". Man sehe die Reits insgesamt positiv, müsse aber noch Doppelbesteuerungsprobleme lösen. Legt nämlich ein Anleger aus dem Ausland sein Geld in Reits an, dann kann er die Erträge steuerfrei kassieren und der Fiskus geht vollkommen leer aus. Daher müssten Doppelbesteuerungsabkommen mit vielen Ländern geändert werden. Binding sieht hier sogar Möglichkeiten der Steuerflucht durch deutsche Anleger, die ihre Anlageentscheidung über Steueroasen tätigen, wie zum Beispiel der Schweizer Kanton Zug oder Andorra.

Ralf Dibbern von der Warburg-Bank betont hingegen, dass man die Reits jetzt einführen müsse, wolle man nicht internationale Marktchancen verpassen, zumal Großbritannien kurz vor der Einführung stünde. Ein Argument, das Binding nicht gelten lässt: "Der enttäuschende Verlauf des Verkaufs von Hedgefonds-Anteilen seit deren Einführung zeigt deutlich, dass oft der Markt überschätzt wird." Er plädiert dafür, den Prozess zu verlangsamen und lieber "echte Investitionen" zu fördern - statt Investitionen, die nur eine "scheinbare Wertschöpfung auf den Finanzmärkten" beinhalten.

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Dokument erstellt am 04.10.2005 um 17:28:26 Uhr
Erscheinungsdatum 05.10.2005