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Die zweite Supermacht

Rating-Agenturen beherrschen das Geschehen an den internationalen Finanzmärkten und geraten immer stärker in die Kritik

Selbst Bundesfinanzminister Hans Eichel muss inzwischen vor ihnen zittern: Drei private Firmen entscheiden mit darüber, wie viel Zinsen ein Schuldner auf dem Kapitalmarkt zahlen muss und ob er überhaupt Zutritt erhält. Dabei ist die Leistung dieser Rating-Agenturen keineswegs über alle Zweifel erhaben. Im Gegenteil: Gerade bei großen Finanz-Katastrophen haben sie immer wieder krass versagt. Weltweit regt sich auch deshalb zunehmend Kritik an ihrer Arbeit. In den USA nimmt derzeit die staatliche Börsenaufsicht die Branche unter die Lupe. Und auch hier zu Lande werden die Vorwürfe gegen die mächtigen Notengeber, die den Markt dominieren, immer lauter.

Von Mario Müller

Preisfrage: Wieviel Supermächte gibt es auf der Welt ? Da die Sowjetunion auseinander gebrochen, Europa zerstritten und China mit sich selbst beschäftigt ist, nur eine, die USA, dürfte die übliche Antwort lauten. Falsch, meint Thomas Friedman, Kolumnist der New York Times. Der Pulitzerpreisträger kommt auf zwei: Washington und die Rating-Agentur Moody's. "Die USA kann dich mit Bomben zerstören, und Moody's kann dich zerstören, indem es deine Anleihen runterstuft. Und, glaub mir, es ist nicht immer klar, wer mehr Macht besitzt", lästerte Friedman.

Das war 1996, also lange vor dem Irak-Krieg, und seit jener Zeit hat sich einiges verändert. Die Vereinigten Staaten treten noch machtbewusster auf. Die Rating-Agenturen aber auch. Sie bestimmen mehr denn je darüber, wo es langgeht mit den internationalen Finanzströmen. Von ihrer Einschätzung, englisch Rating, hängt ab, ob und zu welchen Bedingungen einzelne Firmen und Staaten von Investoren mit Kapital versorgt werden. Senkt Moody's, Standard & Poor's (S &P) oder Fitch den Daumen, droht den "Delinquenten" erhebliches Ungemach bis hin zum Aus.

Doch ebenso wie ihr politisch-militärisches Pendant sieht sich die Supermacht der Kapitalmärkte zunehmender Kritik ausgesetzt. Denn deren "Road-Map" führt die Anleger immer wieder ins Verderben. Zyniker deutscher Zunge sprechen mit Blick auf die Unfähigkeit der Zunft, Finanz-Katastrophen wie die in Südostasien und Russland oder zuletzt die Bilanzskandale zahlreicher US-Konzerne rechtzeitig zu erkennen, gerne von Rate-Agenturen. Die, so lauten weitere Vorwürfe, arbeiteten schlampig und mit Kriterien, die von außen nicht nachvollziehbar seien, änderten willkürlich ihre Bewertungen und nutzten schamlos ihre unkontrollierte Marktmacht aus.

Ähnlich vernichtende Urteile hat man schon einmal gehört - über die Aktienanalysten. Doch deren Einfluss ist seit dem Börsen-Crash permanent gesunken. Die Rating-Agenturen befinden sich dagegen im Aufwind. Für Schub sorgt in erster Linie die gewaltige Expansion im Handel mit Fremdkapital. Vermittelten einst meist Banken zwischen Anlegern und Kreditnehmern, so läuft dieses Geschäft in wachsendem Maße über Märkte. Staaten und Unternehmen beschaffen sich dort direkt Geld, indem sie Anleihen ausgeben, die von privaten oder institutionellen Investoren wie etwa Versicherungen gekauft werden.

Der Wandel in den Finanzbeziehungen, der sich, ausgehend von den USA, weltweit breit macht, wirft allerdings ein Informationsproblem auf: Da sie als Zwischenstation ausscheidet, prüft nun nicht mehr die Bank die Kreditwürdigkeit eines Schuldners, das bleibt vielmehr dem Anleger selbst überlassen.

Mit dieser Aufgabe wären die allermeisten Sparer völlig überfordert. Im Falle eines Wertpapiers des Bundes beispielsweise können sie noch relativ sicher sein, ihr Kapital mit Zins und Zinseszins zurückzuerhalten. Bei der Anleihe eines x-beliebigen Unternehmens tappen sie dagegen weitgehend im Dunkeln und riskieren, mit Zitronen zu handeln.

Damit schlägt die Stunde der Rating-Agenturen. Sie bewerten die Zahlungsfähigkeit des jeweiligen Schuldners und stufen die Ergebnisse in einem Notensystem ein (siehe Kasten). An ihm kann der Anleger, so das Versprechen, leicht ablesen, wie die Chancen stehen, sein Geld wiederzusehen. Doch Moody's und Co. spielen nicht nur die Rolle des Pfadfinders, der den Investoren einen Weg durch den Finanzdschungel weist. Sie mimen gleichzeitig auch den Torwächter am Eingang zum Kapitalmarkt. Zutritt erhalten gemeinhin nur solche Schuldner, die sich beurteilen lassen. Und von der Note hängt ab, welchen Preis sie den Anlegern zu zahlen haben.

Dieser ungeheuren Macht unterwerfen sich die Emittenten nur bedingt freiwillig. Denn in immer mehr Verträgen und staatlichen Bestimmungen wird ein Rating vorgeschrieben. So dürfen US-Fonds, die Pensionsgelder verwalten, ausschließlich in Anleihen mit höheren Noten investieren oder lassen sich viele neue Finanzkonstruktionen, etwa für den Handel mit Darlehen, nur vermarkten, wenn sie das Siegel einer der Agenturen tragen. Und als wäre dies nicht genug, verlangen die neuen Eigenkapitalregeln für die Kreditinstitute, Basel II genannt, ein Rating der Firmenkunden, wobei als Zugeständnis an die europäische Tradition auch eine bankinterne Beurteilung zugelassen ist.

All dies ist Wasser auf die Mühlen der Agenturen. Ihr Einfluss wächst ins Unermessliche. Das Pikante dabei: Das weltweite Geschäft wird faktisch von einem Duopol beherrscht, den beiden US-Giganten Moody's sowie S & P - Fitch rangiert deutlich dahinter -, und bei allen dreien handelt es sich um Firmen in Privatbesitz. Moody's wird an der Börse notiert, S & P gehört zum Medienkonzern McGraw-Hill, bei Fitch hat der französische Dienstleister Fimalac das Sagen. Gegen die überragende Stellung des Trios scheint kein Kraut gewachsen. Bisher gelang es jedenfalls noch keinem Konkurrenten, nachhaltig in dessen Domäne einzudringen. Abgesehen davon, dass dieser spezielle Markt nur wenige Anbieter verträgt - eine allzu große Stimmenvielfalt würde seine Funktion beeinträchtigen - , behindern kaum zu überwindende Barrieren den Zugang: Wer hinein will, braucht erstens Reputation, die aber nur erlangen kann, wer bereits drin ist. Und zweitens die Zulassung der US-Börsenaufsichtsbehörde SEC.

Für die Agenturen ist dies eine Lizenz zum Gelddrucken. Je Rating sollen sie zwischen 25 000 und 125 000 Dollar von den emittierenden Unternehmen kassieren. Das läppert sich gewaltig. Moody's, das an der Wall Street derzeit auf einen Unternehmenswert von 7,8 Milliarden Dollar taxiert wird, setzte im vergangenen Jahr mit 2100 Beschäftigten gut eine Milliarde Dollar um und wies einen Nettogewinn von fast 300 Millionen Dollar aus.

Von solchen monopolartigen Renditen können die meisten Kunden nur träumen. Daran liegt es allerdings nicht, dass die Rating-Agenturen in die Schusslinie geraten. Vielmehr wird ihre Leistung zunehmend in Zweifel gezogen. Josef Ackermann, der Vorstandschef der Deutschen Bank, wirft Moody's vor, ohne vorherige Kontaktaufnahme den Frankfurter Finanzriesen abgestuft zu haben: "Das ist verheerend". Stephan Gemkow, Leiter Konzernfinanzen der Lufthansa, hat "manchmal das Gefühl, dass die Analysten nicht richtig vorbereitet" sind und stellt sich die Frage, ob deren Urteile auf "Vermutungen oder Fakten" beruhen. Hans-Helmut Kotz, Vorstandsmitglied der Bundesbank, hält den "Informationsgehalt der Agentur-Noten" ohnehin für "relativ gering". Denn "es gehört einiges an Anmaßung von Wissen dazu, den künftigen Erfolg eines Bündels unternehmerischer Vorhaben einzuschätzen".

Dabei geht es nicht nur um Prognosen. Vielmehr sprechen die Rating-Agenturen längst auch bei strategischen Management-Entscheidungen wie etwa Firmen-Fusionen mit. So begründen die regionalen Sparkassen ihre geplante engere Zusammenarbeit mit der Landesbank Helaba ausdrücklich mit der zu erwartenden höheren Einstufung.

Selbst Bundesfinanzminister Hans Eichel muss inzwischen vor den Rating-Agenturen zittern. Es gebe keine Garantie, dass die Bundesrepublik ihr Triple A behalte, meinte ein Fitch-Sprecher vor wenigen Monaten. Und erst Anfang dieser Woche glaubte sich S & P mit Forderungen nach Strukturreformen in die politische Debatte einmischen zu müssen.

Dabei haben die Rating-Agenturen allen Grund, auf dem Teppich zu bleiben. Denn die Fälle, in denen sie krass versagten, sind inzwischen Legion. Bei fast allen größeren Finanzkrisen, die vor allem aufstrebende Volkswirtschaften heimsuchten, wachten sie erst auf, als es zu spät war. Und auch bei Unternehmen können sich Anleger, das zeigen Fälle wie Enron, Worldcom oder Kmart, nicht auf die Bewertung des Trios verlassen.

Dass die Rating-Branche trotz des abnehmenden Informationsgehalts ihrer Urteile prosperiert, hält Frank Partnoy, Juraprofessor an der Universität im kalifornischen San Diego, denn auch für ein Paradox. Seiner Meinung nach lässt es sich nur dadurch erklären, dass immer mehr Regeln eine Benotung vorschreiben: "In schlichten Worten: Kredit-Ratings sind wichtig, weil die Vorschriften sagen, dass sie es sind."

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Copyright © Frankfurter Rundschau 2003
Dokument erstellt am 18.07.2003 um 18:40:01 Uhr
Erscheinungsdatum 19.07.2003
 

Erklärungen

Triple A :

Der Stoff, aus dem die Träume von Managern sind, hat drei Buchstaben: AAA. Dieses"Triple A" ist die Bestnote, mit der Unternehmen oder andere große Schuldner von Ratingagenturen ausgezeichnet werden können. "Triple A" entspricht quasi 15 Punkten in der Abi-Prüfung oder einer "1+" unter der Klassenarbeit. Freilich bezieht sich ein Rating nicht auf schulische Leistungen, sondern auf die Fähigkeit eines Schuldners, seine finanziellen Verpflichtungen pünktlich zu erfüllen.

Ein AAA ("außergewöhnlich gut") - oder auch ein AA ("sehr gut"), ein A ("gut") oder zumindest ein BBB ("angemessen")- ist bare Münze wert. Denn wann immer sich Unternehmen Geld am Anleihemarkt leihen wollen, orientieren sich die Investoren an den Ratings. Ein Konzern, der ohne Zeugnis um Kredit bittet, kann sich die Anstrengungen im Grunde sparen.

Die Agenturen gründen ihre Benotung auf eine Einschätzung der Geschäftsrisiken (zum Beispiel: starke oder schwache Marktposition) und der Finanzrisiken (etwa: Verhältnis von Schulden und laufenden Erträgen). Nach Analyse aller möglicher Kennziffern ordnen sie dem Unternehmen (oder dem Staat, der Schuldtitel begibt) eine bestimmte Ausfallwahrscheinlichkeit zu. Und genau die entspricht dann einer Ratingnote.

So bedeutet etwa Triple A, dass das absehbare Zahlungsausfallrisiko nach zehn Jahren bei maximal 0,48 Prozent liegt. In anderen Worten: Von 200 AAA-gerateten Schuldnern, die sich am Anleihemarkt Geld pumpen, sind 199 auch nach einer Dekade in der Lage, Schuld und Zins zu tilgen. Vorausgesetzt natürlich, dass die Ratingagenturen mit ihren Einschätzungen nicht voll daneben gelegen haben.

"Ratings sind teils Wissenschaft, teils Kunst"

Standard-&-Poor's-Manager Hinrichs über den Wert von Bonitätsnoten, die Interessen von Investoren und Schuldnern und die Verantwortung der Agenturen

Unabhängigkeit "ist unser größter Vorteil", betont Torsten Hinrichs, der Geschäftsführer von Standard & Poor's Deutschland. Im Gespräch mit FR-Redakteur Mario Müller wehrt sich der Manager gegen Vorwürfe, die er für ungerechtfertigt hält, und Ansprüche, die Agenturen nicht erfüllen können: „Gegen Betrug ist auch ein Rating nicht gefeit."
 

Frankfurter Rundschau: Warum liegen Rating-Agenturen immer wieder schief?

Torsten Hinrichs: Tun sie das? Wir beurteilen weltweit fast 11 000 Unternehmen, Banken, Versicherungen mit einem Emissionsvolumen von mehr als 30 Billionen Dollar. Gemessen an diesen Zahlen liegen wir ganz überwiegend richtig.

Aber bei den Finanzkrisen in Südostasien und Russland oder dem Enron-Skandal versagten sie.

Rating-Agenturen arbeiten mit Informationen, die sie von den Firmen erhalten. Die werden natürlich auf Plausibilität geprüft. Aber ihren Wahrheitsgehalt können wir nicht kontrollieren, zumal wir keine Wirtschaftsprüfer sind. Das heißt, gegen Betrug ist auch ein Rating nicht gefeit.

Dieses Argument zieht ja wohl nicht beim Südostasien-Debakel.

Die Rating-Agenturen sind zu Beginn der Südostasien-Krise bös gescholten worden dafür, dass sie aus Sicht der Investoren zu früh die Bonitätsurteile herabgestuft haben. Und im Nachhinein ist ihnen vorgeworfen worden, zu spät reagiert zu haben. Rating-Agenturen haben immer zwei Adressaten: den Investor und den Emittenten. Deren Interessen stehen sich fast diametral gegenüber. Die einzige Aufgabe der Agentur besteht aber darin, unabhängig davon ein analytisch richtiges, sauberes Urteil abzugeben. Das bedeutet, dass man gelegentlich in den Augen der einen oder anderen Interessengruppe falsch liegt.

Diese Urteilsfähigkeit wird allerdings in Zweifel gezogen. Ein Lufthansa-Manager wirft den Agenturen schlampige Arbeit vor.

Ich kann nur für uns sprechen, und ich versichere Ihnen, dass unsere Analysten sehr sorgfältig arbeiten. Nicht umsonst dauert es mehrere Wochen von der Mandatserteilung bis zur Ratingentscheidung des Komitees.

Scheitert das Kredit-Rating nicht an dem systematischen Problem, dass die Zukunft unvorhersehbar ist?

Wir versuchen gleichwohl dieses Problem zu minimieren. Deshalb unterteilen wir unsere Analyse und betrachten einerseits das Finanzrisiko, also die Fähigkeit des Unternehmens, Barmittel zu generieren, um seinen Zahlungsverpflichtungen pünktlich nachkommen zu können, und andererseits das Geschäftsrisiko: Dabei geht es unter anderem darum zu bewerten, wie sich das Unternehmen und die jeweilige Branche in der Zukunft entwickeln können. Dabei analysieren wir nicht nur historische Daten, sondern beleuchten insbesondere auch Planzahlen und Geschäftsstrategien der Unternehmen. Die Vielzahl der gesammelten Informationen über das betreffende Unternehmen und Vergleichsunternehmen bilden die Grundlage für das Rating.

Auch die Kapitalmärkte werden durch Modeerscheinungen wie dem High-Tech-Boom beeinflusst. Können sich Rating-Agenturen davon frei machen?

Die modisch hohen Bewertungen gehen auf das Konto der Aktien-Analysten, nicht der Rating-Agenturen. Beide Gruppen haben völlig unterschiedliche Bewertungsansätze und Zielgruppen. Bei den Aktien-Analysten ist der Zeithorizont viel kürzer. Dagegen versucht ein Rating-Analyst sein Urteil über den Konjunkturzyklus hindurch stabil zu halten und langfristige Trends zu prognostizieren. Deshalb sind Ratings viel weniger volatil. Nehmen sie unser Urteil über die Deutsche Telekom, das seit mehr als einem Jahr unverändert ist. Außerdem geben wir im Gegensatz zu Aktien-Analysten keinerlei Kauf- oder Verkaufsempfehlungen ab.

Ist es keine Mode, wenn Rating-Agenturen jetzt plötzlich besonderes Augenmerk auf die Pensionsverpflichtungen von Unternehmen legen und sich damit dem Vorwurf aussetzen, durch die angelsächsische Brille zu blicken?

Wir müssen heute Pensionsverpflichtungen anders betrachten als früher. Denn in Zeiten einer anhaltenden wirtschaftlichen Flaute wird das Problem drängender, vor allem für große ältere Unternehmen mit vielen Pensionären. Über den Einfluss von Pensionsverbindlichkeiten auf die Bonität haben wir bereits im August vergangenen Jahres mit den Unternehmen zu diskutieren begonnen und im Verlauf alle über 560 Unternehmensratings in ganz Europa, wo ja unterschiedliche Pensionssysteme vorherrschen, überprüft. Herabstufungen erfolgten in England, Frankreich, Deutschland und Portugal. Standard & Poor's hat also keine Wertung des deutschen Systems vorgenommen.

Böse Zungen behaupten, die Informationen, die die Rating-Analysten verarbeiten, lägen auf der Straße. Welchen Mehrwert produzieren denn die Agenturen?

Die Behauptung ist schlichtweg falsch. Wir arbeiten nicht nur mit öffentlich zugänglichen Informationen, sondern auch mit vertraulichen, die wir von den Unternehmen erhalten. Der eigentliche Mehrwert, den wir liefern, liegt aber darin, dass wir weltweit vergleichbare und im Zeitablauf konsistente Urteile abgeben. Eine Note, etwa das dreifache B einer deutschen Bank oder eines australischen Lebensmittelhändlers, hat also überall die gleiche Aussagekraft: Sie gibt die jeweilige Ausfallwahrscheinlichkeit an.

Immer wieder wird beklagt, dass die Urteile der Rating-Agenturen extern nicht nachvollziehbar sind. Sperren Sie sich gegen mehr Transparenz?

Wir versuchen, unseren Ratingprozess so transparent wie möglich zu gestalten. Daher haben wir zum Beispiel unsere Ratingkriterien auf unserer Webseite veröffentlicht. Die Grenzen der Transparenz rühren jedoch von den vertraulichen Informationen her, die zwar in die Beurteilungen einfließen, aber nicht beim Namen genannt werden können. Auch nicht den beurteilten Unternehmen gegenüber, wenn es sich um vertrauliche Informationen ihrer Wettbewerber handelt. Außerdem sind Ratings teils Wissenschaft, teils Kunst und beruhen also auch auf subjektiven Bewertungen oder Erfahrungen, die sich von außen nur schwer nachvollziehen lassen.

Dem Chef des Bundesamtes für Finanzdienstleistungsaufsicht, Jochen Sanio, ist die zunehmende Macht der Rating-Agenturen ein Dorn im Auge. Er fordert mehr Kontrolle. Wären Sie dazu bereit?

Ich würde gerne wissen, was eigentlich beaufsichtigt werden soll. Das hat leider noch niemand gesagt.

Das Rating gewinnt allenthalben an Bedeutung, auch weil es zunehmend von Staats wegen vorgeschrieben wird, und bürdet damit den Agenturen eine wachsende Verantwortung auf. Ist diese Last nicht zu schwer?

In Deutschland sind externe Ratings durch Agenturen nicht zwingend erforderlich. Für Basel II genügen interne Bewertungen durch die Kreditinstitute. Die Verantwortung der Agenturen erwächst aus der Bedeutung von Ratings für die Akteure am Kapitalmarkt. Wir sind uns dessen wohl bewusst und gehen mit dieser Verantwortung sehr sorgfältig um. Als externe Ratingagentur vergeben wir aber weder Kredite noch platzieren wir Emissionen. Dadurch sind wir unabhängig. Das ist unser großer Vorteil.

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Copyright © Frankfurter Rundschau 2003
Dokument erstellt am 18.07.2003 um 18:40:04 Uhr
Erscheinungsdatum 19.07.2003