Zurück zur Homepage

Zurück zur Seite : Was bringt die Globalisierung für das Wasser, das Lebensmittel Nr. 1 ?
Zurück zur Seite : Töchter von Stromkonzernen wollen am Wasser und Abwasser verdienen
Zurück zur Seite - Sind die Pläne des Bundeswirtschaftsministeriums zur Liberalisierung und Privatisierung der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung gestoppt worden ? ( 18.12.2000 )
 

Aktueller Vorbericht :

In diesem Jahr ( 2000 ) steht neben den ordnungspolitischen Maßnahmen zur Öffnung des Strommarktes auch eine ähnliche Entwicklung auf dem Wasserversorgungs- und Abwasserbereich auf dem Prüfstand. Der Arbeitskreis "Wasser" des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland ( BUND ) e.V. ist deshalb dabei, das unten stehende Papier aus dem Jahre 1995 neu zu überarbeiten.
 

Privatisierung

der Wasserversorgung und der Abwasserentsorgung?

Nein Danke!

- 2. überarbeitete Auflage -Sebastian Schönauer Arbeitskreis Wasser

im Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschtand (BUND)
 
 

Vorbemerkungen

Der Ausweg aus kommunalen Finanzkrisen und veralteten Verwaltungsstrukturen ist nicht die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen. Kurzfristige finanzielle Entlastungen der öffentlichen Haushalte gehen mit dem Verlust des kommunalen Handlungsspielraumes einher. Monopolisierung in den Ver- und Entsorgungssektoren sowie auf Gewinnmaxiroierung ausgerichtete Betriebsformen sind unvereinbar mit den Zielen des Umwelt- und Ressourcenschutzes. Privatisierungen und Monopolisierungen steht den Zielen des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) nach einer Entflechtung und Dezentralisierung der Ver- und Entsorgung entgegen.

Die vielfach beschworene Finanzkrise der öffentlichen Hand - nicht zuletzt bedingt durch ineffektive und überholte Verwaltungsstrukturen, die oft kostensparendes Management im öffentlichen Dienst verhindern - wurde von der jetzigen Bundesregierung zur Begründung für eine Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen verwendet. Dabei hat es den Anschein, daß es insbesondere dieser Regierung nicht so ~^ sehr um die Verbesserung der Verwaltungsstrukturen in unseren kommunalen oder staatlichen Verwaltungen geht, auch nicht um die Verbesserung der Dienstleistungsangebote allgemein, sondern vor allem um die Möglichkeit, gewinnversprechende Schlüsselbereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge einigen wenigen Großkonzemen und/oder Energiemulties zu übertassen.

Die geplanten Privatisierungen wichtiger öffentlicher Aufgaben, bzw. die Erleichterung der Überführung von diesen bedeutenden Versorgungsaufgaben aufprivate, gewinnorientierte Unternehmungen kann nicht der Auswegaus der ökonomischen und ökologischen Krise des au sgehenden 20. Jahrhunderts sein. Die hierdurch evtl. möglichen kurzfristigen finanziellen Entlastungen der öffentlichen Haushalte gehen aber einher mit dem Verlust des notwendigen kommunalen Handtungsspielraumes.

Die anvisierten Privatisierungen der öffentlichen Wasserver- und Abwasserentsorgung und die damit verbundene und politisch gewollte Monopolisierung stehen den Zielen einer nachhaltigen ökologischen und ökonomischen Wirtschaftsweise - und somit auch den Zielen des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) entgegen. Die Monopolisierung und Privatisierung in den Ver- und Entsorgungssektoren, sowie auf Gewinnmaximierung ausgerichtete Betriebsformen sind unvereinbar mit einem notwendigen Umwelt- und Ressourcenschutz. Angesagtist hintgegen eine Entflechtung und 49 Dezentralisierung der Ver-und Entsorgung.

Viele Verantwortliche, insbesonders erfahrene Kommunalpolitiker/innen, haben längst die Vorder-gründigkeit dieser Diskussion erkannt und wehren sich gegen diese „Lösungsversuche". Die kritische finanzielle Situation der Kommunen belebt jedoch immer wieder die Diskussion über eine Privatisierung oder Teilprivatisierung von kommunalen Dienstleistungen.

Da nach Auffassung vieler Politiker und Bürger in den Kommunen die Schmerzgrenze bei den Wasser-und Abwassergebühren erreicht sei, werden Konzepte diskutiert, die einerseits eine Finanzierung der anstehenden Investitionen, z. B. für Kläranlagenausbau, Kanalnetzsanierung (im Abwasserbereich ca. 20 Mrd. DM/Jahr) und Trinkwasseraufbereitung, sowie andererseits eine sozialverträgliche Abwassergebühr gewährleisten sollen.

Nach der Wiedervereinigung sind Privatisierungen kommunaler Dienstleistungen vor allem in den neuen Bundesländern festzustellen. Den betroffenen Kommunen wurde von interessierter Seite die Privatisierung als „Allheilmittel" angepriesen. Für teures Geld wurden Ihnen statt auf ihre tatsächlichen Bedürfnissezugeschnittenen Anlagen häufig überdimensionierte Planungen aufgedrängt. Nicht wenige Kommunen wurden hierduch in den finanziellen Ruin getrieben.

In der letzten Zeit wird auch vermehrt in den westlichen Bundesländern die Privatisierung als Alternative zu den bisherigen kommunalen Betriebsformen betrachtet. Von den ca. 16.000 Gemeinden in der Bundesrepublik Deutschland haben sich bisher etwa 100 dafür entschieden, die Entsorgung rein privatwirtschaftlich zu organisieren.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sieht diese Entwicklung mit großer Besorgnis. Nach den Beobachtungen und Kenntnissen des BUND zeigen vor allem die großen Energiekonzerne der BRD ein erhebliches Interesse, sich in den Bereich der Wasserversorgung und der ^ Abwasserentsorgung einzukaufen, um ihre bereits bestehenden Monopolstellungen in der Versorgungswirtschaft auf den Wassersektor auszudehnen.

Deutliche Kritik von Betroffenen unterstützt die ablehnende Haltung des BUND an Privatisierungen. So stellt unter anderem der Rostocker Oberbürgermeister Dieter Schröder bereits öffentlich die Frage, ob das erste private Betreibermodell für Wasser und Abwasser in einer Großstadt „die richtige Entscheidung" war (Korrespondenz Abwasser 3/95: 347f).

Trotz der zahlreichen negativen Erfahrungen, nicht nur aus den neuen Bundesländern, sondern auch aus Großbritannien und Frankreich, ist zu befürchten, daß aufgrund der scheinbaren, kurzfristigen ökonomischen Vorteilen, weitere Ver- und Entsorgungseinrichtungen privatisiert werden.

Öffentliche Aufgaben der Daseinsvorsorge und gesellschaftliche Funktion

Die Wasserversorgung - und hier insbesondere die für den Bürger lebensnotwendige Trinkwasserversorgung - aber auch die Abwasserentsorgung sind zentrale Bestandteile der Daseinsvorsorge und sind deshalb Pflichtaufgaben der öffentlichen Hand. Diese Dienstleistungen wurden bisher von den Gebietskörperschaften (Kommunen) bzw. den von ihnen kontrollierten Eigenbetrieben oder Verbänden wahrgenommen.

Die von ihnen erbrachten sozial und ökologisch orientierten Dienstleistungen, die unter dem Aspekt einer rein marktwirtschaftlichen Gewinnorientierung nicht als effektiv bewertet werden, stellen sich gesamtgesellschaftlich als äußerst positiv dar.
 
 

Aktivitäten des Bundesgesetzgebers

Die Bundesregierung übt zur Zeit massiven Druck auf die Kommunen aus, die Wasserver- und Entsorgung dem Einflußbereich der Kommunen zu entziehen. Die jüngsten Maßnahmen in diese Richtung sind die vorgesehene Änderung deshiaushattsgrundsätzegesetzes und der Haushaltsordnung, sowie die geplante Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG).

Im §6 des Gesetzesentwurfes zum Haushaltsgrundsatzgesetz heißt es hierzu:

(1) Diese Grundsätze verpflichten zur Prüfung, inwieweit staatliche Aufgaben oder öffentlichen Zwecken dienende wirtschaftliche Tätigkeiten durch Ausgliederung und Entstaatlichung oder Privatisierung erfüllt werden können.

(2) In geeigneten Fällen ist privaten Anbietern die Möglichkeit zu geben, darzulegen, ob und inwieweit sie staatliche Aufgaben oder öffentlichen Zwecken dienende wirtschaftliche Tätigkeiten nicht ebenso gut oder besser ertoringen können.

In der Begründung dazu heißt es: .Mit dem Gesetz sollen die Initiativen zur Privatisierung öffentlicher Unternehmen und Aufgaben deutlich verstärkt werden".

Hinter Solchen Bestrebungen der Bundesregierung stecktunter anderem die Auffassung, durch privatwirtschaftliches Gewinnstreben die gegenwärtigen finanziellen Probleme der Kommunen lösen zu können. Das private Kapital soll tHe öffentlichen Haushalte entlasten und erforderliche Investitionen schneller ermöglichen.

Das Wasserhaushaltsgesetzt verpflichtet die Körperschaften des öffentlichen Rechts im § 16 a zur Abwasserentsorgung. Die Bundesregierung beabsichtigtgerade diese Verpflichtung ganz aus dem Gesetzzustreichen.

Solche Aktivitäten der Bundesregierung zielen darauf ab, daß die existenziellen Bereiche Wasserversorgung und Abwasserenteoigung dem Verantwortungsbereich der Kommunen entzogen werdensollen. Die vom Bundesfinanzminister vorgesehene Besteuerung der Abwasserbeseitigung (neben Müllabfuhr und Straßenreinigung) soll die Kommunen noch mehr als bisher dazu zwingen, diese wichtigen und hoheitlichen Bereiche aus der Hand zu geben. Die Städte und Gemeinden würden damit ein wichtiges wasserwirtschaftliches, ökologisch durchaus erwünschtes, Steuerungs-instrument aus der Hand geben. Die ökonomische Botschaft dazu lautet: Mit dem Verkauf von Tafelsilber ist kein Haushalt zu sanieren.

Durch Äußerungen des Bundesinnenministere und des Bundesumweltministers wird den Bürgermeistern und Mandatsträgern die gewünschte Privatisierung zusätzlich schmackhaft gemacht, indem eine „strafrechtliche Entlastung" der Kommunen in Aussicht gestellt wird (Infodienst Kommunal Nr. 66/1993).
 
 

Marktwirtschaftliche und soziale Auswirkungen der Privatisierung Betriebs- und Organisatiönsfomien Regiebetrieb

Der Regiebetrieb ist die klassische und am häufigsten angewendete Organisationsform.Die Trinkwasser und Abwasserentsorgung ist bei Regiebetrieben Teil der kommunalen Verwaltung. Voraussetzung ist die klare Trennung von hoheitlichen Aufgaben und die zweckgebundene Verwendung der Wassergebühren.

Eigenbetrieb

Der Eigenbetrieb wind als Weiterentwicklung der kommunalen Regiebetriebe verstanden. Er ist ebenfalls Teil der Kommunalverwaltung, verfügt aber über eine eigene Haushaltsführung und wird voneinen Werksausschuß geleitet, dem gewisse Kompetenzen übertragen sind. Der Eigenbetrieb kann sich privater Dritter bedienen (Ländergesetze), ohne diesen allerdings hoheitliche Aufgaben (Planungshoheit, Satzungen, Kontrollfunktionen etc.) zu übertragen.

Privat organisierte Betriebe

Grundsätzlich können drei Stufen oder Formen der Privatisierung unterschieden werden:

1. Die formelle Privatisierung, d.h. der Staat macht sich die private Rechtsform zu Nutze. Die Dienstleistungen Wasserversorgung und Abwasserentsorgung bleiben aber zu 100% in öffentlichen Händen (Stadtwerke, GmbH oder AG).

2. Die öffentliche Hand bedient sich zur Erledigung ihrer Aufgaben privater Dritter in Form von Betreiber- und Kooperationsmodellen. Die Leistungen des Privaten werden vertraglich festgehalten oder in einer Gesellschafterversammlung festgelegt

3. Die öffentliche Hand verkauft ihre Anlagen (kommunales Tafelsilber) und überträgt die komplette Dienstleistung an private Dritte. Sie selbst hat nur noch Kontrollfunktion.
 
 

Marktwirtschaftliche und soziale Auswirkungen der Privatisierung

Das wirtschaftliche Interesse des privaten Betreibers ist vor allem am Gewinn orientiert. Dies beinhaltet die Gefahr von überdimensionierten Ausbauten der Anlagen und der zugehörigen Infrastruktur. Weiterhin ist die notwendige Minimierung des Wasserverbrauchs und des Abwasseranfalls nicht im wirtschaftlichen Interesse der privaten Unternehmen.

Zwei beispielhafte Auswirkungen der Gewinnmaximierung in Folge von Privatisierungen lassen sich aus Großbritannien anführen: Bei zehn privatisierten Wasserunternehmen verzeichneten die leitenden Direktoren innerhalb von vier Jahren Gehaltszuwächse bis zu 571 Prozent. Gleichzeitig verloren aber 150.000 Mitarbeiter der Unternehmen ihren Arbeitsplatz. Eine quantitative und/oder qualitative Verbesserung der Versorgung war damit nachweislich nicht verknüpft (Wochenpost vom 12.01.1995).

Die Privatisierungspolitik trägt nicht nur zu einem rigorosen Abbau der Arbeitsplätze bei, sondern sie fördert auch in starkem Maße die Kapitalkonzentration und die damit verbundene Monopolisierung. Sie trägt damit auch zur Zerstörung der Existenz von vielen' mittelständischen Betrieben bei. Die Wirtschaftsform der Sozialen Marktwirtschaft wird dadurch nicht nur von der sozialen, sondern auch von der marktwirtschaftlichen Seite her ausgehöhlt. Die Abdeckung privater Gewinnabsichten über die Gebühren ist als gravierender Eingriff in das Sozialsystem der Bundesrepublik zu werten.

Eine weitere Monopolisierung im Ver- und Entsorgungsbereich widerspricht somit den Grundsätzen derSozialen Marktwirtschaft.

Eine Städteumfrage der Abwassertechnischen Vereinigung (ATV) hat ergeben, daß sich die Abwassergebühren zu mehr als 50 % aus kalkulatorischen Kosten (Abschreibung, Zins) zusammensetzen. Da dör Spielraum bei dieser Kostengruppe relativ groß ist, ist es leichtmöglich, versteckte „Gewinne" (Überschüsse) auszuwerfen, die bei der öffentlichen Hand im kommunalen Bereich reinvestiert werden müssen. Bei einer Beteiligung Privater ist nicht gewährleistet, daß Gewinne vollständig zweckentsprechend eingesetzt werden, und nicht dem öffentlichen Bereich verloren gehen.

Monopolbildungen

Vor allem die großen europäischen Energiekonzerne bemühen sich um Marktanteile im Bereich der Wasserversorgung und der Abwasserentsorgung. Ihre Monopolstellung in der Ver- und Entsorgung wollen sie hierdurchsystematisch ausbauen Zu beobachten ist hierbei, daß der Markt offensichtlich einve-mehmlich zwischen den Konzernen räumlich aufgeteilt wird. Die Privatisierung wird durch frühzeitige Ein flußnahme seitens der Konzerne auf mehreren Entscheidungsebenen gefördert. Beispielsweise ist zu gi beobachten, daß ein Teil der z:ur Zeit von den Kommunen bzw. den Trägern der Wasser- und der Abwasserentsorgung mit der Anlagenplanung beauftragten Ingenieurbüros Unternehmen der Energiekonzerne sind und damit entscheidende Vorleistungen für eine spätere Entscheidungfür eine Privatisierung erbringen.

Bei weiter fortschreitender Privatisierung ist davon auszugehen, daß die Bereiche der Wasserversorgung, der Abwasserentsorgung (einschließlich der Infrastruktur), die Klärschlammverwertung (Verbrennung), Abfallentsorgung und Müllverbrennungsanlagen sowie die gesamte Energieversorgung der Bundesrepublik künftig von wenigen Konzernen betrieben und kontrolliert werden. Die Erfahrungen mit dem Energiesektors belegen, daß diese Strukturen einer ökologischen, ressourcen-schonenden Wirtschaftsweise entgegenstehen.

Ein ökologisch orientierter und sparsamer Umgang mit der Ressource Wasser ist unter diesen gewinnorientierten Bedingungen nicht mehr angesagt. Neben der quantitativen Seite ist auch eine Diskussion der Qualitätskriterien von unternehmerischem Interesse. Die auf dem europäischen Wassermarkt tätigen Konzerne treten z.B. zur Zeit vehement für eine Aufweichung der gültigen Trinkwasserrichtlinie ein. Ein wirteamer Schutz des Trinkwassers würde hierdurch verhindert.

Risiko der Kommunen und Abbau kommunaler Handlungsmöglichkeiten

Bei einer Entscheidung für ein privates Betreibermodell binden sich die Kommunen langfristig vertraglich an ein Unternehmen. Das Ausfallsrisiko bleibt aber bei der Kommune, die gegebenenfalls sowohl die Anlage als auch das Personal zu übernehmen hat, um die ihr obliegende Pflicht zur Wasserversorgung und Abwasserentsorgung zu erfüllen.

Die Privatisierung verhindert eine integrierte kommunale Umweltpolitik, da in dem bedeutsamen Feld des Gewässerschutzes der Handlungsspielraum und die Kontrollmöglichkeiten für die Kommunalpolitik verlorengehen. In diesem Zusammenhang sind auch der Abbau von staatlichen Kontrollen und die Verkürzung bzw. Einschränkung von Genehmigungsverfahren zu erwähnen.

Die mit der Privatisierung einhergehende Erosion des-öffentlichen Dienstleistungsbereiches und der Vertust an politischer Steuerungsfähigkeit sind irreversibel.

Empfehlungen des BUND

Der BUND betrachtet den kommunalen Eigenbetrieb als die zubevorzugende Betriebsform. Viele Kommunen haben denklassischen Regiebetrieb bereits zugunsten eines Eigenbetriebes - mit getrennter Haushaltsführung und dem zweckgebundenen Einsatz der Gebühren - aufgelöst.

Die kommunale Aufgabenträgerschaft bleibt dabei im Kern unangetastet und eröffnet andererseits die Möglichkeit für unternehmerisches Management;

Bei einem Eigenbetrieb werden keine Gewinne für den kommunalen Haushalt erwirtschaftet. Im Gegenzug wird der Haushalt nicht durch die erforderlichen Investitionen und laufenden Kosten der Ver- und Entsongungsbetriebe belastet.

In den kommunalen Eigenbetrieben können die notwendigen Anforderungen des Gewässerschutzes aus ökologischer Sicht am besten mit den betriebswirtschaftlichen Belangen über eine Satzung nach dem Eigenbetriebsverondnung festgeschrieben werden.

Die von den kommunalen Verwaltungengetrennte Haushaltsführung erlaubt den zweckgebundenen Einsatz kosten deckender Gebühren;
 
 

Genehmigungsverfahren und staatliche Kontrollfunktionen

Fehlende Kompetenzen in den zuständigen Verwaltungen und beschleunigte Genehmigungsverfahren führen zu der Gefahr von ausschließlich unterwirtschaftlichen Gesichtspunkten betriebenen Planungen. Folgen dieser Entwicklungen sind u. a. überdimensionierte Anlagen mit einhergehendem Zwang zur weiteren Zentralisierung und überdurchschnittlich hohe Gebühren. Diese Entwicklungen sind insbesondere in den neuen Bundesländern zu beobachten.

Eine entscheidende Frage für den BUND ist, ob bei der gegenwärtigen Entwicklung der Gewässerschutz gewährleistet ist. Auch viele Kommunen äußern die Befürchtung, daß mit der Übertragung der Abwasserentsorgung auf Privatunternehmen ein ausreichender und vorbildlicher Gewässerschutz nicht mehr gewährleistet ist. Während der gewinnträchtige Bereich der Abwasserentsorgung abgegeben würde. müßten die Kommunen die Kontrollaufgaben verstärken.

Statt einer angestrebten „Verschlankung des Staates" wäre eine weitere Aufblähung des Verwaltungsapparates ein unerwünschter Effekt. Dessen ungeachtet ist der BUND der Auffassung, daß die Funktionsfähigkeit der Verwaltung und der staatlichen Kontrollorgane effektiver gestaltet werden muß.

Gegenwärtig ist das Gegenteil zu beobachten. Gleichlaufend mit der Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen werden die Kontrollbehörden (Wasserwirtschaftsämter, Bauaufsichtsbehörden etc.) immer mehrabgebaut.

Angestrebte Personalverminderungen mit damit einher gehenden Leistungseinschränkungen sowie Aufgabenabbau sind Kennzeichen dieser Entwicklung. Auch wird es für die Kontrollbehörden wegen des fehlenden know hows und der mangelhaften Finanziellen und materiellen Ausstattung immer schwieriger, ihrer Aufgabe nachzukommen. Der BUND befürchtet deshalb, daß mit Privatisierungen der Gewässerschutz „den Bach runter fließt".

Unverzichtbar ist die Modernisierung öffentlicher Verwaltungen. Diese weisen zur Zeit erhebliche Defizite hinsichtlich der Effizienz und der Wirtschaftlichkeit auf. Lange und umständliche Verwaltungsabläufe, festgefügte Hierarchien und mangelnde Flexibilität sind zur Zeit einige negative Kennzeichen des öffentlichen Dienstes.

Der BUND hält es aber für den fälschen Weg, solche Defizite durch Privati-sierungsmaßnahmen beseitigen zu wollen. Um den steigenden Anforderungen eines wirksamen vor-beugenden und nachsorgenden Umweltschutzes Rechnung tragen zu können, sind hingegen strukturelle Verwaltungsreformen und ein zeitgemäße Ausstattung mitqualifiziertem Personal und moderner Technik notwendig.

Die angestrebten Privatisierungsmaßnahmen würden den Kreis der Monopotbildung schließen. Nicht „nur" die Wasserversorgung und die Abwasser'/Abfallentsorgung würden dann in privater Hand liegen, sondern durch die Übernahme von Ingenieurbüros, Baufirmen, Entsorgungsunternehmen und Umwettlaboratonen durch Großkonzerne lägen auch die Planung, Ausführung, Teile der Genehmigung (z. B. durch sogenannte Sachverständigen Gutachten) und die ehemals staatliche Überwachung bei privatenunternehmen.

Zusammenfassung

Die Übertragung der öffentlichen Trinkwasserversorgung und der Abwasserentsoipung auf privatwirtschaftlich organisierte Unternehmen läßt allein aufgrund der notwendigerweise auf Gewinn-maximierung ausgerichteten Organisationsform nurwenig Platz für das Allgemeinwohl und für Gewässerschutzanforderungen.

Der BUND sieht in dem kommunalen Eigenbetrieb eine geeignete Betriebsform für die zu den kommunalen Pflichtaufgaben gehörende Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung.

Nach Auffassung des BUND dürfen die notwendigen strukturellen Reformen und Modernisierungen bei den kommunalen Verwaltungen und Betrieben sowie bei der Wasserwirtschaftsverwaltung nicht zu Lasten des vorsongenden und nachsorgenden Umweltschutzes und der Daseinsvorsorge gehen. Leistungseinschränkungen und die Abgabe von Aufgaben an Dritte sind in dieser Hinsicht keine geeigneten Lösungen.

Der BUND fordert daher die Kommunen auf, sich ihrer Verantwortung fürdasWoht der Allgemeinheit und insbesondere auch für den Gewässerschutz bewußt zu werden und die existenziellen Dienstleistungsbereiche nicht aus der Hand zu geben.

Arbeitskreis Wasser im Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Juli 1995

Bearbeitung: Kurt Eggeling, Dr. Ralf Köhler, Jens Krause, Hermann-Josef Low, Walter Pfeifer, Wilhelm Rühl, Dr. Heinz Schlapkohl, Sebastian Schönauer (Sprecher des AK Wasser im BUND)

Literaturhinweise

ANONYM (1994): Privatwirtschaftliche Abwasserentsorgung: Die Verantwortung für die Kommunen, die Gewinne für die Unternehmer. - Kommunale Briefe f. Ökologie, 5/1994:11-12: Prankfurt. Bosse, A. von, 1994: Die kommunale Wasser/Abwasser-GmbH - eine effektive Alternative zum privaten Betreibermodell. Gas-u. Wasserfach, Ausg. Wasser, Abwasser, 135 (3): 149-155; München. Bundesumweltminislerium (Hrsg.), 1992: Privatisierung der kommunalen Abwasserentsongung - ja oder ^ nein. - Bonn. Bundesumweltministerium (Hrsg.), 1993: Privatwirtschaftliche Realisierung der Abwasserentsorgung. - 94 S.; Bonn. Bundesministerd. Innern (Hrsg.), 1993: infodienst Kommunal Nr. 66. Dr. Henning Friege, 1995: Pressedienst der Landeshauptstadt Düsseldorf u.a., Löw,H.-J.,1993:Öffentl. Aufgaben in der Verantwortung Privater. - Saartändische Kommunalzeitschrift; Saarbrücken. Pick, H.; Rauser, S., 1995: Abwasserentsorgung durch Versorgungsunternehmen- politische, wirtschaftliche und rechtliche Aspekte. - Gas- u. Wasserfach, Ausg. Wasser, Abwasser, 136 (1): 1-6; München. VKU ,1989: Überlegungen für eine Zusammenfassung der Energie- und Wasserversorgung mit Entsorgung von Abfall und Abwasser. - in: Beiträge zur kommunalen Versorgungswirtschaft, Heft 72.