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FR vom 21.05.2007

Privat-Gerichtsvollzug geplant

Beamte würden als Freiberufler arbeiten/Verfassungsbedenken

Das Eintreiben von gerichtsfesten Schulden, die Abnahme eidesstattlicher Versicherungen und die Zustellung amtlicher Urkunden könnten in Hessen künftig privatrechtlich organisiert werden.

FRANKFURT • Die Unterstützung für ein entsprechendes Vorhaben der CDU-geführten Landesregierung in Wiesbaden ist in den Reihen der 330 hessischen Gerichtsvollzieher nach Angaben des Berufsverbandes groß. Im Bundesrat haben die Länder bereits mehrheitlich eine Gesetzesinitiative beschlossen, doch bislang blockt das Bundesjustizministerium. Zudem müsste wohl die Verfassung geändert werden, wofür sich die notwendige Zweidrittel-Mehrheit im Bundestag bislang nicht abzeichnet. Ein wichtiges Argument von Bundesministerin Brigitte Zypries (SPD) sind im Fall einer Privatisierung etwa auf das Dreifache steigenden Gebühren. Dadurch riskiere man, dass Gläubiger bei kleineren Geldschulden auf die Vollstreckung verzichten würden.

„Wir sind notgedrungen für ein freies System mit Beleihungen, da die Alternative ein zentralistisches Amtssystem wäre" sagt hingegen der Frankfurter Gerichtsvollzieher Walter Horz. Kurz vor der Pensionsgrenze will er seinen Beamtenstatus nicht mehr aufgeben, viele junge Kollegen wären hingegen dazu bereit. Horz plädiert dafür, den künftigen Freiberuflern feste Gerichtsbezirke zuzuweisen, um die Folgen eines allzu scharfen Wettbewerbs abzuwenden.

Erste Bedenken gegen rauere Sitten privater Gerichtsvollzieher hat der Deutsche Beamtenbund (dbb). „Ich bin mir nicht sicher, ob alles noch nach Recht und Gesetz zugeht, wenn diese Aufgabe von einer GmbH erledigt wird. Schließlich greifen wir hier in das Eigentum von Menschen ein", hat der dbb-Vorsitzende Peter Heesen kürzlich erklärt.

Im Ministerium beurteilt man die Folgen der geplanten Privatisierung deutlich gelassener. Schließlich veränderten sich die rechtlichen Rahmenbedingungen der Eingriffe nicht und auch die Ausbildung bleibe unter staatlicher Aufsicht.

Derzeit kostet jeder Gerichtsvollzieher das Land Hessen rund 40 000 Euro pro Jahr, erklärt Roman Poseck, Sprecher des Justizministeriums. Eine  Zwangsvollstreckung» dauert derzeit nach Ministeriumsangaben einen bis sieben Monate, in Ausnahmefällen! gar bis zu einem Jahr. Im Jahr 2005 gab es in. Hessen rund 610 000 Zwangsvollstreckungen, 250 000 Eidesstattliche Versicherungen! und 300 000 Zustellungen.    

CHRISTIAN EBNER/DPA