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Die "Rechtskoalition" wird die Privatisierung weiter vorantreiben : "Privatisierung von unten und von oben"

( Ende 1983 erstelltes Papier aus einem Diskussionsbeitrag zur Kommunalen Bundeskonferenz der SGK in München )

Es gibt in der bundesdeutschen Wirtschaftspolitik Rahnenbedingungen, bei denen wir Sozialdemokraten uns gegen konservative Vorstellungen wehren müssen,, die bis tief in unsere Partei hineinreichen.

Eine solche Erscheinung ist die Privatisierung der öffentlichen Aufgaben und hier insbesondere die Privatisierung: der öffentlichen Unternehmen. Während die Gewerkschaft ÖTV sich intensiv mit der Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen ( verständlicher Weise aus Interessengründen ) beschäftigt, hört man im allgemeinen wenig von der Privatisierung öffentlicher Unternehmen.

Hier möchte ich 2 Arten unterscheiden :

einmal eine ."Privatisierung von oben", die sich vor alle» auf Bundesebene abspielt, und

zum anderen eine "Privatisierung von unten" , die sich weitgehend auf kommunaler Ebene bewegt
.
Die "Privatisierung von oben " ist in den letzten Wochen von der Unternehmerseite her aufgegriffen und dann von den rechtslastigen Medien propagiert worden, sodaß sich inzwischen auch das Bundesfinanzministeriurm damit befaßt
.
Meines Erachtens geht es hier darum, daß vor alle Großaktionäre ( z, B. Krupp, Mannesmann, Harpener AG ) , die ihre verlustbringenden Anteile ( z. B. bei der Ruhrkohle AG ) abstoßen, nunmehr gewinnbringend in anderen Sparten (z.B. bei der VEBA AG, bei der VW AG ) anlegen wollen. Dies ist offenkundig und fast täglich in den Wirtschaftsteilen der großen Zeitungen ( z. B. FAZ, Handelsblatt ) au lesen ( vergl. Anlage : Zeitungsbericht aus der " FAZ ." vom o1. 1o. 1983 : "Wechselt die Ruhrkohle AG 2 um Teil den Besitzer ? " Hier müßte u. a. im Vorfeld geprüft werden, inwieweit der § 6 b des Einkommensteuergesetzes zum Zuge kommt

Anders ist es bei der "Privatisierung von unten" auf kommunaler Ebene, die sich fast geräuschlos abspielt: Hier werden von privaten Wirtschaftsprüfungsunternehmen kommunale Eigenbetriebe animiert, aus Steuerersparnisgründen sich zunächst in eine private Rechtsfora umzuwandeln ( meist in die Form einer GmbH ) , um dann nach diesem ersten Schritt der Privatisierung sich überregionalen Energie- und neuerdimgs auch Wassermultis anzuschließen» Diese stellen dann ihre gewinnbringenden Kapitalanteile privaten Kapitalanlegern zur Verfügune, was z. T. in unübersichtlichen Verschachtelungen geschieht.

Hier schließt sich dann der Ring dieser umfassenden Privatisierung , was am größten deutsehen Unternehmen, dem VEBA- Konzern, am deutlichsten beobachtet werden kann.

Die Verluste der integrierten Verlustgesellschaften ( z. B. der Ruhrkohle AG } werden durch überhöhte Strom-, Gas und Wasserpreise zu Lasten des " kleinen Mannes " nicht nur im Konzern ausgeglichen, sondern es werden auch noch den privaten Kapitalanlagem feste hohe Dividenden garantiert ( bei der VEBA z.B 15 % ).

Dies soll an einem konkreten Beispiel dargestellt werden :

In Höxter wurden Ende 1977 sämtliche Wasserbrunnen der Stadt an den Gelsenwasserkonzern verkauft und mit ihm zusammen eine Gas- und Wasser- Verteilungsgesellsehaft. gegründet (50 % Stadt Höxter + 5o % Gelsenwasserkonzern ). Bekanntlich besitzt die VEBA 25 % der Gelsenwasseranteile.

Einige Jahre vorher war bereits das Kreiselektrizitätsamt Höxter, welches den Altkreis Höxcter mit Strom versorgt hatte, an die PESAG verkauft und somit über die PREAG an den VEBA- Konzern angeschlossen worden.

Die Gewinne des Gelsenwasser- Konzerns aus dem Wasser- und Gasgeschäft fließen dann genau wie die aus dem Stromgeschäft über PREAG und PESAG dem VEBA- Konzern zu, der durch die Privatisierung von oben" immer »ehr an private Anleger verteilt.

Zusammenfassend kann man sagen : Es werden durch die "Privatisierung von unten" immer mehr kommunale Energie- und Wasserunternehmen an diese Konzerne oder "Multis" angeschlossen, deren Erträge dann durch die " Privatisierung von oben in immer stärkerem Umfang an Private ausgeschüttet werden.

Es muß noch darauf hingewiesen werden, daß es sich hier vorwiegend um Monopolgewinne handelt. Das hat nun mit "Marktwirtschaft " und erst recht nichts mit "sozial" zu tun. Das ist "Monopolkapitalismus". Wenn wir als Sozialdemokraten das Godesberger Programm ernst nehmen, dann müssen wir eine Strategie entwickeln gegen diese Privatisierung von öffentlichen Unternehmen. Ich verweise dabei auf den Abschnitt * Eigentum und Macht " unseres Perteiprogamms .

Was kann man aber gegen diese Entwicklung tun ?

1. Man muß vor allen Dingen den Anfängen wehren, d. h. Umwandlungen von kommunalen Eigenbetrieben in GmbHs nicht zulassen.

2. Man muß die Bevölkerung rechtzeitig auf die finanziellen Folgen (hohe Strom«, Gas- und Wasserpreise ) hinweisen.

3. Man muß die Öffentlichkeit und die Politiker auf die Hintergründe dieser Entwicklung aufmerksam machen. ( "Ausbeutung der Natur und des Menschen" , Beiräte als "selbst geschaffene Lobby der Konzerne )

4. Die schädlichen, vor allem umweltschädlichen Auswirkungen dieser wirtschaftlichen Entwicklung sollte man in den Medien verbreiten.

Was ist in der Zwischenzeit dagegen unternommen worden ?

Im Kreis Höxter und darüber hinaus in Ostwestfalen- Lippe ( Regierungsbezirk Detmold ) wird seit 1978 in der Partei und in der Öffentlichkeit eine Diskussion über die Privatisierung von öffentlichen Unternehmen, insbesondere von Wasserwerken geführt, die folgende Ergebnisse bringt :

September 1978 :
Verhandlungen über den Verkauf der Stadtwerke Detmold an den Gelsenwasserkonzern scheitern.

Juni 1979 :
SPD- Landesparteitag in Herne spricht sich gegen eine weitergehende Privatisierung und Teilprivatisierung
von Trinkwasseranlagen in NRW aus

1979 bis 1981 :
Die Diskussion um den Wasserverbund OWL führt dazu, daß sich Gelsenwasser bereit erklärt, hier nur 25 % statt der bereits vertraglich festgelegten 5o % Anteile zu übernehmen.

Januar 1981 :
Die "Wasserkonferenz" des SPD- Bezirks OWL lehnt mit überwältigender Mehrheit einen Wasserverbund OWL mit dem Gelsenwasserkonzern ab.

September 1981 :
Der Wasserverbund OWL mit 25 %-iger Beteiligung des Gelsenwasserkonzerns kommt trotzdem zustande.

Mitte 1981 :
Der AfA- Landesverband NRW setzt auf Wunsch von Friedhelm Farthmann eine " Gelsenwasserkumission " ein, die

Mitte 1983
nach Vorlage eines Zwischenberichts ihre Arbeit weiter fortsetzt.

1979 bis 1983 :
Die Diskussion über die "Kreiswasserversorgung Höxter GmbH ( 5o % Kreis + 5o % Gelsenwasserkonzern ) führt dazu, daß diese vorläufig ruht, weil die Städte des Kreises Höxter wegen der hohen Kosten das Höxteraner Wasser des Gelsenwasserkonzerns ablehnen.

Ende 1981 :
Die von der betreffenden Wirtschaftsprüfunsgesellschaft vorgeschlagene Umgründung der Stadtwerke Steinheim ( Kreis Höxter ) wird vorläufig zurückgewiesen. Dagegen werden in Herford und Minden solche Umgründungen vorgenomiaen

Juli 1983 :
Im Wasserrechtsverfahren zwecks Erschließung der Höxteraner Gelsenwasserbrunnen für den Wasserverbund OWL und die Kreiswasserversorgung Höxter lehnt die Stadt Höxter vorläufig jegliche Wasserentnahme für diese Vorhaben ab.

Oktober 1983 :
Gegen eine geplante Umgründung der Stadtwerke Warburg wird Stellung genommen.
In Ostwestfalen- Lippe formieren sich die örtlichen Naturschutzverbände und Bürgerinitiativen gegen den Wasserverbund OWL .