Zurueck zu "Zusammenfassende Abhandlngen"

Sozialdemokratische Partei Deutschlands
- Unterbezirk H ö x t e r -
Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen

Referat zum Thema "Formen der Privatisierung von öffentlichen Aufgaben"
( gehalten auf dem Wochenendseminar " Privatisierung " in Höxter- Bruchhausen am 13. 06. 1980 )

I, Einleitung : Was versteht man unter "Privatisierung" ?

Privatisierung bedeutet, daß öffentliche Aufgaben, die bisher von der öffentlichen Hand ( Bund, Länder, Kommunen ) durchgeführt wurden, nunmehr auf private Personen oder privatrechtliche Gesellschaften ( also auf privatrechtlich betriebene Unternehmen ) übertragen werden. Ihre Hauptproblematik besteht darin, dass Aufgaben, die bisher aufgrund ihrer Besonderheit gemeinschaftlich betrieben wurden ( und zwar, weil sie alle Bürger betrafen ) nunmehr von privaten Interessengruppen nicht mehr gemeinnützig, sondern gewinnstrebend, d. h, nach egoistischen Motiven, bewirtschaftet werden. Notwendiger Weise spielt nicht mehr der gemeinsame Nutzen, sondern das private persönliche Gewinninteresse die vorrangige Rolle.

II. Die Entwicklung der Privatisierung in der BRD

In der BRD hat es 2 Phasen der Privatisierung gegeben :

Die 1. Phase, die sich Ende der fünfziger und Anfang der sechziger Jahre unseres Jahrhunderts entwickelte, wurde hauptsächlich mit ordnungspolitischen und vermögenspolitischen Argumenten begründet. Das industrielle Bundesvermögen, das sich in den ersten Jahren des sog. "deutschen Wirtschaftswunders" gebildet hatte, wurde in in Form von sog. " Volksaktien " ( mit Rabatterlass bei Verdienern kleiner Einkommen ) in Privateigentum überführt.

Beispiele sind der Verkauf der PREUSSAG-, VEBA- und der VW- Aktien . Diese vermögenspolitisch motivierte , auf den Ideen der sog. " Sozialen Marktwirtschaft " beruhende " Entstaatlichung " , die der großen Masse der Bevölkerung eine " Mitbeteiligung " und auch " Mitbestimmung " an dem Produktionsvermögen der Volkswirtschaft geben sollte, scheiterte letztlich an der nachfolgenden Konzernbildung und damit der Monopolisierung sowie an der Ausübung des Depotstimmrechts durch die Banken. Eine Folgeerscheinung dieser Privatisierungsphase war der Verkauf des Höxteraners Kreiselektrizitätsamtes ( KEA ) an die PESAG , die über die PREAG  ( Preussische Elektrizitäts Aktiengesellschaft ), der u. a. auch das Kernkraftwerk Würgassen gehört , an die VEBA angeschlossen ist. Auch der Gelsenwasserkonzern, an den die Höxteraner Wasserwerke verkauft wurden, ist mit der VEBA verflochten. Die VEBA verfügt indirekt über ca. 25 % der Gelsenwasser AG. Die VEBA selbst gehört zu 43,75 % der BRD , der Rest ist Streubesitz von rund 1 Million Kleinaktionären, deren Stimmrecht allerdings vorwiegend von den großen Banken ausgeübt wird, die dann auch SchlüsseIpositionen im Aufsichtsrat einnehmen.

Die VEBA besitzt übrigens 86,5 % der PREAG, und diese wiederum ca. 55 % der PESAG. An der PREAG und der PESAG ist der Kreis Höxter beteiligt.

Die 2. Phase der Privatisierung, in der wir uns zur Zeit befinden, setzte Mitte der siebziger Jahre ein, als eine Finanzmisere , besonders bei den Kommunen, auftrat. Die öffentlichen Haushalte sollten durch Aufgabenübertragung an private Unternehmen finanziell entlastet werden. Auch das ordnungspolitische Argument ( " Freie Unternehmer arbeiten wirtschaftlicher als staatliche, gemeinnützige Unternehmen." ) spielt hier wieder eine Rolle in der Diskussion. Man spricht auch von einer " Systemveränderung von rechts" ( bei den Gegnern ) und von " Entstaatlichung " ( bei den Befürwortern ). Zur Zeit werden diese ideologischen Argumente sehr stark von der CDU- Landesregierung von Niedersachsen unter Minsterpräsident Albrecht und seiner Wirtschaftsministerin Birgit Breuel vertreten. Hierbei geht es vor allem um die Übertragung von Hilfstätigkeiten für die öffentliche Hand ( z. B. Gebäudereinigung ) und von bestimmten Aufgaben der Leistungsverwaltung ( z. B. Müllabfuhr ). In der wtrtschaftlichen Depression dieser Zeit suchten vor allem kleine und mittlere Betriebe ein neues Betätigungsfeld. Von CDU und FDP wurde daher im Interesse des Mittelstandes diese " Entstaatlichung " gefordert.

Die Privatisierungsdiskussion ist zur Zeit zurückgegangen. Auch die von der niedersächsifjen Landesregierung neu entfachte ideologische Diskussion auf diesem Gebiet hat bisher wenig Erfolg gebracht. Bei einer späteren schlechteren Wirtschaftslage wird allerdings die Privatisierungsdebatte sofort wieder einsetzen.

III. Stellungnahme der Parteien und Verbände zur Privatisierung

Die Privatisierung wird hauptsächlich von den Parteien befürwortet, die in ihren Reihen eine starke wirtschaftliche Lobby haben, d. h..von der CDU und der FDP. Aus finanzpolitischen Gründen hat es auch in einigen von der SPD beherrschten Kommunen Befürworter der Privatisierung gegeben und gibt es auch wohl  jetzt noch.

Die SPD hat sich dann allerdings auf dem Hamburger Bundesparteitag 1977 gegen die Privatisierung öffentlicher Aufgaben ausgesprochen. Auch der SPD- Unterbezirk Höxter war seiner Zeit an der Willensbildung in diesem Sinne beteiligt.

Die Hauptgegner einer Privatisierung sind allerdings die Gewerkschaften, insbesondere die ÖTV, weil hierdurch die Rechte der Arbeitnehmer wesentlich verschlechtert werden.

IV. Formen der Privatisierung

In welchen Formen tritt nun die Privatisierung auf ?

In der Vorlage ( s. Anlage ) sind die verschiedenen Formen nach unterschiedlichen Gesichtspunkten aufgeführt :

1.  Rechtsformen der Privatisierung

1.1. Ein Aufgabenbereich ( z. B. die Gas- bzw. Wasserversorgung ) wird aus dem öffentlichen Haushalt ausgegliedert und

1. 1. 1. auf einen Eigenbetrieb bzw einen Zweckverband ( bei mehreren Kommunen ) übertragen, die nach öffentlichem Recht geführt werden. Hier liegt keine Privatisierung vor. Beispiele für diese Lösung sind die Stadtwerke ( z. B. in Beverungen, Warburg, Gütersloh, Herford ) sowie der Sparkassenzweclcverband Höxter, an dem der Kreis Höxter und die Städte Höxter und Warburg als sog. Zweckverbandsmitglieder beteiligt sind.

Die Vorteile dieser öffentlich- rechtlichen Betriebe gegenüber den nachfolgend aufgezeigten privatrechtlichen Betrieben ( in Form einer GmbH bzw. AG ) sind folgende :

-  Minderheiten müssen nach dem Verhältnis der parlamentarischen Gremien an der Kontrolle beteiligt werden.

-  Die Sitzungen der Vertreterversammlung ( Werksausschuß, Zweckverband) müssen nach der Gemeindeordnung öffentlich stattfinden. An nichtöffentlichen Sitzungen können alle Mandatsträger teilnehmen.

1. 1. 2. Die öffentliche Aufgabe wird auf eine Eigengesellschaft in privater Rechtsform ( meist : GmbH oder AG ) übertragen, z. B. bei Versorgungsbetrieben : Stadtwerke GmbH's ( wie in Bielefeld, Paderborn, Detmold usw. ). Hier gibt es 2 Möglichkeiten :
1. 1. 2. 1. Alle Geschäftsanteile bleiben im Besitz der öffentlichen Hand. Das ist keine eigentliche Privatisierung, kann aber zu einer kommerziellen, d. h. kaufmännischen , statt einer gemeinnützigen Geschäftsgebahrung ( mit starkem Gewinninteresse ) führen, z. B. Westfälische Ferngas AG, deren Anteile sich im Besitze vom Landschaftsverband und von Kommunen befinden. Die unter 1. 1. 1. angegebenen Vorteile einer öffentlichen Kontrolle fallen weg. Die Gesellschaft kann ein vollkommenes Eigenleben führen. So wußten z.. B. die Ratsvertreter der Stadt Detmold nichts von den Verkaufsverhandlungen der Stadtwerke GmbH mit dem Gelsenwasserkonzern.

1. 1. 2. 2. Sog, gemischtwirtschaftliche Gesellschaften mit privaten und öffentlichen Anteilen betreiben das Unternehmen meist nur nach erwerbswirtschaftlichen Grundsätzen, oft unter Nichtbeachtung des gemeinnützigen Interesses, z, B, VEBA AG , Gelsenwasser AG, die Stromgesellschaften RWE, PREAG, EAM usw.

Diese privatrechtlichen Unternehmensformen , die sich im Laufe der Zeit in Konzerne, außerdem noch undurchschaubar; verschachtelt haben, sind von der Öffentlichkeit kaum zu durchblicken, geschweige denn zu kontrollieren. Sie verselbständigen sich und führen ein Dasein, was nicht nur sozialdemokratischen Grundsätzen, sondern eigentlich auch den Prinzipien einer Sozialen Marktwirtschaft  widerspricht. Von Marktwirtschaft gibt es keine Spur mehr. Da ein allgemeines Versorgungsgut ( Gas, Wasser, Strom ) und zudem noch mit einem starren Leitungsnetz verkauft wird, handelt es sich hier um Monopole. Die Preisgestaltung erfolgt auch nicht nach sozialen Gesichtspunkten. Der Staat greift auch nicht zugunsten des sozial Schwachen ein ( wie es ja bei der " sozialen Marktwirtschaft " sein soll ), sondern er subventioniert nur ( z. B. bei Erdgas-  und Wasserverbundleitungen ) , um Privilegien von Kapitalbesitzern ( Aktionären ), kommunalen Spitzenbeamtem bzw. Spitzenpolitikern und hohen Gewerkschaftsfunktionären  ( hier als Mitglieder von Aufsichtsräten, Beiräten usw. ) aufrechtzuerhalten.

1. 2. Ein öffentlicher Aufgabenbereich ( z. B. die Müllabfuhr ) wird auf ein privates Unternehmen übertragen. Die öffentliche Hand behält aber noch im öffentlichen Interesse die Einflußnahme. Auch hier gibt es 2 Möglichkeiten :

1. 2. 1. das sog. " Submissionssystem " , oder auf deutsch : Vergabesystem. Hier könnte man im weitesten Sinne schon jede Vergabe eines Bauvorhabens als " Privatisierung " bezeichnen, was man aber nicht nacht. Es handelt sich hier meist um eine ständige Tätigkeit , die an Private vergeben wird ( Gebäudereinigung z. B. ). Die Festlegung der Tarife erfolgt durch die öffentliche Hand, die Vertragspartner der Haushalte bleibt.

1. 2. 2. das sog. " Konzessionssystem " . Die Vergabe erfolgt an Privatunternehmer aufgrund einer Konzession mit privater Tarifgestaltung. Das private Unternehmen ist gleichzeitig direkter Partner der Haushalte. Das Unternehmen zahlt an die öffentliche Hand eine sog. " Konzessionsabgabe " , die allerdings die Tarife zusätzlich belastet. Dieses System haben wir bei Strom, Gas und ggf. auch bei Wasser. Auch dann, wenn ein städtischer Eigenbetrieb bzw. eine Eigengesellschaft vorliegt, muß eine Konzessionsabgabe gezahlt werden.

1.3. Die öffentliche Aufgabe wird vollständig ausgegliedert, einmal

1. 3. 1. auf freie gemeinnützige Träger, wobei die öffentliche Hand bis zu 100 % Zuschüsse gewährt.

Hier sind vor allem soziale Aufgaben zu nennen, die meist von kirchlichen Stellen und ihnen nahestehenden Organisationen ( Caritas, evangelisches Hilfswerk usw. ) sowie anderen freien Trägern ( Arbeiterwohlfahrt, Rotes Kreuz u.a. ) übernommen werden.

Die Übertragung solcher sozialen Aufgaben, die z. T. durch das gesetzlich vorgeschriebene Subsidaritätsprinzip gefördert wird, ist solange gut zu heißen, solange nicht Minderheiten dadurch benachteiligt werden. Auch die Tatsache, daß z. B. durch Richterspruch in solchen Einrichtungen der Kirche eigenes Arbeitsrecht gutgeheißen wird, stimmt bedenklich.

1. 3. 2. Die öffentlichen Aufgaben werden auf private Unternehmen übertragen und nach der Ausgliederung aus dem öffentlichen Haushalt von diesen vollständig übernommen. Hier ist mir nur der Fall des Hafenumschlags im Rheinhafen von Karlsruhe bekannt geworden.

2. Privatisierung in den verschiedenen Gebietsbereichen

Dabei unterscheidet man i

2. 1. Privatisierung auf Bundesebene: Neben der bereits erwähnten Privatisierung des industriellen Bundes-Vermögens ( VEBA AG, PREUSSAG AG, VW.AG ) ist zur Zeit u. a. die Privatisierung von rentablen Gebieten der Bundespost im Gespräch.

So will zur Zeit die FDP gegen den Widerstand der SPD- Bundestagsfraktion und der Gewerkschaften den Postreisedienst mit 2800 Fahrern in Regionalverkehrsgesellschaften, die als GmbH peführt werden sollen, einbringen, wie sie bereits in Kiel, Hannover und München existieren. Bundespostminister Gscheidle strebt eine Einbringung in die öffentlichrechtliche Verkehrsverwaltung der Bundesbahn an ( vergl. " FAZ " v. 02. 05. 1980 ).

Außerdem soll gemäß eines Beschlusses des Haushaltsausschusses im Bundestag der Regiebetrieb der Wasserstraßenverwaltung gegen den Widerstand der SPD und ÖTV privatisiert werden ( vergl. FAZ " vom 30. 04. 1980 ).
Die SPD- Bundestagsfraktion wird in Kürze ein internes Hearing zum Thema " Privatisierung " durchführen.

2. 2. Privatisierung auf der Landesebene NRW

Aufgrund eine Antrags der CDU- Landtagsfraktion zur " Entstaatlichung " fand am 27. 04. 19?3 im Düsseldorfer Landtag eine Debatte statt, auf dem u. a. unser Landtagsabgeordnete Horst Hein sprach. Nach den Aussagen des damaligen Landesinnenministers Hirsch ( FDP ) waren im Jahre 1976 ( vergl. Plenarprotokoll 8/74 vom 27. 04. 1978, ausgeführt auf Seite 5230 C ) :

- von 689 Krankenhäusern im Lande NRW allein 554 ,
- 82 % der Tageseinrichtungen für Kinder,
- 80 % der Altenheim- und Altenwohnheimplätze ,
- 20 % der Gymnasien,
- 57 % der Weiterbildungseinrichtungen,
- 67 von 117 Unternehmen des Straßenpersonenverkehrs ( Linienverkehr ) in privater bzw, freier gemeinnütziger Trägerschaft.

Danach zahlt das Land NRW für die Erbringung von Sach- und Dienstleistungen auf der örtlichen Ebene 2 bis 3 Milliarden DM jährlich an nichtöffentliche Träger für Krankenhäuser, Jugend- und Altenheime, Sport , Personennahverkehr usw.

2. 3.. Privatisierung im kommunalen Bereich

Hier liegen die wesentlichsten Privatisierungsmaßnahmen fast 20 Jahre zurück. Sie umfassen meist Angelegenheiten der freiwilligen Selbstverwaltung.

Nach Landesinnemninister a. D. Hirsch ( lt. Aussagen in der o. a. Debatte gem.Protokoll, Seite 5231 D ) sind privatisiert worden in NRW :

- bei 71 % der Gemeinden die Abfallbeseitigung,
- bei 21 % die Kanalreinigung,
- bei 23 % dlie Straßenreinigung,

3. Die Sachbereiche der Privatisierung

Sie sind auf Seite 2 und 3 der Vorlage ( s. Anlage ) gegliedert aufgeführt. Sie sind allerdings nicht vollzählig.

Über Sachbereiche, die unter 3. 4 . aufgeführt sind, soll kurz einiges gesagt werden :

3. 4. 1. . Die Privatisierung von Rundfunk und Fernsehen wird natürlich von der CDU nur deshalb betrieben, um damit die Regierungsmacht  zu bekommen und später zu befestigen.

3. 4. 2. Die Privatisierung von Sparkassen wurde Anfang 1980 u. a. von dem  FDP- Generalsekretär Verbeugen auf einer beamtenpolitischen Tagung angesprochen. Er meinte, man müsse darüber diskutieren, sie dürfe kein Tabu sein.

Obwohl die kommunalen Spitzenverbände, insbesondere der Deutsche Städtetag , den Rechtsstatus der Sparkassen erhalten wollen, möchte ich einige Tendenzen zu einer Privatisierung aufzeigen :

1. Tendenz : Die Sparkassenbedienstete können nur noch Angestellte sein. Die Direktoren erhalten Spitzengehälter. Bei ihrer Bezahlung werden die Bilanzsummen, in einzelnen Fällen auch zur Berechnung die Gewinne herangezogen, was kürzlich erst durch ein Oberverwaltungsgericht als erlaubt bestätigt wurde.

2. Tendenz : Die gesetzliche Maßgabe, mindestens 5 % der Einlagen als sog. Sicherheitsrücklage anzusammeln, führt zusammen mit der erlaubten Gewinnbeteiligung der Sparkassendirektoren zu einem Gewinnstreben. Die Sicherheitsrücklage selbst kann man als eine Vorstufe für die von bestimmten politischen Kräften angestrebte Umwandlung in Aktiengesellschaften ansehen, wobei damit bereits eine private Rechtsform als eine Vorstufe der Privatisierung erreicht würde. Auch hat es bereits Überlegungen über eine Außenfinanzierung durch Hafteinlagen von Privatpersonen gegeben ( vergl. Broschüre " Sparkassen und Kommunen " , Seite 22/23,  Heft 7 der Schriftenreihe des Arbeitskreises für kommunalpolitische Bildung e. V.)

3. Tendenz : Eine durch die Gebietsneugliederung bedingte und sogar mit gesetzlichem Zwang durchgeführte Zentralisierung der Sparkassen begünstigt auch eine Privatisierung ( ähnlich wie bei den Versorgungsunternehmen mit Strom, Gas, Wasser usw. )
.
4. Tendenz : Die Durchsetzung der Einführung von Kontoführungsgebühren auch bei Sparkassen durch die Spitzenverbände zeigt bereits, wie auch hier die große Masse der Bürger, vor allem der Arbeitnehmer, herangezogen werden soll, die Kosten für einen Geschäftszweig aufzubringen, der vordem noch als unentgeltliche, also auch öffentlicher Dienstleistungsbereich  im Vorfeld eines gemeinnützigen  Spargeschäftes galt . Noch gehört das Depositengeschäft nicht zu den Aufgaben einer Sparkasse. Ihr gesetzlicher Auftrag lt. § 3 des Sparkassengesetses von NRW ist es, " den Sparsinn und die Vermögensbildung zu fördern ".

4. Formen der Privatisierung nach dem wirtschaftlichen Erfolg

4. 1. Dir Gewinngesellschaften

Sie dienen dazu, um die große Masse der Bevölkerung über hohe Preise oder Gebühren zur Kasse zu bitten ( z.. B.  bei den Gas- , Wasser- und Strompreisen ), damit bestimmte privilegierte Kreise davon profitieren :

- von Dividenden, welche privaten Aktionären , aber auch öffentlich-rechtliche Körperschaften zufließen,
.
- von Tantiemen ( Aufwandsentschädigungen oder Sitzungsgeld ), die an die betreffenden Mitglieder der Organe der Gesellschaft ( Vertreterversammlung, Generalversammlung, Gesellschafterversammlung, Hauptversammlung; Aufsichtsräte, Verwaltungsräte, Beiräte; Geschäftsführer, Vorstandsmitglieder, Direktoren usw. ) gezahlt werden.

Es würde an dieser Stelle zu weit führen, darzustellen, mit welchen raffinierten Methoden ( " Dumpingpreise ", Gewinnverteilung innerhalb der Konzemverflechtungen, verdeckte und offene staatliche Subventionenu. u. a. . ) diese moderne Art der "Ausbeutung " vor sich geht.

Da hat man eich eine besondere Art der Gewinngesellschaft ausgedacht, die nur den  Zweck hat, Erträge der öffentlichen Hand zu verteilen. Es werden z. B. Einnahmen aus Erträgen von Wirtschaftsuntemehmen dadurch aus dem öffentlichen Haushalt ausgegliedert, indem man das Nießbrauchrecht an eine eigens dafür gegründete gemeinnützige Gesellschaft überträgt. Man braucht dann keine Kapitalertragssteuer zu zahlen. Angefangen damit hatte die BRD, welche die Dividenden aus ihren VW- Aktien an eine " Volkwagenwerk-Stiftung " auf diesem Wege übertrug. Im Kreis Höxter entstand kurz vor der Kreisneugliederung eine besondere Wirtschaftsförderungs- GmbH, deren Aufgabe es sein sollte, die Dividenden aus den Stromaktien ( der PREAG und der PESAG ) unversteuert aufzunehmen, zunächst noch unter dem vorgetragenen Gedanken, diese Erträge allein den 7 Großgemeinden des Altkreises Höxter zu erhalten.

Später wurde dieser Gedanke allerdings fallengelassen, obwohl die Organe der EAM , von der der Altkreis Warburg seinen Strom bezieht, der Abtretung des Nießbrauchrechtes nicht zustimmten, sodaß diese Dividenden nicht aus dem öffentlichen Haushalt ausgegliedert werden konnten.

Die Gelder der Wirtschaftsförderungsgesellschaft werden mehr oder weniger parlamentarisch unkontrolliiert für Wirtschaftsförderungsmaßnahmen, d, h. vor allem zur Verbesserung der Infrastruktur , ausgegeben. ( z. B.zum Bau von Erdgasleitungen.).

Seit es eine Gerichtsentscheidung des Bundesfinanzhofes gibt ( 1976 ), daß nicht der Nießbraucher, sondern der Eigentümer die Dividenden versteuern muß, ist man auf den Gedanken gekommen, die Aktien selbst an eine Verlustgesellschaft zu übertragen. Dies ist kürzlich bei der Stadt Höxter geschehen, wo die von der Stadt aus Erlösen des Verkaufs der städtischen Wasserbrunnen erworbenen Gelsenwasseraktien an die Kur- und Bäder- GmbH Hoxter- Bruchhausen weiterveräußert wurden. Aus der " Verlustgesellschaft " ( siehe unten ) wird nun eine " Abschreibungsgesellschaft ", wobei die üblen Praktiken dieser privaten Gesellschaften von einer in privater Rechtsform geführten " öffentlicher Körperschaft " ( Eigentümer dieser Kur- GmbH ist zu 100  % die Stadt Höxter) übernommen werden.

Die o. a. Entscheidung des Bundesfinanzhofes wird allerdings noch nicht für den " öffentlichen Steuerhinterzieher " angewandt.. Ob nunmehr das private Steuerrecht auf eine öffentliche Körperschaft Anwendung findet, soll in Verhandlungen der kommunalen Spitaenverbände mit den Finanzninistern geklärt werden.

4., 2. Die Verlustgesellschaften

Während die Gewinngesellschaften, wie wir eben gehört haben, dazu dienen, Massenbedürfnisse der pesamten Bevölkerung ( z. B. im Energiebereich )  zur Gewinnerzielung für bestimmte private und öffentliche Haushalte zu nutzen, sollen die sog. Verlustgesellschaften Luxusbedürfnisse der Privilegierten staatlich subventionieren ( z. B. Fluglandeplätze für den Motorflugsport ).

Am Beispiel des Luftlandeplatzes Höxter- Brenkhausen soll dies dargestellt werden : Hier hatte ein privater Luftsportverein im Vorfeld einen Fluglandeplatz geplant, die staatlichen Zuschüsse zunächst für eine Graspiste verwendet. Nachdem im Rat der Stadt Hoxter zunächst ein Grundsatzbeschluß zum Ausbau und der damit verbundenen Übernahme durch die Stadt gefaßt worden war, wurde das Planfeststellungsverfahren usw. zunächst von dem Verein noch durchgeführt. Dann wurde eine GmbH gegründet, an der die Stadt, später auch der Kreis beteiligt wurde. Die nun anfallenden Invstitionen und Betriebskosten mußten dann die öffentlichen Hände ( Stadt, Kreiü, Land ) tragen.

Ähnlich ist es wohl auch beim Flugplatz Ahden bei Paderborn zugegangen. Hier ist mir allerdings noch bekannt, daß .zu dem Bundestag -Wahlkampf 1969 die Firma Nixdorf große Summen an die Parteien gegeben hat. Ich erinnere bei dieser Gelegenheit an die bekannte Spendenaffäre einer Großreinigungsgesellschaft mit der Frankfurter SPD , die damals der Partei bei den anstehenden Kommunalwahlen die Mehrheit gekostet hat.

Bei den Verlustgesellschaften gibt es allerdings auch die des Personennahverkehrs und des Massensports, wobei die Subventionen größeren Bevölkerungsteilen zugute kommen. Es ist auch vertretbar, daß bei Stadtwerkcn in Form der Eigengesellschaft die Verluste aus dem Personennahverkehr durch Gewinne aus dem Gas-, Strom- oder Wassergeachäft gedeckt werden.

V.  Zusammenfassung

Zum Schluß soll in einer Zusammenfassung dargestellt werden, wie sich eine Privatisierung, vor allem im Versorgungsbereich , entwickelt hat und sich , wie zur Zeit im Wasserbereich , weiter entwickelt :

1. Schritt der Privatisierung
:
Öffentliches Vermögen ( z. B. Wasserwerke ) oder öffentlich erbrachte Dienstleistungen ( z. B, Müllabfuhr ) werden ausgegliedert und als Eigenbetrieb in öffentlicher Regie betrieben ( z. B. Stadtwerke, Sparkasse ).

2. Schritt der Privatisierung

Die Eigenbetriebe ( z. B.jetzige Sparkassen ) werden immer mehr gewinnbringend, nicht mehr gemeinnützig; betrieben.

3. Schritt der Privatisierung

Die Eigenbetriebe werden zu eigenen Kapitalunternehmen ( Eigengesellschaften ). Sie erhalten eine private Rechtsform ( GmbH, AG ).  Beispiele:  Stadtwerke GmbH, Westfälische Ferngas AG .

4. Schritt der Privatisierung

Privatrechtlich geführte öffentliche Unternehmen schließen sich ggf. mit bereits bestehenden gemischtwirtschaftlichen oder auch privaten Unternehmen zusammen ( z. B. Wasserverbund Ostwestfalen- Lippe GmbH ) .

5. Schritt der Privatisierung

Kommunen verkaufen ganze Werke oder Anteile davon ( GmbH- Anteile, Aktien ) an Konzerne und erwerben unter Umständen dafür Aktien dieser Konzerne. Dies ist geschehen bei dem Verkauf des KEA ( Kreiselektrizitaetsamt ) Höxter an die  Preag. Es wurden hauptsächkich Aktien der PREAG erworben ( der Konzernmutter ). Die Stadt Höxter hat auch von dem Erlös der Stadtwerke  für rund 1 Million DM Aktien der Konzernmutter, der Gelsenwasaer AG, gekauft.

6. Schritt der Privatisierung

Die Konzerne verkaufen ihre Anteile an private Anleger ( z. B. bei der Ausgabe der VW- Aktien, VEBA- Aktien, der sog." Volksaktien " )

7. Schritt der Privatisierung

Bei den Konzernen werden dabei rentable von unrentablen Teilen getrennt. Die rentablen Teile werden privatisiert, die unrentablen verbleiben der öffentlichen Hand. Schlagwörter  " Privatisierung der Gewinne " und " Verstaatlichung der Verluste " , Beispiele : Postdienst, Ruhrkohle AG .
 

Anhang I und II wurden an die Teilnehmer verteilt
 

Anhang 1 : Politische und rechtliche Auswirkungen der Privatisierung
 

1  Rechtliche Auswirkungen

1. 1.  Rechtliche Auswirkungen auf den Bürger

1. 1. 1. Die Öffentlichkeit der nun nach privatem Recht durchgeführten gemeinnützigen Aufgabe wird beschränkt. Der Bürger hat keine direkte Einfluß- und Informationsmöglichkeit mehr.

1. 1. 2. Das Informations- und ggf. Einspruchrecht des Bürgers gem. § 66 Abs. 3 Satz 2 GO NW fällt weg, wenn die Aufgabe aus dem Haushaltsplan ausgegliedert ist.

1. 2.  Rechtliche Auswirkungen auf den Mandatsträger

1. 2. 1. Die Informations- und Einflußmöglichkeit der Mandatsträger wird ebenfalls beschränkt, da sie nicht alle an den Sitzungen z. B. der Gesellschafterversammlung teilnehmen können, was an den Sitzungen des Werksausschusses möglich wäre
Mitglieder eines Aufsichts- bzw. Verwaltungsrates sind formell zum Stillschweigen, auch gegenüber den Mandatsträgern in den Fraktionen verpflichtet
.
1. 2. 2. Die Einflußnahme der Verwaltung wird erweitert, da meist ihre Vertreter in den Gremien der Gesellschaft erscheinen.

1, 2. 3. Eine Akteneinaicht der Mandatsträger ist rechtlich nicht möglich.

1. 2. 4 .Eine Prüfung durch den Rechnungsprüfungsausschuß ist nicht möglich.

1. 5. Rechtliche Auswirkung auf die Arbeitnehmer :

Die rechtliche Stellung des Arbeitnehmers verschlechtert sich.
 

2 . Politische Auswirkungen

2. 1. Es findet eine Vermögensumverteilung zugunsten privater Unternehmer statt . ( Trend :"  Privater Reichtum , öffentliche Armut " )

2. 2. Gewinngesellschaften erzielen aus den Massenbedürfnissen der gesamten Bevölkerung Gewinne für privilegierte Bevölkerungsteile wie private Aktionäre, Aufsichtsrats- und Beiratsmitglieder u. a. ( bei Strom-, Gas- und Wassermultis ).

Verlustgesellschaften subventionieren ( mit öffentlichen Zuschüssen versehen ) Luxusbedürfnisse von Wohlhabenden, z. B. Fluglandeplätze für den Flugsport  oder unrentable öffentliche Betriebe ( z. B. Nahverkehr )

Schlagwort : " Privatisierung der Gewinne,  Sozialisierung der Verluste"

2. 3.  Die durch die Privatisierung eingesparten Personalkosten werden ggf. durch erhöhte Sachkosten und Folgekosten wieder  wettgemacht.

2..4. Der Privatunternehmer wird nur gewinnbringende Bereiche übernehmen. Deshalb findet langfristig immer eine  Verschlechterung der Haushaltslage statt,

2. 5. Die Möglichkeit des Finanzausgleichs zwischen ertragbringenden und verlustträchtigen Unternehmen der öffentlichen Hand entfällt. Der Bürger wird zweimal geschröpft : Über die kostendeckenden Preise hinaus muß er die Gewinne der Unternehmer finanzieren und über höhere Steuern die Verluste der Betriebe decken, die von Privatunternehmen verschmäht werden.

2. 6. Öffentliche Dienstleistungsaufgaben dürfen nicht nur unter rein betriebswirtschaftlichen, sondern müssen auch unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten gesehen werden.

2. 7. Eine immer weitergehende Privatisierung und Zentralisierung führt zur Monopolisierung mit Profitmaximierung, wie man es im Energiebereich bei Öl, Gas, Strom und neuerdings auch beim Wasser feststellen kann.
 

Anhang 2 : Formen der Privatisierung
 

1. Rechtliche Formen der Privatisierung

1.1. Ausgliederung aus dem öffentlichen Haushalt mit

1. 1. 1. Übertragung der öffentlichen Aufgabe auf einen Eigenbetrieb bzw. einen Zweckverband nach öffentlichem Recht ( = noch keine Privatisierung )

1. 1. 2. Übertragung der öffentlichen Aufgabe auf eine Eigengesellschaft in privater Rechtsform ( AG, GmbH ), z. B. bei Versorgungsbetrieben ( Stadtwerke ) , Nahverkehrsbetrieben .

1. 1. 2. 1. Alle Gesellschaftsanteile bleiben im Besitz der öffentlichen Hand ( = keine eigentliche Privatisierung , kann aber
zu einer kommerziellen statt gemeinnützigen Geschäftsführung führen , z. B. Westfälische Ferngas AG )

1  1. 2  2 . Gemischtwirtschaftliche Gesellschaft mlt privaten und öffentlichen Anteilen ( führt meist zu erwerbwirtschaftlicher Handlungsweise unter Nichtbeachtung des gemeinnützigen Interesses ), z. B. Veba AG, Gelsenwasser AG, Stromgesellschaften ( mit Tochtergesellschaften ).

1.2. Übertragung auf ein privates Unternehmen mit Einflußnahme der öffentlichen Hand im öffentlichen Interesse ( Beispiel : Müllabfuhr ) bei 2 Möglichkeiten :

1. 2. 1. Submissionssystem ( = Vergabe mit öffentlicher Tarifgestaltung )

1. 2. 2. Konzessionssystem ( = Vergabe aufgrund einer Konzession, d. h. Verleihung der öffentlichen Aufgabe, mit priveter Tarifgestatung )

1. 3. Vollständige Ausgliederung der öffentlichen Aufgabe

1 3.1. auf freie gemeinützige Träger ( mit öffentlichen Zuschüssen )

1 3.2. auf private Unternehmer bzw. Gesellschaften ( z. B. der Hafenumschlag  im Rheinhafen von Karlsruhe )
 

2. Privatisierung in den verschiedenen Gebietsbereichen

2. 1. Privatisierung auf Bundesebene , z. B. von industriellem Bundesvermögen wie Veba AG, Volkswagen- AG ( sog. " Volksaktien " )

2. 2. Privatisierung auf Landesebene , z. B. auf dem Kultur- und Schulbereich

2. 3. Pivatisierung im kommunalen Bereich , z. B. auf dem Ver- und Entsorgungsbereich, Krankenhaus-, Sozialweaen usw.
 

3. Sachbereiche der Privatisierung

3. 1. Hilfstätigkeiten für die öffentliche Hand ( Dienstleistungsaufgaben )

-Einzelplanungen, Aufstellung von Bebauungsplänen ,

- fachtechnische Prüfungen ( Gutachten ),

- Gebäude- und Glasreinigungen ( Fensterputzen ),

-  Druckerei- und Buchbinderarbeiten,

- Unterhaltung von Wald- und Grünflächen sowie  Straßen, Wegen, Platten und Parkhäusern,

- Wartung und Unterhaltung von Verkehrssignalanlagen und Parkuhren,

- Aufgaben des Fuhrparks,

- Schreibarbeiten,

- Küchen in Einrichtungen der öffentlichen Hand,

- Wäschereiarbeiten

- usw., usw. ,

3. 2. Aufgaben der Leistungsverwaltung

3. 2; 1. Übertragung der Durchführung auf Privatunternehmen

- Schlachthof,

- Gärtnerei,

- Fiedhofsamt,

- Zoo,

- Camping- Platz,

- Müllabfuhr,

- Straßen- und Kanalreimigung,

- Bauhof,

- Krankentransport,

3. 2. 2. Übertragung auf gemeinnützige Träger :

- Krankenhaus,

- Kindergarten,

- Jugendheim,

- Altenheim und Altentagesstätte,

- Schulen,

- Büchereien,

- Erwachsenenbildungsstätten,

- usw., usw. ,

3. 3. Übertragung auf kommunale bzw. gemischtwirtschafliche Gesellschaften :

- Strom-, Gas- , Wasserwerke ,

- Nahverkehr,

- Frei- und Hallenbad sowie sonstige Sportanlagen,

- Flugplätze,

- Wirtschaftsförderung (  Fremdenverkehrsverband ),

- Stadthallen,

- usw,, usw. , .

3. 4. Beondere Aufgaben

- Privatisierung von Rundfunk und Fernsehen

- Privatisierung der Sparkassen.
 

4. Unterscheidung nach dem wirtschaftlichen Erfolg

4. 1. sog. " Gewinngesellschaften " , z. B. im Energiebereich

4. 2. sog. " Verlustgesellschaften " , z. B. im Verkehrsbereich