Angesichts des Aufgabenspektrums der Kommunen bietet sich eine Kooperation von öffentlicher Hand und Privatsektor an. Lösen Public-Private-Partnership-Modelle den Investitionsstau auf?
Von Dr. Hans-Georg Napp, Landesbank Hessen-Thüringen
In Großbritannien wird jedes fünfte öffentliche Investitionsvorhaben als Projekt im Rahmen der "Private Finance Initiative" (PFI) vergeben. Eine Studie des britischen Rechnungshofes zeigt bei diesen PPP-Modellen merkliche Kostensenkungen. Im Gegensatz zu den meisten deutschen Modellen umfasst PFI den laufenden Betrieb der Immobilien. Ziel ist deren Optimierung über den ganzen Lebenszyklus. Das Einsparvolumen übertrifft deutsche Erfahrungen weit, da fast 70 Prozent aller Kosten der Immobilie in der Bewirtschaftung anfallen. Deutsche Modelle reichen noch oft nur bis zur Fertigstellung.
Der Vorstoß der Bundesregierung zielt daher konsequenterweise auf den sog. Lebenszyklusansatz. Er ist die Folge der angestrebten ganzheitlichen Optimierung von Infrastrukturprojekten. Im Vordergrund stehen nicht mehr Bau oder Finanzierung von Projekten, sondern die Nutzung und Verfügbarkeit über eine Dauer von bis zu 30 Jahren zu definierten Leistungsparametern. Die angestrebte Gesamtoptimierung bedingt auch die Übertragung beeinflussbarer Risiken auf private Partner.
Projekt- und Risikostruktur sowie die beteiligten Partner am Projekt sind aber unterschiedlich. Dies erfordert trotz aller Standardisierung qualifizierte Arrangie-rungsleistungen durch Banken. Und im Gegensatz zu früheren PPP-Modellen wird die Finanzierung in vielen Fällen nicht ganz auf die Bonität der öffentlichen Hand abstellen können. Die Anforderungen an die Banken werden damit auch nach Umsetzung der im Gutachten aufgeführten Vorschläge keineswegs geringer.
Die sachgerechte Verlagerung von Risiken auf die privaten Partner heißt
auch für die Finanziers, die Übernahme von Risiken zu akzeptieren. Entscheidend
ist die Bewertung und Aufteilung von Risiken. Häufig anzutreffende Probleme
bei der Finanzierung der Lebenszyklusmodelle haben oft grundsätzliche Ursachen.
Zuerst ist die "Ausstattung" privater Auftragnehmer mit Eigenkapital und
Bonität zu nennen. Wenn Risiken auf den Auftragnehmer übertragen werden,
kann eine Finanzierung mit Fremdkapital nur erfolgen, wenn die Eigenkapitalausstattung
sowie die Bonitätssituation den Risiken entsprechen. Nach mageren Jahren
für die Bauindustrie bestehen hier leider häufig Mängel, die es bei vielen
Projekten schwer machen, eine abgeschlossene Finanzierung darzustellen.
Ein erster, oft genutzter Lösunssansatz besteht darin, dass der ötlentliche
Auftraggeber über Bürgschaften oder Einredeverzichtserklärungen die Fremdfinanzierung
der Projekte sichert. Dabei profitiert die öffentliche Hand von den günstigeren
Finanzierungskonditionen. Ohne Ausfallrisiko und Pflicht zur Unterlegung
dieser Finanzierungen mit Eigenkapital der Bank werden so günstige Kreditkonditionen
gesichert. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass der Kreis der Wettbewerber
um den Projektauftrag größer ist und ggf. bessere Konditionen erzielt werden.
Den Vorteilen steht aber ein entscheidender Nachteil gegenüber. Das Risiko
mangelnder Bonität des Auftragnehmers bzw. zu geringer Eigenkapitalausstattung
der Projektgesellschaft müsste die öffentliche Hand tragen.
Wenn die privaten Dienstleister als Kapitalgeber ausfallen, stellt sich die Frage nach Investoren, die bereit sind, zu angemessener Rendite in PPP-Projekte zu investieren. Im privaten Hochbau ist dies nichts Ungewöhnliches. Zahlreiche offene oder geschlossene Immobilienfonds wurden mit Erfolg aufgelegt. Warum also nicht Fonds für PPP-Projekte initiieren?
Ein zweiter Aspekt belastet die Finanzierung öffentlicher Hochbauprojekte.
Wird das Verwertungsrisiko für die Immobilie nach Ende der vereinbarten
Projektlaufzeit auf den privaten Partner übertragen, ist auch dieses zu
bewerten. Abhängig von Drittverwertungschancen und der erwarteten Immobilienmarktentwicklung
lassen sich manchmal höhere Finanzierungsrestwerte zum Ende der Nutzungsdauer
nicht darstellen.
Die Büro-, Bevölkerungs- und Arbeitsplatzentwicklung setzen enge Grenzen.
Bei der Strukturierung der Finanzierung ist dies mit Endschafts- bzw. Optionsregelungen,
Tilgungsverlauf und Nutzungsdauer projektspezifisch zu lösen.
Damit PPP-Modelle Erfolg haben, sind auch die Finanzierungsaspekte bereits bei der Konzipierung der Vergabemodalitäten im Einzelfall zu berücksichtigen. Alle Beteiligten sind gefordert, zur Finanzierbar-keit zu beizutragen. Getragt ist eine reelle und marktkontorme Risikoaufteilung.
PPP sind ein Zukunftsfeld für die öffentliche Hand wie für die Bau- und Finanzwirtschaft. Der oft geäußerte Vorbehalt, dass die Komplexität solcher Vorhaben zu Lasten des Mittelstandes geht, hält Erfahrungen bei uns wie in Europa nicht stand. Viel spricht dafür, dass wir vor einer zweiten Welle der PPP-Modelle stehen - nicht steuerinduziert wie in den 90-ern, sondern wegen der Effizienzvorteile. Die Zahl der ausgeschriebenen bzw. in Realisierung befindlichen Vorhaben stützt diese These.
Bleibt zu sagen, dass trotz aller positiven Vorzeichen die Vorteile von PPP-Modellen in jedem Einzelfall zu prüfen sind. Nicht jedes Projekt hat die erforderliche Mindestgröße. Auch hängt der Kostenvorteil wesentlich von der jeweiligen Wettbewerbslage ab. Hier muss die Privatwirtschaft adäquate Leistungspakete anbieten, die den Lebenszyklus der Immobilie abdecken. Wir stehen am Scheideweg hin zu einem nachhaltigen Politik- und Richtungswechsel bei PPP. Der ausgeprägte politische Wille bleibt gefragt, damit solche Modelle lohnende Partnerschaften werden.
Dr. Hans-Georg Napp, Bereichsleiter Zielkundensegment Öffentliche Hand/Kommunalnahe Unternehmen Helaba, Tel. (069) 9132 2378; > hans-georg.napp@helaba.de
Seite 16 aus DEMO 12/2003