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Diskussionsbeitrag innerhalb von Attac zu der Public-Private-Partnerchip

N.N. ( ein Attac-Mitglied) schrieb in attacmod-d-request@listen.attac.de zu der
Meldung des Tages:  5. Principiis obstat - Ist Public-Private-Partnership (PPP)
die Lösung für Kommunen? :

 (..... )

> Date: Wed, 24 Sep 2003 20:52:36 +0200
 

> Ist Public-Private-Partnership (PPP) die Lösung für Kommunen?
>
> von N.N.
>
> In Deutschland geht ein Modewort um. Es heisst Public Private Partnership
> und verheisst den Kommunen eine Möglichkeit ihre Haushaltsmisere abzubauen.
>
> PPP ist bekannt geworden durch "Schulen ans Netz" und jede Kommune und auch
> die Länder waren froh über die Initiative der Privatwirtschaft gerade etwas
> für die Bildung zu tun. Sponsoring wurde bisher an Schulen sehr argwöhnisch
> betrachtet, aber wenn die Schulen dadurch an Computer und Internetanschluss
> kommen, dann ist das eine gute Sache. Jeder hat in der Vergangenheit in den
> 90er Jahren gerade diese Form von Zusammenarbeit zwischen Privatwirtschaft
> und öffentlichen Trägern für gut befunden. Doch wenn man erstmal den kleinen
> Finger reicht, dann wird gleich der ganze Arm abgerissen. PPP ist nun nicht
> mehr als Sponsoring zu verstehen, sondern ganz klar profitorientierte
> Kalkulation bei der öffentlichen Daseinsvorsorge durch die Privatwirtschaft.
>
> Die Kommunen sind pleite und können vor allem ihre Schulen nicht mehr
> Instand setzen/halten. Viele Kommunen haben sogar den Bedarf für neuen
> Schulraum zu sorgen, da die Gebäude mittlerweile schon baufällig sind und es
> sich nicht lohnt zu sanieren. Der Investitionsrahmen ist allerdings sehr
> beschränkt, um nicht zu sagen schon gar nicht mehr vorhanden, und so muss
> jede Kommune zusehen, wie sie ihren Pflichtleistungen nachkommt. Hier
> schaltet sich nun die Privatwirtschaft ein und bietet sich als Gönner und
> Helfer in der Stunde der Not an. In einigen Bundesländern wie Niedersachsen
> wird dieses Angebot schon durch ein Konsortium von Konzernen gebündelt.
> Dieses Konsortium bestehend aus VW, Allianz Versicherung und weiteren
> Konzernen nennt sich "Wolfsburg AG". In NRW wird vom Land ein Pilot Projekt
> befördert und steht auf der Agenda des "Düsseldorfer Signals".
> (http://www.ppp.nrw.de) Dabei werden Investoren gesucht, die für den Bau,
> Sanierung, Bauunterhaltung sowie Hausmeisterdienste, Gebäudereinigung,
> Drittnutzermanagement und Energie Contracting an Schulen gewährleisten.
> Natürlich nicht aus Nächstenliebe oder aus Sorge für den Nachwuchs und den
> fatalen Ergebnissen der PISA Studie. Die Kommnen zahlen für das ganze Paket
> aus einer Hand ein Nutzungsentgeld, welches um einiges höher ist, als eine
> Finanzierung über kommunale Kredite und eigener Unterhaltung und Betrieb.
>
> Der "innere Zinsfluss"  pro Jahr, also die Rendite für den Privaten
> Betreiber und Investor beträgt 10 % und beinhaltet einige Auflagen für die
> Kommunen so nach Wirtschaftlichkeitsprüfungsberichten der Luther Menold
> Rechtsanwaltskanzlei, einer Tochter der Anderson Consult. In den
> ursprünglichen Verträgen wird festgehalten, dass der privat bezahlte
> Hausmeister z.B. das ausschliessliche Hausrecht hat. Also nicht der oder die
> Schuldirektor/in, wie es an einer Schule sonst üblich ist. Das Hausrecht an
> den Schuldirektor wird gestattet, wenn es wieder in Bereichen der Gestaltung
> Kompromisse gibt. Zum anderen wird eine rigerose Drittnutzung für die
> Schulgebäude angedacht. Da z.B. in Witten die Schülerzahlen ab 2008/9
> dermassen abnehmen, dass die Jahrgänge nicht mehr verzügige Klassen sind
> sondern nur noch dreizügig sein brauchen, hat man im Ergeschoss vom Schiller
> Gymnasium wieder Platz für eine Ladenzeile, wo wohlmöglich McDonalds oder
> Vodafone platz finden wird. Denn wo könnte man sich denn wohl besser
> platzieren als direkt in der Schule selbst, wo der Absatzmarkt direkt über
> einem liegt.
>
> Diese Form der neuen schleichenden Privatisierung, die jetzt bekannt wird
> unter Public private Partnership wird vom Land NRW mit Geldern vom Innen-
> und Finanzministerium befördert. Die Pilotkommunen Erftkreis, Witten und
> Meschede erhalten 65000 Euro jeweils als Hilfe zur Finanzierung von
> Beratungsleistungen für die Luther Menold Rechtsanwaltskanzlei und deren
> Beratungsfirmen PSC. Mit der europäischweiten Ausschreibung erfolgen
> nochmals 130 000 Euro Beratungshonorare, die bei den Pilotprojekten noch vom
> Land NRW bezahlt werden.
>
> Bedingung bei dem ganzen ist natürlich, dass sämtliche Unterhaltung, also
> Bebäudereinigung, Hausmeister sowie auch Sekretärinnen vom Investor
> übernommen wird und entsprechend bezahlt wird. Dieses hat zur Folge, dass
> vor allem das Personal unter Tarif bezahlt wird, wie es auch schon in manch
> anderer Stadt mit Putzkolonnen Gang und Gäbe ist. Beamte können rein
> rechtlich "noch" nicht übernommen werden. Also bis jetzt gibt es noch keine
> Handhabe die Lehrer von Konzernen bezahlen zu lassen.
>
> In den USA ist das schon möglich, aber da wird sich in Deutschland noch jede
> Menge Widerstand melden, falls dieses angedacht ist.
>
> In England hat man schon einige Erfahrungen in PPP und lässt sich nun fast
> alles darüber finanzieren. Nur zu welchem Preis? Das schottische Parlament
> in Edinburgh z.B. kostet Schottland nun das 6 fache dessen, was man
> ursprünglich kalkuliert hatte. Auch die Kalkulationen der deutschen PPP
> Expertisen täuschen darüber hinweg, dass die Kommune eine bis zu 160 %
> höhere Belastung auf 25 Jahre gerechnet haben wird trotz des Lohndumpings
> und der Drittnutzung. Der Vorteil für die Kommunen: Die Nutzungsentgelte
> werden nun aus dem laufenden Verwaltungshaushalt bezahlt und es kommen keine
> neuen Investionskosten hinzu. In 25 Jahren besteht auch die Rückkaufoption
> der Gebäude für einen Millionen Euro Preis. Doch wer kann schon sagen, ob
> die Kommune dann noch die Mittel hat oder dafür noch ausgeben möchte, wenn
> man sich schon so sehr an privatisierte Schulen gewöhnt hat.
>
> Es ist daher zu befürchten, dass wir peu a peu unsere gesamte öffentliche
> Daseinsfürsorge der Privatwirtschaft überlassen werden, die aber per
> definitionem nur an Gewinnmaximierung interessiert ist und nicht sozialer
> Infrastruktur für Jedermann. Eine betriebswirtschaftliche Berechnung für das
> Schulsystem vor allem kann nicht im Sinne eines Landes sein, welches den
> Bildungsanspruch aus einer geschichtlichen Tradition heraus von Humboldt,
> Schiller, Goethe bis Einstein für sich in Anspruch nimmt. Es ist ein
> volkswirtschaftlicher Wert, welches nur durch demokratische Gebote seiner
> Verfassung gemäß Sinn findet.
>
> Zum anderen ist aus ökonomischer Sicht dieses Prinzip nicht Nachhaltig, weil
> die Verschuldung der Kommunen nur noch höher wächst und die Beschäftigten
> noch weniger Konsumnachfrage erzeugen können. Es beisst sich so also wieder
> mal die Katze in den Schwanz.
>
> Principiis obstat!
>
> (  ...............)

Hallo,

Auch die Bundesregierung setzt auf diese private Finanzierung von Public Private
Partnership (PPP). Sie will so die Modernisierung der maroden Infrastruktur
unseres Landes vorantreiben, wie lt. FR vom 20.09.2003 der Bundesbauminister
Stolpe bekannt gab. Da danach "auch das Steuerrecht auf PPP zuzuschneiden sei",
ist zu erwarten, dass hier wieder auf Gesetzesebene neue Steuerloecher fuer die
Superreichen geoeffnet werden.

Der Bericht der Frankfurter Rundschau ist u. a. auf meiner untenstehenden
Homepage unter http://www.meinepolitik.de/pppsteu.htm zu erreichen.

--------------------------Ende der Kopie

Hier handelt es sich letztlich um immer raffiniertere Formen von Privatisierung,
der wir u. a. auch den immer weiter fortschreitenden Abbau von parlamentarischer
Demokratie verdanken, da hierdurch immer mehr private Interessen gegenueber
denen der Allgemeinheit durchgesetzt werden koennen.

MfG, Wilhelm Ruehl
--
Zeller Weg 4, 36304 Alsfeld, Tel.06631/74524 , http://www.meinepolitik.de/ u. a.
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