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Parlament zeigt Roth die gelbe Karte

Stadtverordnete missbilligen die Amtsführung der OB, weil sie deren Beschluss zu den Gastarifen missachtet

Zum ersten Mal in ihrer mehr als zehn- jährigen Amtszeit hat das Stadtparlament am Donnerstagabend die Amtsführung von OB Petra Roth (CDU) missbilligt. Weil Roth den Beschluss des Stadtparlaments zu den Gaspreisen ignoriert, stellte sich eine Mehrheit gegen sie.

Frankfurt · Die OB hatte als Aufsichtsratsvorsitzende der Mainova am 26. September eine bis zu zwölfprozentige Erhöhung der Gastarife durchgesetzt, während das Stadtparlament am 22. September die Anhebung auf 7,9 Prozent begrenzt hatte. Die Debatte am Donnerstagabend geriet zu einer politischen Abrechnung mit Roth.

Mit den Stimmen von SPD, Grünen, FDP, Republikanern und PDS missbilligte die Stadtverordnetenversammlung am Ende, dass Roth den Stadtverordnetenbeschluss vom 22. September nicht befolgt hatte. Das Parlament bekräftigte, dass nur mit seiner Zustimmung die Gastarife erhöht werden dürften. Die Stadtverordneten forderten den kommunalen Energieversorger Mainova auf, seine Gaspreis-Kalkulation offen zu legen. Die CDU votierte wie die Freien Wähler gegen den Missbilligungsantrag, die Flughafenausbaugegner und die Europaliste enthielten sich der Stimme.

Die OB sieht keine Fehler

Roth eröffnete die Debatte mit einer halbstündigen Rechtfertigung, in der sie mit keinem Wort eigene Fehler eingestand. Sie sagte nur, sie bedauere es sehr, wenn durch ihre Äußerungen Stadtverordnete sich verletzt oder herabgesetzt fühlten. Sie habe "Respekt" vor der Stadtverordnetenversammlung. Die OB hatte in einer Pressekonferenz am 4.Oktober dem Stadtparlament bescheinigt, es habe gar keine Befugnis, über die Gastarife zu entscheiden. Die 7,9 Prozent Erhöhung seien ein "Wattepustepreis".

Roth bekräftigte, die Stadtverordnetenversammlung dürfe "über Maßnahmen der Mainova nicht entscheiden", weil es sich um eine Aktiengesellschaft handele. Zur Kritik, dass sich die Mandatsträger im Aufsichtsrat nicht an den Beschluss des Stadtparlaments gehalten hätten, sagte sie, es handele sich um "eine gewisse Marginalie". Der Aufsichtsrat sei "den Interessen des Unternehmens verpflichtet". Die Ablehnung einer Vorlage des Mainova-Vorstandes "aus politischen Gründen" sei "rechtswidrig". Die Erhöhung der Gaspreise um bis zu zwölf Prozent nannte die OB "ein sozialverträgliches Angebot". Der Aufsichtsrat habe dem Mainova-Vorstand aufgegeben, 270 von 2800 Stellen des Unternehmens abzubauen.

Den Reigen scharfer Angriffe auf Roth eröffnete der SPD-Fraktionsvorsitzende Klaus Oesterling. Er bilanzierte, das Verhalten der OB stelle "keine Panne" dar und fügte hinzu: "Es hat etwas mit ihrer Amtsführung zu tun". Roth konzentriere sich auf internationale Auftritte von New York bis Dubai. Das "unpopuläre Tagesgeschäft" der Kommunalpolitik aber wolle sie den Fraktionen überlassen. "Das kann man machen, aber dann müssen sie auch den Fraktionen das Recht zubilligen, sich untereinander zu einigen". Oesterling warf der OB vor, sie habe "die eigenen Leute ins Messer laufen lassen". Sie habe "schweigend zugeguckt", wie der CDU-Fraktionsvorsitzende Uwe Becker eine Große Koalition für eine Gaspreiserhöhung von nur 7,9 Prozent geschmiedet habe. Es wäre "ihre verdammte Pflicht und Schuldigkeit gewesen", die CDU-Fraktion über ihre wahre Haltung zu informieren. Roths Verhalten sei "starker Tobak gegen die eigene Fraktion". Stattdessen habe die OB ihre Haltung "in der Frankfurter Rundschau offen gelegt". Das sei "falsch" gewesen.

Erinnerung an den Amtseid

Oesterling kritisierte auch das Schweigen Roths gegenüber dem hessischen Wirtschaftsminister Alois Rhiel (CDU), der öffentlich für eine Senkung der Gaspreise eingetreten sei. "Da muss es doch eine Telefonanlage im Ministerium in Wiesbaden geben, man kann doch mal miteinander telefonieren", rief der SPD-Politiker.

Für die Grünen urteilte Fraktionschef Lutz Sikorski, der Mainova-Aufsichtsrat sei "nicht der Erfüllungsgehilfe des Vorstands". Gegenüber Großkunden wie dem Flughafen lasse das Unternehmen sogar nicht kostendeckende Energiepreise zu - das müssten dann die Bürger ausbaden.

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Volker Stein hielt der OB vor, sie habe sich "im Stil vergriffen". Stein erinnerte die Oberbürgermeisterin an ihren Amtseid "zum Wohle des Volkes" und nicht zur Mehrung des Mainova-Gewinns. Kämmerer Horst Hemzal (CDU) gab zu, dass der Konzessionsvertrag zwischen Stadt und Mainova nach wie vor gelte. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Uwe Becker räumte ein, Roths Weg sei "kein so guter" gewesen, "auch für die CDU". Die OB habe sich aber bei der Fraktion entschuldigt, ihr Verhältnis zur CDU sei deshalb keineswegs zerrüttet.

Claus-Jürgen Göpfert, Jutta Ochs

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Dokument erstellt am 14.10.2005 um 19:17:23 Uhr
Erscheinungsdatum 15.10.2005