Ohne das Vertrauen auch der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat wolle er seinen
Posten nicht weiter bekleiden, erklärte Selenz schriftlich. Er kam
damit seiner möglichen Abwahl auf einer für Samstag anberaumten
außerordentlichen Aufsichtsratssitzung zuvor. Die Sitzung wurde daraufhin
abgesagt, wie der Konzernbetriebsratsvorsitzende Ernst Schäfer erklärte.
Ein Nachfolger für
Selenz ist noch nicht in Sicht. Hannovers. Ministerpräsident Gerhard
Glogowski nannte den Rücktritt positiv für die Salzgitter AG.
Dem Vernehmen nach steht auch die Position des Aufsichtsratsvorsitzenden
Peter Adams in Frage.
Entzündet hatte sich der Konflikt an den Fusionsverhandlungen mit
dem luxemburgischen Stahlkonzern Arbed. Die Arbeitnehmerseite hatte Selenz
vorgeworfen, er habe die Verhandlungen bis zu unterschriftsreifen Verträgen
vorangetrieben, ohne die Belegschaft in die Gespräche einzuweihen.
Hinter den Kulissen war es daraufhin zu einem Tauziehen zwischen den Anteilseignern,
dem Land Niedersachsen und der NordLB, sowie den Arbeitnehmervertreten
um den Vorstandschef gekommen. Glogowski sagte der Nordwest-Zeitung", die
Entscheidung von Selenz werde sich positiv auf das Unternehmen auswirken.
Der Rücktritt sei nicht auf Druck der Anteilseigner geschehen. Glogowski,
der jüngst seinen Aufsichtsratsposten bei Salzgitter zur Verfügung
gestellt hatte, versicherte, daß er sich keineswegs aus der Verantwortung
gestohlen habe. CDU-Chef Christian
Wulff wertete den Rückzug von Selenz als Fortsetzung der Führungskrise
des Unternehmens.
Noch vor einem Jahr galt der 47jährige Selenz als Retter der Region,
denn unter seiner Mitwirkung wurde ein Verkauf des Konzerns an 'die österreichische
Voest Alpine verhindert. Daß ausgerechnet Selenz, der Mann des Stahls
und der Region, nun den Sprung unter das Dach der Luxemburger mit vorbereitet
haben soll, traf die Belegschaft hart und ließ die Rufe nach seinem
Rücktritt laut
werden.