Studien belegen Beschäftigungspotenzial der alternativen Landwirtschaft und des Handels / Derzeit Beruhigung des Wachstums
msv FRANKFURT A. M. Während die Konjunktur stottert, erweist sich die Ökologie als Jobmotor, wie getrennte Studien des biologisch-dynamischen Anbauverbandes Demeter und der Kommunikationsagentur Harting & Tovar belegen. Aufgrund einer Umfrage bei Firmen schätzt Agenturchef Detlef Harting, dass die rund 18 000 Unternehmen in den Feldern Herstellung, Verarbeitung und Import von Bio-Lebensmitteln 2001 hier zu Lande mindestens 250 000 Männer und Frauen beschäftigten. Das seien etwa 36 Prozent mehr als vier Jahre zuvor. Das Angebot an Ausbildungsplätzen sei in diesem Zeitraum sogar um 150 Prozent gestiegen.
Gute Chancen sieht Harting daher für junge Leute, die sich für eine Tätigkeit im Ökosektor interessieren. Gerade bei den Naturkost- und Naturwarengeschäften nehme der Bedarf an qualifiziertem Personal, das unter anderem die zeitintensive Kundenberatung übernehmen müsse, ständig zu.
Aber auch die Bio-Landwirtschaft sei auf vergleichsweise große Belegschaften angewiesen, da die Betriebe mehr Handarbeit leisteten als herkömmliche Anbauer. So benötigt ein Ökohof im Durchschnitt nach Angaben von Harting rund ein Fünftel mehr Leute als ein konventioneller Hof gleicher Größe. Ende 2001 seien fast 30 000 Menschen direkt im ökologischen Landbau tätig gewesen.
Diese Daten decken sich im wesentlichen mit denen, die Demeter aufgrund einer Befragung von so genannten "Marktpartnern" - Bauern, Herstellern, Einzel- und Großhändlern - ermittelt hat. Allerdings beruhen all diese Zahlen auf Hochrechnungen von Umfragen mit begrenzten Teilnehmerkreisen. Genaue Zahlen - vor allem solche, die den Beschäftigungsbeitrag von Öko insgesamt zuverlässig dokumentieren könnten - fehlen bisher, schon weil für die Abgrenzung zwischen alternativen und konventionellen Anbietern keine allgemein anerkannten Kriterien vorliegen. Hinzu kommt, dass zahlreiche Firmen vor allem in der Lebensmittelverarbeitung auf beiden Märkten tätig sind.
Dennoch unterstreichen die vorhandenen Informationen für Demeter-Geschäftsführer Peter Schaumberger, "wie wichtig die Entwicklung eines ökologisch ausgerichteten Mittelstandes als Beitrag zur Zukunftssicherung ist und welches Potential gerade auch im ökologischen Landbau steckt, wo häufig vergeblich nach Arbeitskräften gesucht wird".
Zwar hat das Wachstum der Bio-Branche in den vergangenen Monaten merklich nachgelassen, doch das hält Marketing-Experte Harting nach dem BSE-getriebenen Boom im Jahr zuvor für eine "normale Entwicklung". So habe der auf dieses Gebiet spezialisierte Großhandel in der ersten Hälfte 2002 die Umsätze nur leicht ausgebaut. Doch wer den sprunghaften Anstieg von 2001 um über 20 Prozent berücksichtige, komme wieder auf das durchschnittliche Wachstum der späten 90er Jahre von rund acht bis zwölf Prozent per annum.
Günstige Perspektiven für Bio diagnostizierte kürzlich auch IFOAM, die internationale Dachorganisation der Öko-Verbände, auf ihrem Weltkongress. Ihren Angaben zufolge bewirtschaften inzwischen rund um den Globus eine Million Landwirte 18 Million Hektar nach Bio-Richtlinien.
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Dokument erstellt am 09.09.2002 um 21:08:18 Uhr
Erscheinungsdatum 10.09.2002