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Frankfurter Rundschau vom 10.01.98

Preussag  :  Niedersachsen steigt bei Stahl-Tochter ein

FRANKFURT A. M. Das Land Niedersachsen springt bei dem vom Preussag-Konzern geplanten Verkauf des Stahl-Geschäfts ein. Zusammen mit der Nordeutschen Landesbank (NordLB) will es sich mit 51 Prozent an dessen Tochter beteiligen. Darauf haben sich der niedersächsische Ministerpräsident Gerhard Schröder und Preussag-Chef Michael Frenzel geeinigt. Darüber hinaus soll eine Vereinbarung darüber getroffen werden, was mit den übrigen Anteilen geschieht. Preussag möchte sich spätestens bis Ende 1999 ganz von der Stahl-Firma trennen. Die Verhandlungen sollen spätestens Ende Februar, also kurz vor den Landtagswahlen im März, abgeschlossen werden.
Ziel des jüngsten Schrittes ist es nach Angaben der Staatskanzlei in Hannover, die Stahlaktivitäten in der Region und damit die Arbeitsplätze zu sichern. Auf diese Weise soll vor allem dem Einstieg eines ausländischen Käufers zuvorgekommen werden. In diesem Zusammenhang war vor Wochen British Steel im Gespräch. Für den Fall einer solchen Lösung hatten Arbeitnehmervertreter ihren erbitterten Widerstand angekündigt.
Das Land betrachtet das Engagement als vorübergehend. Es sei nicht daran gedacht, "für alle Ewigkeit" daran festzuhalten, heißt es in der Staatskanzlei. Für die Stahl-Firma sollen nach wie vor Investoren gefunden werden. Gespräche auch mit Interessenten aus Niedersachsen liefen. Ein Verkauf von Anteilen an der Börse sei ebenfalls möglich.
Der Deal wird voraussichtlich über die Hannoversche Beteiligungsgesellschaft abgewickelt. Wieviel die "Parklösung" das Land und die NordLB genau kostet, wird nicht verraten. Der Preis dürfte aber, wie verlautet, mindestens eine halbe Milliarde Mark betragen.
Preussag Stahl gilt als kerngesundes Unternehmen. Allerdings ist es aus Sicht der Muttergesellschaft zu klein, um langfristig im härter werdenden Wettbewerb bestehen zu können. Das Unternehmen setzt in der Produktion und im Handel rund sieben Milliarden Mark um und beschäftigt etwa 12 000 Frauen und Männer. Gefertigt wird an den Standorten Peine und Salzgitter sowie im ostdeutschen Ilsenburg.
Darüber hinaus will Frenzel Preussag stärker zu einem dienstleistungsorientierten Konzern trimmen. Im September wurde dazu das Transport- und Touristikunternehmen Hapag-Lloyd für 2,8 Milliarden Mark übernommen. Außerdem wird die Gebäudetechnik ausgebaut. Im Gegenzug werden Aktivitäten auf traditionellen Gebieten wie der Stahl- und Metallerzeugung zurückgefahren. Seit 1993 hat die Gruppe Ableger mit einem Umsatz von 3,5 Milliarden Mark abgestoßen.
Im vergangenen Geschäftsjahr per Ende September hatte Preussag rund 26 Milliarden Mark umgesetzt und beschäftigte rund 62 500 Frauen und Männer. cri