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Oberhessische Zeitung vom 24.09.2009

Müllrebellen wollen jetzt die Verträge sehen

Widerstand gegen das neuen Müllsystem geht in die nächste Runde - „Wie ist die finanzielle Schiefläge entstanden?"


ALSFELD (rwh). Der Widerstand der Müllrebellen gegen das neue Müllsystem im Vogelsberg geht in die nächste Runde und nimmt neue Formen an. An gleicher Stelle, an der sich die Bewegung vor sechs Wochen gründete, im Hotel Klingelhöffer in Alsfeld, kündigten gestern Sprecher der Müllrebellen bei einer Pressekonferenz eine härtere Gangart gegenüber dem Zweckverband Abfallwirtschaft Vogelsbergkreis (ZAV) an. „Es geht weiter, die Kuh ist noch nicht vom Eis", erklärten Henrik Lüttmann, Peter Rahm und Hans Bodien.

Die Müllrebellen wollen, wie Henrik Lüttmann (Schwarz), auf dessen Initiative die Bewegung ins Leben gerufen wurde, gestern deutlich machte, Verbandsvorsteher Friedel Kopp „beim Wort nehmen", der sie aufgefordert habe, der Geschäftsführung zu helfen statt auf die Straße zu gehen.

Ein erster Schritt ist für die Müllrebellen „die Offenlegung aller Verträge des Zweckverbandes". So wollen sie unter anderem wissen, „ob der Vertrag mit Veolia bereits abgeschlossen war, bevor die neue Satzung verabschiedet wurde" und ob auf diesem Wege die „Sachzwänge entstanden, die viele Verbandsvertreter dazu bewegten, die Hand zu heben".

Auch in die Vergangenheit reicht der Wunsch der Müllrebellen nach Information und Klärung zurück. So soll der ZAV Auskunft über Verträge mit dem Wetteraukreis und Gesellschaften geben, die Müll auf der Deponie Bastwafd ablagerten. Auf diesem Wege wollen die Gegner der neuen Müllordnung ermitteln, „wann der ZAV in Schieflage geraten ist" und welche Einnahmen in die Rücklage flössen.

Für Hans Bodien stellte sich gestern die Frage: „Wieso wurden bei den höchsten hessischen Müllgebühren nicht ausreichend Rücklagen gebildet?" Für ihn steht fest, dass „geprüft werden muss, ob die Geschäftsführung vernünftig gearbeitet hat". Schließlich habe Geschäftsführer Dr. Fuchs noch im Dezember des vergangenen Jahres auf Anfrage eines Privatmannes erklärt, 2009 würden deutliche Einsparungen erzielt, die selbstverständlich an die Bürger weitergegeben würden. Jetzt müsse festgestellt werden, dass es „für das Gros der Bevölkerung teurer wird". Sollte das Management, so Bodien, „Fehler gemacht haben", müssten Konsequenzen gefordert werden.

„Geschmäckle"

Auch die Unterlagen über die jüngsten Ausschreibungen, die zu den neuen Verträgen geführt haben, fordern die Müllrebellen offen zu legen. Hintergrund dieser Forderung ist für Bodien, dass der ZAV mit der Firma Veolia gemeinsam die „AEGV", die Abfallentsorgung Vogelsberg, bilde. Es sei „eine pikante Geschichte", dass eine Gesellschaft, die mit dem ZAV so eng verbandelt sei, bei der Ausschreibung „zwei Lose erhielt".

Dass Veolia zehn Prozent unter der Summe gelegen habe, die der ZAV errechnet habe, für den Fall, die Müllentsorgung selbst in die Hand zu nehmen, hat für Bodien „unter diesen Umständen ein Geschmäckle". Es bleibe dem ZAV daher nur, „die Selbstkostenberechnungen offen zu legen". Auf alle Fälle kündigte Bodien namens der Müllrebellen an, sich eine juristische Überprüfung der Ausschreibung vorzubehalten.

Eine Antwort wird von den Müllrebellen vom ZAV auch auf die Frage erwartet, welche Gefahren von Transport und Ablagerung von Asbest auf der Deponie Bastwald ausgehen und ob diese Ablagerung durch besondere Sicherheitsvorkehrungen besondere Kosten verursacht, die ebenfalls die Finanzsituation des Verbandes beeinflussen.

Enttäuscht zeigte sich Peter Rahm von der Behandlung des Themas in dieser Woche im Kreistag, wobei er vor allem die CDU kritisierte. Sie habe in den vergangenen Wochen in mehreren Presseerklärungen „am lautesten" den Eindruck erweckt für eine Neufassung der Satzung zu sein. „Wenn es um Entscheidungen geht, dann kneifen sie." Nichts von dem, „was vorher verlautbart wurde, wurde umgesetzt". Dies sei bei den Müllrebellen „so angekommen, dass man uns offensichtlich ruhigstellen wollte", erklärte Rahm.

In den nächsten Wochen wollen die Müllgegner den öffentlichen Druck auf den ZAV und die Mitglieder der ZAV-Verbandsversammlung weiter verstärken. Die Fragen, die gestern in der Pressekonferenz erläutert wurden, sollen jetzt auch in einem Schreiben an den ZAV-Vorstand gerichtet werden.

Sollten die Antworten „unbefriedigend" ausfallen, wollen sich die Müllrebellen an die Vertreter der einzelnen Kommunen wenden. Dass die Vertreter der Gemeinden dem neuen Müllsystem zugestimmt haben, ohne sich mit den jeweiligen Gemeindeparlamenten abzustimmen, hält Hans Bodien für rechtlich bedenklich. Sie seien nach Satzung weisungsgebunden und „hätten vorher ihr Parlamente befragen müssen", kritisiert er.

Auch ihre eigene Öffentlichkeitsarbeit wollen die Müllrebellen in naher Zukunft intensivieren. Am Samstag werden sie in unmittelbarer Nachbarschaft der politischen Parteien auf dem Alsfelder Marktplatz einen Infostand aufbauen. Am kommenden Mittwoch gibt es dann um 20 Uhr in der Aula der Albert-Schweitzer-Schule in der Schillerstraße ein Infotreffen, bei dem Filme der beiden Demonstrationen in Alsfeld und Lauterbach gezeigt werden.

Und schließlich müssen die Mitglieder der ZAV-Gremien, die sich am 5. Oktober in Kirtorf zu einer Sitzung des Haupt-und Finanzausschusses und einen Tag später zur Verbandsversammlung in Schwarz treffen, damit rechnen, dass Müllrebellen auf den Zuschauerbänken sitzen. Auf beide Termine wird in einem neuen Flugblatt hingewiesen.