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ftd.de, Mi, 22.12.2004, 7:56

NRW-CDU sieht Meyer als ´große Belastung´

Gegen CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer werden wegen der Zahlungen des Energiekonzerns RWE zunehmend in den eigenen Reihen Rücktrittsforderungen laut. Auch Parteichefin Angela Merkel erntete viel Kritik.

Gegen CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer kommen auch aus den eigenen Reihen Rücktrittsforderungen

Vor allem aus den CDU-Landesverbände Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein kamen Forderungen, Meyer solle sein Amt zur Verfügung stellen. In beiden Bundesländern finden im Frühjahr Landtagswahlen statt. Zahlreiche Kreisverbände an Rhein und Ruhr protestieren nach einem Bericht der Zeitung "Die Welt" gegen den Verbleib Meyers in seinem Amt. Wegen der Affäre um Meyer seien erste Parteiaustritte gemeldet worden.

Die Führungsmitglieder der NRW-CDU berieten laut "Berliner Zeitung" am Dienstag darüber, wie sie den Druck auf CDU-Chefin Angela Merkel verstärken können. Merkel hatte am Montag eine Erklärung Meyers akzeptiert und gesagt, ein Rücktritt des Generalsekretärs stehe nicht mehr zur Debatte. Meyer hatte angekündigt, gut 81.000 Euro aus seinen umstrittenen Einkünften an die SOS-Kinderdörfer zu spenden.

"Große Unruhe an der Basis"

NRW-Spitzenkandidat Jürgen Rüttgers sieht ´Unruhe an der Basis´

Der CDU-Landesvorsitzende und Spitzenkandidat Jürgen Rüttgers sagte, es gebe "große Unruhe an der Basis in NRW. Es ist schwer, mit solchen Vorgängen Wahlkampf zu machen". Der stellvertretende CDU-Landeschef Oliver Wittke nannte Meyer eine "große Belastung" im Wahlkampf. Er könne sich nicht vorstellen, dass Meyer bei der Landes-CDU im Wahlkampf auftrete. Meyer hatte jedoch angekündigt, er wolle sich dennoch mit "voller Kraft" einsetzen.

Wittke äußerte in der "Welt" Unverständnis, dass Meyer seine finanziellen Verhältnisse nur scheibchenweise offenbart habe. "Wer nicht offen mit seinen Freunden umgeht, der hat seinen Anspruch auf Solidarität verwirkt." Der nordrhein-westfälische Europaabgeordnete Armin Laschet sagte der "Bild"-Zeitung: "Meyer sollte als Generalsekretär zurücktreten." Vor fünf Jahren habe die CDU in Nordrhein-Westfalen die Wahl wegen der Spendenaffäre um den früheren Bundeskanzler Helmut Kohl verloren. Jetzt würden schon wieder Parteimitglieder auf der Straße "als Abzocker" beschimpft.

Meyer korrigiert sich

Laut "Kölner Stadt-Anzeiger" korrigierte sich Meyer bei einem weiteren Detail. Demzufolge handelte es sich bei den Zahlungen von insgesamt 250.000 Mark seines damaligen Arbeitgebers VEW in den Jahren 1999 und 2000 nicht um Abfindungen. VEW ging im Oktober 2000 im RWE-Konzern auf. Ein CDU-Sprecher bestätigte dies nach Angaben der Zeitung. Meyer habe die Zahlungen normal versteuert, also auch nicht den für Abfindungen vorgesehenen Steuerfreibetrag geltend gemacht. Damit blieb ungeklärt, wofür Meyer das Geld erhalten hat.

Auch in der schleswig-holsteinischen Union wächst der Unmut über den Generalsekretär. Der stellvertretende CDU-Landesvorsitzende, Rasmus Vöge, forderte, Meyer solle "zum Wohl unserer Partei sein Amt zur Verfügung stellen". Die CDU-Bundestagsabgeordnete Elke Wülfing sagte, es sei kaum möglich, CDU-Positionen im Wahlkampf zu vertreten, "weil die Leute nur von Meyers Verfehlungen reden".

Höhn sieht auch "Fall Merkel"

Die nordrhein-westfälische Umweltministerin Bärbel Höhn sieht durch die Affäre Meyers Parteichefin Merkel beschädigt. "Der Fall Meyer wird immer mehr zu einem Fall Merkel", sagte die Grünen-Politikerin der "Berliner Zeitung". Die CDU-Vorsitzende hätte konsequenter vorgehen müssen. "Über diese Affäre kann man nicht so hinweg gehen, wie das die CDU-Chefin getan hat", sagte Höhn. Zugleich forderte Höhn eine Debatte über eine freiwillige Selbstverpflichtung der Politiker, Firmenbezüge offen zu legen.

© 2004 Financial Times Deutschland