Sparkassen-Projekt
Neue Währung für Delitzsch
Die Sparkasse Delitzsch-Eilenburg plant die Einführung einer Regionalwährung. Sie soll das bestehende Geld nicht völlig aber teilweise ersetzen und damit die Wirtschaft in der Region stärken. Ein Vorbild, das Erfolg verspricht, gibt es in der Schweiz.
Umsatz an die Region binden
Noch möchte der verantwortliche Mitarbeiter der Sparkasse, Gernot Schmidt, dazu nicht viel sagen. Das Projekt stecke in der Planungsphase. Es gehe darum, Unternehmen und Menschen in der Region mit einer zweiten Währung auszustatten. Guthaben in dieser Währung sollen nicht verzinst und Kredite dafür günstig angeboten werden. Doch für Schmidt sind die niedrigen Kreditzinsen nur ein günstiger Nebeneffekt. Ein Problem im Kreis Delitzsch wie in anderen strukturschwachen Gegenden ist, dass Kaufkraft oftmals aus der Region abwandert. Wichtiger sei es deshalb, die Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen zu regionalisieren. Mit einer geografisch begrenzt gültigen Währung könne dies gelingen, so Schmidt. Am Ende dieser Entwicklung soll nach seinen Vorstellungen ein regionaler Wirtschaftskreislauf stehen. Der Vorteil daran: Der ehemals abgewanderte Kaufkraft kommt in die Region zurück und sorgt für Wachstum. Zudem würden Krisen, sofern sie von gesamtwirtschaftlichen Problemen herrühren, nicht in der vollen Härte durchschlagen.
Der Ex-Innenminister Sachsens Hardraht, PaySys-Chef Godschalk, Gastrednerin Kennedy und Gernot Schmidt von der Sparkasse Delitzsch-Eilenburg bei der Vorstellung des Projekts
Gutachter stützen Projekt
Die Einführung eines Regiogelds ist eine heikle Sache. Das Grundgesetz duldet neben dem gängigen Zahlungsmittel kein zweites. Die Sparkasse Delitzsch-Eilenburg wollte sich auf einen möglichen Streit vor Gericht nicht einlassen. Sie ließ ihr Regiogeld-Projekt nicht nur rechtlich, sondern auch in Hinblick auf Umsetzung und Erfolgsaussichten von zwei Gutachtern, dem ehemaligen Innenminister Sachsens Hardraht und dem Chef des auf Zahlungssysteme-Unternehmens PaySys Godschalk prüfen. Beide bescheinigten die prinzipielle Machbarkeit des Projekts.
Karte statt Bargeld
Vorrausetzung für eine funktionierende Zweitwährung ist, dass sie auch in großer Menge unter die Leute kommt. Hier sieht Schmidt auch das Grundproblem so genannter Gutscheinsysteme, wie eines davon derzeit in Kamenz mit dem Regionalgutschein "Kamenzer" geplant ist. Diese könnten aus Kostengründen nur in relativ kleiner Zahl in Umlauf gebracht werden, so der Sparkassenexperte. Regionalgeld in Form von Gutscheinen stellt die gleichen, wenn auch nicht so strenge Anforderungen bezüglich Fälschungssicherheit wie herkömmliches Geld. Zudem ist es eine Besonderheit der Gutscheine, dass sie regelmäßig per Stempel ihren Wert behalten müssen. Für diese Kosten müssen die Mitglieder des Gutscheinsystem aufkommen. Dieses Problem umgeht die Sparkasse, indem Guthaben nur auf Konten existieren. Bezahlt wird entweder per Überweisung oder mit Geldkarte. Anreize für deren Nutzung soll ein auf der Karte basierendes Rabattsystem geben. Bargeld gibt es nicht. Ein "Kamenzer" für Kamenz indruck täuscht - neue Währung gibt es nicht als Bargeld
Expertin sieht gute Chancen
Am Kartensystem setzt auch die Professorin Margrit Kennedy an. Die Expertin für Regional-Währungen erklärte als Gastrednerin bei der Projekt-Vorstellung in Delitzsch, dass ergänzende (komplementäre) Währungen sowohl in der Vergangenheit relevant waren als auch aktuell große Bedeutung besitzen. Die heute gängigen Payback-Karten und Punkte-Systeme beispielsweise seien nichts anderes als Komplementärwährungen. Man erwerbe einen Anspruch, mit dem der Kunde bei bestimmten Unternehmen Waren oder Dienstleistungen kaufen kann. Dieses Prinzip sei grundsätzlich auch auf die Region übertragbar, führte Kennedy aus, und gerade darin liege ein großes Potential auch für den Landkreis Delitzsch.
Schweizer WIR-System als Vorbild
Wie die Zweitwährung einmal funktionieren könnte, machte der als Rechtsanwalt tätige ehemalige Innenminister Sachsens am Beispiel der Schweiz deutlich. Dort gibt es schon seit den dreißiger Jahren mit dem so genannten "Wir-System" und der gleichnamigen WIR-Bank ein Zweitgeld. Das existiert aber nur auf den WIR-Bank-Konten der beteiligten Unternehmen. Kredite gibt es zu deutlich geringeren Zinsen als diese herkömmliche Banken in der Schweiz anbieten. Die WIR-Bank kann sich das erlauben, da sie Guthaben generell nicht verzinst. Der wesentliche Unterschied zum WIR-System liegt darin, dass die Sparkasse Delitzsch-Eilenburg nicht nur Unternehmen, sondern auch die Menschen der Region einbeziehen will.
Noch ein langer Weg
Damit das gelingt, sei noch viel Überzeugungsarbeit notwendig, so Sparkassen-Experte Schmidt. Derzeit spreche man mit vielen Unternehmen und Organisationen. Es gehe darum, das Regiogeld schnell und ausreichend in den Umlauf zu bringen. Erste Zwischenergebnisse könnten im Sommer vorgestellt werden. Bis zum Start der Delitzscher Währung ist es aber noch ein weiter Weg, auf dem vor allem an den Gemeinsinn der Delitzscher appelliert werden wird.
zuletzt aktualisiert: 02. April 2004 | 15:23
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