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Auszug von den Seiten 8 und 9  aus "express" Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewrkschaftsarbeit Nr.3/2009, 47.Jahrgang (Gescannt, da entsprechende Fehler)

Leserbrief . Wo steht Ihr?

Wer oder was hindert Euch daran, Beiträge einer Diskussion — oder noch besser Kontroverse — über »Emmely« zu veröffentlichen???

Von Willi Hajek aus Berlin habe ich erfahren, dass Ihr nicht bereit gewesen seid, zwei Artikel des »Berliner Solidaritätskomitee für Emmely« zu publizieren. Für mich stellt sich die Frage nach Euren Gründen, über die ich nicht spekulieren will; sondern ich erwarte, dass Ihr Euch dazu (öffentlich) im express äußert.

Aus meiner eigenen ver.di-Praxis — Beschränkung von betrieblichen Auseinandersetzungen auf juristische vor dem Kasseler Arbeitsgericht - finde ich es notwendig, die Berliner Erfahrungen zu publizieren und zu diskutieren. Was hindert Euch daran, eine breite Diskussion darüber zu eröffnen, nach dem Ihr in Ausgabe 9/2008 einen Artikel von Gregor Zattler veröffentlicht habt?

Ohne die Arbeit des Solidaritätskomitees wäre der Fall Emmely ausgegangen wie tausend andere in dieser Republik: juristisch betreut von »Rechtssekretärinnen« der Gewerkschaft ver.di wäre sie veranlasst worden, einen »Vergleich« anzunehmen, und es wäre wieder »Ruhe« eingekehrt.

Welche Möglichkeiten der Entwicklung von Widerständigkeit bestehen, das haben uns Emmely in Zusammenarbeit mit ihrem Rechtsanwalt und das Berliner Solidaritätskomitee gezeigt: Ihnen ist es gelungen, mit Aktionen, Veranstaltungen, Presse- und Informationsarbeit einen »Fall« zu publizieren und in den Mittelpunkt der politischen Diskussion in dieser Republik zu rücken, der im Einzelhandel - wie Kolleginnen und Kollegen aus dem ver.di-Fachbereich Handel erzählen - jeden Tag vorkommt, dass nämlich Kolleginnen mit ihnen untergeschobenen Waren oder Testkäufern, die in ihren Einkaufswagen versteckte Waren durch die Kasse schmuggeln, erpresst werden und rausfliegen. Dass die deutsche Arbeitsgerichtssprechung ein Skandal ist, die mit dem Begriff »Kündigungsschutz« abhängig Beschäftigte angeblich schützt, in der Realität aber deren Unterwerfung unter das Regime der Unternehmer zementiert.

Dass mit Emmely tagelang die Schlagzeilen und Leserbriefspalten der Zeitungen voll waren, sich »Prominente« in Talkshows mit der deutschen Arbeitsgerichtssprechung am Beispiel der »Verdachtskündigung« beschäftigten, das war nicht das Verdienst von ver.di, sondern ist der beharrlichen Arbeit der Mitglieder des Solidaritätskomitees zu verdanken.

Das Verständnis von ver.di in dieser Auseinandersetzung hat die für Berlin zuständige Fachbereichsleiterin Erika Ritter in einem Interview einen Tag nach dem LAG-Prozess am 28. Januar 2009 in der jungen Welt formuliert: ... »Frage: Was unternimmt ver.di, um >Emmely< zu unterstützen?

>Sie hat zwar sofort Rechtsschutz von uns bekommen, sich dann aber entschieden, einen externen Anwalt zu nehmen. Nach dem erstinstanz-Üchen Urteil hatten wir eine sehr breite Öffentlichkeitskampagne gestartet, was auch dazu führte, dass sich Kaiser's verhandlungsbereit zeigte. Verhandeln wollte die Kollegin aber nicht - für sie gab es nur zwei Möglichkeiten: Entweder ich bleibe drin oder ich fliege raus. Damit waren dann unsere Möglichkeiten erschöpft, mehr konnten wir nicht tun.

Und jetzt ist ver.di sauer auf Emmely?

Ach was, das war doch ihre freie Entscheidung, wofür sie dann auch die Verantwortung tragen muss.

"Wir sind jedenfalls bis an unsere Grenzen gegangen — alles andere ist jetzt in ihrer Hand.«

Mir ist unverständlich, weshalb Ihr Euch und uns Leserinnen diese Grenzen auferlegt und die (kontroverse) Diskussion scheut. Sagt uns, wo Ihr steht!!!

Wilma Meier

langjährige Abonnentin und als Vorsitzende des Ortsvereins Kassel ver.di Fachbereich 08 in ver.di-Gremien aktiv