LESERBRIEF am
Freitag, den 04.01.2008 in der Oberhessischen Zeitung
Hans-Georg Bodien
36323 Grebenau, den 3. Jan. 2008
Finkenrain 3
Tel.
06646/1230
Leserbrief
Betr.: Wahlkampf des Hessischen
Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU)
Roland Koch,
Ministerpräsident, Landtagsabgeordneter und Landesvorsitzender der CDU,
beherrscht wie kein anderer hessischer Politiker alle Facetten der
politischen
Schauspielkunst. So gibt er sich sanftmütig als Gast oder Gastgeber des
Dalai
Lama, fromm als praktizierender Katholik, leutselig als Nudel – Koch
auf den
Marktplätzen Hessens, feudal jovial bei Hessentagen, er gab sich als „brutalstmöglicher“ Aufklärer und griff dabei auf
öffentliches Lügen zurück, er ist verbindlich als Tankstellen- und Andenconnecteur. Nun da die Luft für das
politische
Überleben der Koch-Administration immer dünner wird und heißes Wasser,
das er –
wie Medien zu berichten wissen - auf
Anraten seines Freundes Dalai Lama gerne trinkt, bei der Findung eines
mitreißenden Wahlkampfthemas auch nicht mehr hilft, greift jetzt der
„gnadenlose Machtpolitiker“ Roland Koch tief in die Klamottenkiste und
macht
das, was er am besten kann, nämlich um der reinen Machterhaltung wegen
skrupellos zu polarisieren. So sieht er Hessen durch einen „Linksblock“
oder
„rote Horden“ und „reinrassige“ oder „stinknormale Kommunisten“
bedroht. Was zu
Adenauers Zeiten vielleicht noch Wirkung gezeigt hätte, ist spätestens
seit
Ende des Kalten Krieges und seit der reibungslosen Integration der
CDU-Ost in die CDU-West nach der Einigung
kalter Kaffee. Immerhin hatte
die CDU-Ost in ihrem Parteistatut die SED
als „berufene
Führerin des Volkes“ bestätigt. Auch muß
in diesem
Zusammenhang erwähnt werden, dass die CDU-Kanzlerin Angela Merkel ihre
politische Sozialisation über 35 Jahre in der DDR erfahren hat und dort
zur
Doktorin der Physik avancierte.
Verantwortungslos und
rechtspopulistisch allerdings ist es, wenn Koch jetzt ein schlimmes
Verbrechen
in München instrumentalisiert und Ausländerkriminalität zum
Wahlkampfthema in
Hessen macht. Die Lektüre eines Artikels der Bundeszentrale für
politische
Bildung zur Kriminalität von Ausländern sei ihm empfohlen.
Der
Wahlkämpfer Roland Koch betätigt sich
einmal mehr als Scharfmacher und will damit von der Negativbilanz
Hessens
ablenken. So ist er mit seiner Regierungsriege und seiner Fraktion u.a. verantwortlich für Defizite in der
Integrations- und
Bildungspolitik, für einen massiven Sozialabbau, für einen drastischen
Stellenabbau des Landes, für den Ausstieg Hessens aus der
Tarifgemeinschaft der
Länder, was einen respektlosen Umgang mit der grundgesetzlich
garantierten Tarifautonomie
bedeutet, weiter sind die CDU-Regierenden verantwortlich für eine
Verlängerung
der Arbeitszeit der Hessischen Beamtenschaft bei gleichzeitigen
Einkommenseinbußen, sie sind verantwortlich für die Einführung von
Studiengebühren, sie zeichnen verantwortlich für die Teilprivatisierung
des
Strafvollzugs, sie sind verantwortlich für das Verscherbeln des
Uniklinikums
Gießen/Marburg, ebenso tragen sie die Verantwortung für das Versilbern
von
Immobilien -Volksvermögen also - in Milliardenhöhe bei gleichzeitiger
Rückmietung und für PPP – Deals mit
Laufzeiten bis zu 30 Jahren, mit denen sie die SteuerzahlerInnen
für Dekaden zu Renditegaranten für die Investoren degradieren, die
Parlamentarier zu Statisten machen und damit die Demokratie
destabilisieren, zur
Vernichtung von Arbeitsplätzen im öffentlichen Dienst beitragen und
tarif- und arbeitsrechliche Standards des
öffentlichen Dienstes zur
Disposition stellen.
Gestoppt werden kann die
durch soziale Kälte und Privatisierungstrunkenheit gekennzeichnete
CDU-Herrschaft nur durch die hessische Wählerschaft bei den
Landtagswahlen am
27. Januar. Gefragt sind vorher besonders die demokratischen Parteien,
aber
auch die Gewerkschaften und Initiativen, die Koch stoppen wollen, sich
mit
Leidenschaft auf allen Ebenen ihrer Gliederungen an der politischen
Willensbildung der Bevölkerung zu beteiligen.