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Oberhessische Zeitung (Alsfeld) vom 04.06.2003

Durch Verkauf und Leasing auf einen Schlag Geld in der Kasse

Landesbank informierte Ausschüsse des Kreistags über ihre Vorschläge

Von Norbert Gregor Günkel

VOGELSBERGKREIS. Kann der Vogelsbergkreis durch den Verkauf seiner Liegenschaften seine marode Kasse sanieren? Eine Option zumindest hat die Kreispolitik durch das Angebot der Hessischen Landesbank und einer Leasing-Firma, seine Gebäude zu verkaufen, dafür auf einen Schlag viel Geld zu bekommen, und anschließend die Gebäude zurück zu leasen. Gestern stellten Vertreter der Helaba und der Hannover Leasing den zuständigen Ausschüssen des Kreistags ihre Überlegungen zu diesem Thema vor. Landrat Marx will sieh für dieses Modell stark machen
.
Die Gründe für dieses zunächst seltsam anmutende Geschäft reichen tief in den Dschungel der deutschen Steuergesetze. - Unter dem Strich funktioniert es so: Der Kreis verkauft seine Gebäude an eine eigene Gesellschaft, an der sich ein Investor mit einer Einlage beteiligt. Für diese Beteiligung spart er Erb-Ersatz-Steuern (was immer das sein mag), weil Immobilien im deutschen Steuerrecht niedriger bewertet werden als andere Geldanlagen. Wegen dieses Vorteils wird der Kapitalan-
teil an der Gesellschaft niedriger als auf dem Kapitalmarkt üblich verzinst. Das ist, beteuerten Helaba- Vertreter Oelschläger und die anderen Sprecher, nach dem deutschen Steuerrecht völlig legal.

Der Kaufpreis für die Immobilien - Summen zwischen 150 und 200 Millionen Euro stehen nach Zwischenbemerkungen im Raum - wird ganz an den Kreis ausgezahlt. Aber der muss - und hier kommt die Landesbank ins Spiel - etwa 98 Prozent der Kaufsumme bei der Bank zu festen Konditionen anlegen. Daraus werden dann die Leasingraten für die Mietzeit von maximal funfzehneinhalb Jahren gezahlt. Etwa zwei Prozent - zwischen 1,5 und 2,5 Prozent sind je aach Lage auf dem Kapitalmarkt möglich - bleiben aber in der Kreiskasse. Darin läge für den Vogelsbergkreis der Reiz des Geschäftes, denn die Immobilien des Kreises sind ein millionenschwerer Deal. Es wäre nicht nur das Landratsamt einschließlich der Döll-Hallen, das in Frage käme, sondern eben auch alle Schulen würden eingeschlossen. Eine dreistellige Millionensumme wäre da vermutlich schon drin.

Aber: Die Unterhaltungslast für diese Gebäude bliebe voll beim Kreis, der dafür jedoch einen exklusiven Nutzungsvertrag mit der Gesellschaft abschließen würde. Aus dem Sanierungsstau vor allem an den Schulen fuhrt dieses Modell also nicht heraus. Nach zehn Jahren Nutzungszeit könnte der Vogelsbergkreis dann seine Immobilien wieder zu einem vorher festgelegten Preis zurückkaufen. Auch dieser Preis wäre vom Konto bei der Helaba zu zahlen. Nach fünfzehneinhalb Jahren hat die Gesellschaft das Recht, die Immobilien an den Kreis zurückzuverkaufen. Aber auch dieser Preis wäre noch vom Helaba-Konto gedeckt, beteuerten die Unternehmens-Vertreter. Offen ist aber, was nach funfzehneinhalb Jahren passiert, wenn der Kreis seine Schulen tatsächlich nicht zurück haben möchte.

Die Bank-Manager sehen den Kreis unter Zeitdruck. Bis zum Ende des Jahres wird mit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Bewertung von Immobilien im Steuerrecht gerechnet, das den Wert deutlich nach oben setzen dürfte. Gültig wäre das dann zum l. Januar 2004. Und die Hannover Leasing sowie die Helaba können nur eine begrenzte Kapazität dieser komplexen Geschäfte im Jahr abwickeln.

Landrat Rudolf Marx plädierte vor den Ausschüssen in der Aula des Kreistags nachdrücklich für die Wahrnehmung dieser Chance. ,,Wir können 2,5 bis 5 Millionen Euro ohne erkennbares Risiko einnehmen", sagte Marx -zumal die Hannover Leasing das gesamte steuerliche Risiko gegenüber dem Kreis und den Investoren übernimmt. Den Fraktionen
- die gestern nichts zu entscheiden hatten - stehen komplizierte Beratungen ins Haus.