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Landesbanken sprechen über Fusionen

Chancen für eine Neuordnung

VON BERND SALZMANN

Die Landesbank Baden-Württemberg, kurz LBBW, profitiert womöglich von den Finanzskandalen im Sparkassen-Lager. Die Stuttgarter, denen der Ruf grundsolider Manager vorauseilt, könnten noch in diesem Jahr die WestLB übernehmen - und die Sachsen LB gleich mit. Im Südwesten der Republik entstünde damit das gemessen an der Bilanzsumme zweitgrößte deutsche Kreditinstitut hinter der Deutschen Bank.

Lange Zeit wirkte die Struktur des Landesbanken-Sektors mit elf Instituten zwischen Kieler Förde und Zugspitze wie in Stein gemeißelt. Nun ergeben sich neue Chancen für die Befürworter einer Neuordnung im Sparkassen-Lager, die sich von Schulterschlüssen in der S-Finanzgruppe eine bessere Wettbewerbsfähigkeit in einem immer härter umkämpften Markt versprechen - bislang jedoch meist an regionalen Interessen scheiterten.

Jetzt aber scheinen die Tage der Sachsen LB als eigenständiges Institut gezählt. Nachdem publik wurde, dass der Bank infolge der US-Hypothekenkrise ohne die Zusage einer Kreditlinie aus dem Sparkassen-Lager in Höhe von 17,3 Milliarden Euro kurzfristig die Zahlungsunfähigkeit gedroht hätte, wird selbst im eigenen Lager von einem "Totalschaden" gesprochen. Für viele in der Branche ist nicht mehr die Frage, wie das angezählte Institut gesund gespritzt werden könnte, sondern wo der Pflegefall untergebracht wird. "Dass die nicht lebensfähig ist, hat sie gerade demonstriert", heißt es in der S-Finanzgruppe.

Im wirtschaftlich erfolgreichsten ostdeutschen Bundesland würde das so zwar kaum einer sagen, doch Sachsens Finanzminister Horst Metz (CDU) bekräftigte nach der Rettungsaktion die Absicht der Staatsregierung, deutschlandweit nach einem strategischen Partner für die Sachsen LB zu suchen. Die WestLB, die schon häufig als mögliches Auffangnetz für die kleinen Sachsen im Gespräch waren, schloss er dabei ausdrücklich nicht aus.

Die WestLB, die im Juni noch selbstbewusst erklärt hatte, eine "aktive Rolle" im viel beschworenen Konsolidierungsprozess der Landesbanken einnehmen zu wollen, ist zwischenzeitlich aber selbst zum Übernahmekandidaten geworden. Nach Fehlspekulationen einiger Aktienhändler mit Aktien von VW, BMW und Metro ist im ersten Halbjahr des aktuellen Geschäftsjahres ein Schaden von 243 Millionen Euro entstanden. Und damit nicht genug: Die WestLB ist über ihre Tochter Brightwater auch in Subprimes am US-Hypothekenmarkt investiert, und nicht jeder nimmt der Bank den Hinweis auf geringe Ausfallrisiken ab.

Diese Irrungen und Wirrungen könnten der LBBW helfen, die einst größere WestLB an den Haken zu nehmen. Die WestLB-Eigentümer wollen sich am Freitag erneut mit der Offerte aus Stuttgart beschäftigen. Was nicht heißt, dass die Sachsen LB ihrem Schicksal überlassen bliebe. "Ich gehe davon aus, dass die Sachsen LB in diese Konstruktion einbezogen wird", sagt ein Landesbanker.

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Copyright © FR-online.de 2007
Dokument erstellt am 20.08.2007 um 17:36:01 Uhr
Letzte Änderung am 20.08.2007 um 19:50:52 Uhr
Erscheinungsdatum 21.08.2007

Dazu Kommentar

Realitätsverlust

Von Bernd Salzmann

Politiker sind Berufsoptimisten. Ossis wie Wessis. Wenn's ganz schlimm kommt, erinnern sie an den Ritter in einem Film der britischen Gauklertruppe Monty Python. Der hatte im Gefecht bereits Arme und Beine verloren, träumte aber immer noch vom Triumph im Zweikampf: "Na, komm schon!"

Sachsens Finanzminister Horst Metz gibt derzeit ein ähnliches Bühnenstück. Der Christdemokrat bietet die angezählte Sachsen LB als Partner an. Viele würden diesen krisengeschüttelten Laden, der bislang vor allem wegen umstrittener Geschäfte bundesweit aufgefallen ist, noch nicht einmal geschenkt nehmen. Die Manager der Sachsen LB haben sich ja nicht aus purer Gier auf waghalsige Kapitalanlagen eingelassen, um schwarze Zahlen zu schreiben. Sie handelten aus Mangel an einem zukunftsfähigen Geschäftsmodell. Interessant dürfte Sachsen für andere vor allem als Vertriebsposten für eigene Finanzprodukte sein. Metz & Co. wären also gut beraten, nicht allzu hoch zu pokern und rasch eine Lösung zu erzielen. Im Moment erweckt die Bank den Eindruck, es könnte nur noch schlimmer kommen.

Darin ähnelt sie auf frappierende Weise der weitaus größeren WestLB. Ähnlich wie in Sachsen hat die Politik in Nordrhein-Westfalen noch nicht erkannt, was die Stunde geschlagen hat. Ministerpräsident Jürgen Rüttgers und Finanzminister Helmut Linssen tun so, als sei die WestLB noch immer die Landesbank vergangener Tage, groß und mächtig. Groß mag sie sein, an Machtfülle hat sie aber dramatisch eingebüßt, das Image ist angekratzt. Die einstige Staatsbank im Revier entpuppt sich mehr und mehr als Skandalnudel. Aktienhändler, die sich beim Handel mit VW-, BMW- und Metro-Papieren verzockt haben und die Düsseldorfer im aktuellen Geschäftsjahr einen dreistelligen Millionenbetrag kosteten, wecken böse Erinnerungen an das Engagement der WestLB beim britischen Fernsehverleiher Boxclever. Weitere Probleme drohen vom US-Hypothekenmarkt.

Die WestLB hat im vorigen Jahr kaum Geld verdient. Dabei ging es in der Wirtschaft bergauf und die Wettbewerber erzielten Traumrenditen. Das sollte den christdemokratischen Spitzenpolitikern im Land zu denken geben. Ihr Entgegenkommen wäre nützlicher, als mit breiter Brust aufzutreten. Sie laufen sonst Gefahr, eine große Chance für die S-Finanzgruppe und die gesamte deutsche Bankenlandschaft zu verspielen, wenn sie die LBBW zu lange zappeln lassen.

Auszuschließen ist das freilich nicht. Womöglich muss Realitätsverlust irgendwann als Berufskrankheit anerkannt werden.

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Dokument erstellt am 20.08.2007 um 17:36:01 Uhr
Erscheinungsdatum 21.08.2007