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HANDELSBLATT, Montag, 12. November 2007, 12:05 Uhr
Kreditkartenschulden
Krise greift auf Kreditkarten über
Von Matthias Eberle
Die Turbulenzen in den USA breiten sich aus: Neben hohen
Kreditausfällen im US-Häusermarkt beginnt auch im
Bereich der Konsumentenkredite die Furcht vor Störungen. Die
Kreditkartenschulden der Amerikaner haben im Sommer 2007 die Marke von
900 Mrd. Dollar überschritten – damit haben sie ein ähnlich
hohes Volumen wie der Markt mit Subprime-Schulden.
Die Kreditkartenverschuldung der Amerikaner weitet sich aus. Foto: dpa
NEW YORK. „Wir sind in erhöhter Alarmbereitschaft“, sagt
Deutsche-Bank-Analyst Michael Mayo. Er befürchtet einen
„Domino-Effekt“, also das Übergreifen der Subprime-Sorgen auf den
Kreditkartenmarkt.
Die jüngsten Nachrichten von Wall-Street-Banken machen deutlich,
dass die Branche bereits mit höheren Ausfallraten kämpft.
Capital One, der größte unabhängige Ausgeber von Visa-
und Mastercard -Karten, erhöhte die Verlustprognose für sein
gesamtes Kreditportfolio in 2008 auf rund 5,5 Mrd. Dollar. Dabei
verwies der Konzern insbesondere auf steigende Ausfälle bei
Kreditkarten und Autokrediten.
Zudem kletterte die Abschreibungsrate im Markt mit US-Kreditkarten im
Oktober deutlich auf 5,1 Prozent; ein Prozentpunkt mehr als im
Vorjahreszeitraum. Den Anstieg über die Fünf-Prozent-Marke
habe man erwarten müssen, sagte Credit-Suisse-Analyst Moshe
Orenbuch: „Wir sind aber überrascht, wie schnell dies passiert
ist.“
Auch der US-Bankenriese Citigroup lieferte in seinem jüngsten
Quartalsbericht Warnsignale. Demnach sind die Kosten für
Konsumentenkredite von Juli bis September um 2,6 Mrd. Dollar gestiegen.
Allein für drohende Zahlungsausfälle bei US-Kreditkarten
stellte die Bank 1,3 Mrd. Dollar zurück, nach nur 200 Mill. Dollar
im Vorjahreszeitraum. Citi-Finanzchef Gary Crittenden begründete
das mit „Veränderungen im Verbraucherverhalten“:
Kreditkarten-Kunden begännen, ihre Konten stärker zu
überziehen. Von einem „starken Wachstum“ ausstehender Kreditsummen
berichtet auch American Express.
Der Finanzdienstleister hat die Rückstellungen für drohende
Verluste mit US-Karten im dritten Quartal um 44 Prozent auf 683 Mill.
Dollar erhöht.
Die Entwicklung kommt mit Ansage, weil fallende Hauspreise zahlreiche
hoch verschuldete Amerikaner in Geldnöte bringen. In Zeiten des
Immobilienbooms haben sie die Wertsteigerung ihrer Häuser in neue
Autos, Flachbildschirme oder iPods investiert, anstatt die eigenen
Finanzen zu konsolidieren.
Das rächt sich jetzt, zumal die Kosten der Gesundheitsvorsorge in
den USA ausufern und darüber hinaus Energie- und
Lebensmittelpreise stark steigen. Nach Angaben des US-Konkursinstituts
haben im ersten Halbjahr trotz deutlich verschärfter Bestimmungen
391 000 Haushalte Pleite angemeldet, fast 50 Prozent mehr als im
Vorjahreszeitraum.
Das vorläufige Ende des billigen Geldes verschärft die
Problematik: Vor wenigen Monaten lockten Kartenanbieter selbst Kunden
mit schwachen Kredit-Ratings noch mit Null-Prozent-Finanzierungen
für die ersten zwölf Monate. Inzwischen seien die Bedingungen
für Kreditkarten deutlich verschärft worden, heißt es
bei der Verbraucherberatung Cardratings.com. Wer seinen Saldo nicht
pünktlich ausgleicht, zahlt bei American Express und Discover
schon mal bis zu 19 Prozent Zinsen.
Genau wie Immobilienkredite werden auch Kreditkartenschulden
regelmäßig verbrieft und an Investoren weitergereicht. Noch
rechnen die meisten Experten aber nicht mit einer ganzen Welle von
Ausfällen. Im Gegensatz zum völlig überdrehten
Subprime-Markt hätten Banken eine lange und erfolgreiche Historie
mit Kreditkartenverbriefungen, beruhigen Optimisten wie Kevin Duignan
von der Ratingagentur Fitch. Der Markt werde deshalb nur „moderat an
Wert verlieren“ und nicht einbrechen.