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Kraftwerke spalten die SPD

Parteitagsbeschluss sorgt für Turbulenzen

VON ANNIKA JOERES

Die von der SPD-Parteibasis erzwungene Kehrtwende bei der Kraftwerksförderung soll offenbar verhindert werden. Mit knapper Mehrheit hatten die Delegierten des Bundesparteitags am Wochenende dafür votiert, eine neue Generation von Braunkohlekraftwerken nur dann zu fördern, wenn sie mit der umweltfreundlichen Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) arbeiten. "Dieser Beschluss wird in der großen Koalition sowieso von der CDU/CSU sabotiert", hieß es am Montag dazu aus dem Umweltministerium. Die Regierungs-Sozialdemokraten hatten auf dem Parteitag erfolglos für eine unverbindliche Formulierung zu den Kraftwerken plädiert.

Der Energiepolitiker und nordrhein-westfälische SPD-Fraktionsvize Norbert Römer sagte der FR, der Beschluss werde noch "für viele Diskussionen mit Kommunalpolitikern" sorgen. "Von heute auf morgen ist das nicht zu machen." Römer hatte wie die Mehrzahl der NRW-Delegierten gegen den Beschluss gestimmt, weil er neue Kraftwerke für effizient genug für den Klimaschutz hält.

Der Kampf gegen die globale Erwärmung wird auch in Nordrhein-Westfalen entschieden. Hier sitzen mit RWE und Eon zwei der größten Energiekonzerne Deutschlands, hier wird ein Drittel aller bundesdeutschen Klimagase erzeugt - seit Jahrzehnten mit Unterstützung der großen Parteien.

Jetzt sollen elf von bundesweit 26 geplanten Kraftwerken zwischen Rhein und Ruhr entstehen - auch das in der vergangenen Woche wegen eines Baustellenunglücks in die Negativschlagzeilen gelangte Braunkohlekraftwerk Grevenbroich-Neurath. Keine der neuen Braunkohle-Anlagen produziert mit KWK-Technik. Bislang werden in NRW nur rund elf Prozent der Energie mit Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt. Dabei wird zusätzlich die Wärme, die bei der Erzeugung von Strom anfällt, genutzt. Sie fließt zum Beispiel über die Fernwärme in die Beheizung von Wohnungen und erhöht so den Wirkungsgrad der Kraftwerke um einige Prozent.

Vor Ort führt die Energiepolitik der SPD schon jetzt zu heftigen Konflikten. Im Gegensatz zur Führung der Bundes- und Landes-SPD solidarisieren sich sozialdemokratische Lokalpolitiker mit Anwohnern und Bürgerinitiativen, die gegen die Dreckschleudern in der Nachbarschaft protestieren. Zum Beispiel in Krefeld. Dort soll ein 800-Megawatt-Kohlekraftwerk auf dem ehemaligen Bayer-Werksgelände entstehen. Monatelang kämpften die Genossen gegen den Bau - bis Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) sie auf einem Ortsparteitag höchstpersönlich umstimmte.

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Dokument erstellt am 29.10.2007 um 17:32:01 Uhr
Erscheinungsdatum 30.10.2007