Zurueck zur Homepage
Zurueck zur Vorseite

Kommentar :

Casino-Kapitalismus

Was heißt hier Marktwert?

VON ROBERT VON HEUSINGER

Schon wieder ein Milliarden-Loch bei der IKB, bei der WestLB, bei der UBS, bei der Citibank… Ja, können die Damen und Herren Banker noch nicht einmal reinen Tisch machen? Üben sie sich gar in Verschleierungstaktik, wie Finanzminister Peer Steinbrück argwöhnt? Weit gefehlt.

Die Krux ist die Bewertung der wackeligen Papiere zu Marktpreisen. Der Schuldschein, der vor ein paar Wochen noch 30 Euro wert war, kann heute nur noch zu 10 Euro verkauft werden. Und schwups tut sich wieder ein Milliarden-Loch auf - wenn man die Marktpreise zur Bewertungsgrundlage macht. Darf man das?

Zurzeit herrscht an den Finanzmärkten Panik. Niemand will die undurchschaubaren Titel kaufen, es sei denn mit horrenden Abschlägen. Dabei handelt es sich um ein hochspekulatives Spiel, das mit der Ermittlung des fairen Wertes nicht viel gemein hat. Deshalb lehrt die Krise nebenbei, wie hirnrissig die angelsächsische Bilanzierungspraxis ist, unbedingt überall und jederzeit Marktwerte zur Grundlage zu machen. Dieser Wahn, den die Europäer in ihre neuen Bilanzierungsvorschriften übernommen haben, wirkt krisenverschärfend, gerade in dem Moment, da Stabilisierung das Gebot der Stunde wäre.

Deshalb wäre es klug, regulatorische Möglichkeiten zu schaffen, den selbstverschuldeten Teufelskreis zu durchbrechen und die wackeligen Papiere mit einem Wert zu versehen, der ihm näher kommt, als die Ausverkaufsstimmung an den Finanzmärkten nahelegt. Nur so lässt sich die Kernschmelze des Bankensystems verhindern. Nur so wird dem Casino-Kapitalismus ein Riegel vorgeschoben. Nur so kommt der Steuerzahler halbwegs ungeschoren davon.

[ document info ]
Copyright © FR-online.de 2008
Dokument erstellt am 11.02.2008 um 17:12:01 Uhr
Letzte Änderung am 12.02.2008 um 10:19:33 Uhr
Erscheinungsdatum 12.02.2008