Kommentar
Getöse auf dem Bahnsteig
VON PITT VON BEBENBURG
Der Zug ist noch nicht abgefahren. Auch wenn die Bundeskanzlerin und
ihr Verkehrsminister am heutigen Dienstag zur Abfahrt der Deutschen
Bahn in Richtung Privatisierung pfeifen. Die Politik besitzt die Macht,
das Gefährt noch aufzuhalten - oder zumindest jene Waggons
abzukoppeln, die nicht auf die Reise ins Land der Profitmaximierer
geschickt werden sollten.
Der Waggon mit der Aufschrift "DB Netz" jedenfalls sollte hierbleiben.
Denn dabei geht es um die Zukunft der Schienen und Bahnhöfe. Die
gehören dem Volk. Daran darf sich nichts ändern. Es ist zu
begrüßen, dass sich darüber viele Bahnfreunde aus allen
politischen Lagern einig sind - von der SPD-Linken über
Linkspartei und Grüne bis zu konservativen Verkehrsministern.
Wer allerdings das politische Getöse hört, das in diesen
Tagen auf dem Bahnsteig ertönt, der ahnt, dass es nicht allen nur
um die beste Zukunft der Zugreisenden geht. Handfeste Interessen und
Millionensummen spielen eine Rolle, über die öffentlich nicht
so laut gesprochen wird.
Für die Bundesländer geht es um ein Rechenexempel. Der
private Monopolist, der das Netz betreibt, könnte exorbitante
Beträge für die Nutzung verlangen. Im lukrativen Fernverkehr
ließe sich das verkraften. Der Zuschussbetrieb Regionalverkehr
würde hingegen auf der Strecke bleiben. Dünnere Takte oder
gar Streckenstreichungen wären dann zu befürchten. Es sei
denn, jemand griffe tief in die Tasche. Etwa der Bahn-Konzern, der
derzeit die Politik allerorten becirct.
Irgendwann dürfte der Zug losrollen. Welche Waggons dann aber noch
dabei sind - das muss sich erst zeigen.
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Dokument erstellt am 23.07.2007 um 16:52:02 Uhr
Letzte Änderung am 23.07.2007 um 19:54:17 Uhr
Erscheinungsdatum 24.07.2007